Zum Rücktritt vom versuchten sexuellen Missbrauch von Kindern

2. Strafsenat des BGH, Akz.: 2 StR 437/10

Der Angeklagte ist vom Landgericht „wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem sexuellen Missbrauch von Kindern, sowie wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt“ worden. Mit der Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) rügte der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Hiermit kann er einen Teilerfolg erzielen.

Die  tateinheitlichen Verurteilung wegen versuchten sexuellen Missbrauchs nach § 176 Abs. 1 StGB (Fall 3) hält nach Auffassung des Strafsenats des BGH der rechtlichen Nachprüfung wie folgt nicht stand:

Nach Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte das Kind gefragt, „ob sie seinen Penis mal streicheln wolle“. Als diese die Frage verneinte, nahm der Angeklagte von einer weiteren Tatausführung Abstand. Somit könnte ein strafbefreiender Rücktritt nach § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB vorliegen. Es ist zumindest nicht ausgeschlossen, dass ein unbeendeter Versuch vorgelegen hat, der dem Täter den Rücktritt ermöglicht, wenn er „ohne weiteres Zutun allein durch Nichtweiterverfolgung der Tat“ von dieser zurücktritt.

Entscheidend ist daher gewesen, ob der Angeklagte nach seiner Meinung alles zur Verwirklichung des tatbestandlichen Erfolgs getan hat.

Auszug aus dem Wortlaut des Beschlusses:

„Zwar hatte der Angeklagte durch seine Frage an B. zunächst alles zur Verwirklichung des Tatbestands Erforderliche getan. Dass er deshalb in diesem Augenblick den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs für möglich hielt, lag mit Blick auf den Umstand, dass einfache Aufforderungen in der Vergangenheit den gewünschten Erfolg gehabt hatten (UA S. 8), zwar nahe. Doch wäre dann, wenn der Angeklagte unmittelbar nach dieser letzten Ausführungshandlung seinen Irrtum erkannt hätte und zugleich zu der Erkenntnis gelangt wäre, dass weitere Handlungen zum erstrebten Erfolg von Nöten wären, eine so genannte Korrektur seines Rücktrittshorizontes anzunehmen (vgl. dazu Fischer, StGB, 57. Aufl., § 24 Rn. 15a mN zur Rspr.), die die Annahme eines beendeten Versuchs ausschließen würde. Soweit das Tatopfer sofort nach der Aufforderung das Ansinnen des Angeklagten ablehnte, ist nach den bisherigen Feststellungen letztlich nicht auszuschließen, dass der Angeklagte in diesem Augenblick seinen Rücktrittshorizont tatsächlich korrigierte und erkannte, dass es zur Vollendung noch weiteren Handelns seinerseits bedurfte.
Wäre er dabei ungeachtet der zur Zurückhaltung auffordernden Haltung seiner Ehefrau davon ausgegangen, dass ihm nach der Weigerung des Tatopfers noch weitere, gleichartige Handlungsmöglichkeiten – wie etwa die Wiederholung seiner Aufforderung, gegebenenfalls auch in fordernder Form, oder das Anbieten einer „Belohnung“ – zur Verfügung stehen, wäre der Versuch auch nicht fehlgeschlagen. Es ist auch insoweit nicht auszuschließen, dass der Angeklagte gerade im Bewusstsein dieser Möglichkeiten von der weiteren Tatausführung Abstand genommen hat und freiwillig und damit strafbefreiend zurückgetreten ist (vgl. BGH StV 1995, 634).“

Aus den genannten Erwägungen konnte die tateinheitliche Verurteilung wegen versuchten sexuellen Missbrauchs keinen Bestand haben und war aufzuheben. Dies führte zur Änderung des Schuldspruchs und folglich zur Aufhebung der Einzelstrafe sowie des Gesamtstrafenausspruchs.


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