Offenes Gutachten im Fall Kachelmann

Im Kachelmann-Prozess hat nun der Rechtsmediziner Mattern ausgesagt. Er hatte das mutmaßliche Opfer des Sexualstrafrecht nach der angeblichen Vergewaltigung untersucht. Er begann sein Gutachten mit den Worten: „Ich kann weder nachweisen, dass der Angeklagte dem mutmaßlichen Opfer die Verletzungen beigebracht hat, noch kann ich mit wissenschaftlichen Methoden nachweisen, dass sie sich die Verletzungen selbst beigebracht hat.“

Elf Stunden nach der angeblichen Tat wurde das mutmaßliche Opfer von dem Rechtsmediziner untersucht. Danach folgten weitere Untersuchungen. Bei diesen Untersuchungen habe der Rechtsmediziner das mutmaßliche Opfer sich selbst gegen ihre Schenkel schlagen lassen und ihr das angebliche Tatmesser an den Hals gehalten. Daraufhin haben sie zu weinen und zittern begonnen. Er habe das Experiment dann beendet.

Mattern legt dem Gericht zahlreiche Fotografien vor, die er in zeitlichen Abständen gemacht hatte.  Mattern erklärte ferner, dass das mutmaßliche Opfer, als es am 9. Februar 2010 zu ihm gebracht wurde, „sehr betroffen“ und dem Weinen nahe gewesen sei. Darauf fiel ihm der Verteidiger Kachelmanns Schwenn ins Wort, dass er als Sachverständiger für Rechtsmedizin dies nicht beurteilen könne, da er schließlich nicht Psychiater sei.

Hinsichtlich des acht mal zehn Zentimeter großen Hämatoms an den Schenkel-Innenseiten des mutmaßlichen Opfers könne dies durch eine Faust verursacht worden sein. „Aber man muss dann schon gewaltig zuschlagen!“ Die Sache sei hochkomplex und „nicht einer Ursache zwingend zuzuordnen“. Mattern gab an, dass er für sein Gerichtsgutachten Selbstversuche mit seiner Ehefrau gemacht habe. Er hätte seine Knie mit Farbe bemalt und diese wiederholt gegen die geschlossenen Oberschenkel seiner Frau gestoßen, um sie auseinanderzudrücken. Die dabei entstandenen Farbabdrücke seien ähnlich ausgedehnt wie die des mutmaßlichen Opfers. Jedoch könne darin kein Beweis gesehen werden. Auch die Rötung am Hals des mutmaßlichen Opfers, sei keine typische Kratzverletzung. Sie könne jedoch eine atypische Kratzverletzung sein. „Von der Traumatomechanik her kann man mit diesem Messer die Befunde am Hals erzeugen. Ich habe kein wirkliches Argument gegen das Messer. Aber ich habe auch keines gegen Selbstbeibringung.“, so Mattern.

Mattern kommt schließlich zum Schluss, dass alle Varianten möglich seien, aber nichts zwingend beweisbar. Viele Umstände seien maßgebend. Vieles sei eine Sache der Interpretation und er könne sich nicht festlegen.
Die Anhörung wird weiter fortgesetzt, da weder die von der Verteidigung geladenen Rechtsmediziner Mattern befragen konnten, noch die Verteidigung selbst.

( Quelle: spiegel-online vom 01.02.2011 )


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