Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich mit der Revision des Beschwerdeführers zu beschäftigen, mit welcher er rügt, dass die die Strafkammer seine Hilfsbeweisanträge nicht mehr beschieden hat, da sie nicht fristgerecht erhoben worden seien.
Im konkreten Fall hatte die Strafkammer des Landgerichts Bochum dem damals wegen diverser Betrugsfälle und einer Urkundenfälschung Angeklagten durch einen am 14.05.2008 in der Hauptverhandlung ergangenen Gerichtsbeschluss eine abschließende Frist zur Stellungnahme weiterer Beweisanträge bis zum 28.05.2009 gesetzt.
Dieses hält der Auffassung des. 1. Senats des BGH einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Entscheidend ist hierbei, ob eine Fristsetzung für die Beweiserhebung durch die Verfahrensbeteiligten dazu führt, dass nicht fristgerechte Anträge als verspätet abgelehnt werden können oder sogar überhaupt nicht mehr zu bescheiden sind.
Hierzu führt der Senat aus:
Zwar kann der Vorsitzende nach Abschluss der vom Gericht nach Maßstab der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) für geboten gehaltenen Beweiserhebungen die übrigen Verfahrensbeteiligten unter Fristsetzung auffordern, etwaige Beweisanträge zu stellen (vgl. BGHSt 51, 333, 344; BVerfG – Kammer – Beschl. vom 6. Oktober 2009 – 2 BvR 2580/08). Das Verstreichen dieser Frist führt aber nicht dazu, dass hiernach gestellte Beweisanträge vom Gericht als verspätet abgelehnt werden könnten oder überhaupt nicht mehr zu bescheiden wären. Denn diese Frist stellt keine Ausschlussfrist dar; sie lässt die Pflicht des Gerichts zur Ermittlung des wahren Sachverhalts unberührt. Es ist deshalb ausgeschlossen, einen Beweisantrag allein aufgrund eines zeitlich verzögerten Vorbringens abzulehnen (BVerfG aaO).
Der Fristsetzung kommt eine bestimmte Funktion zu: Die Fristsetzung trägt im Einzelfall dem Gebot effektiver und beschleunigter Durchführung von Strafverfahren Rechnung und beugt der Gefahr vor, dass durch sukzessive Beweisantragstellung der Abschluss des Verfahrens hinausgezögert wird. Dies betrifft die mögliche Prozessverschleppungsabsicht, mit der ein Strafverteidiger bewusst Fristen verstreichen lässt und die Hauptverhandlung verzögert.
Dennoch deutet das Versäumen von Fristen nicht grundsätzlich auf eine Verschleppungsabsicht. Vielmehr handelt es sich bei der Fristversäumung um einen von mehreren Umständen, die zu einem Ablehnungsgrund nach § 244 Abs. 3 S. 2, 6. Alt StPO führen können. Die Fristversäumung kann jedoch ein Indiz für die Prozessverschleppungsabsicht sein.
Der Antragsteller hat die Gründe für die späte Antragstellung substantiiert darzulegen und kann somit ein solches Indiz entkräften. Andersrum lässt eine fehlende oder nicht überzeugende Begründung der Fristversäumung auf die Verfahrensverschleppung schließen:
Besteht nach der Überzeugung des Gerichts aufgrund fehlender oder nicht ausreichender Substantiierung kein nachvollziehbarer Anlass für die Überschreitung der gesetzten Frist, so darf es – falls nicht die Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO zur Beweiserhebung drängt – grundsätzlich davon ausgehen, dass mit dem Antrag nur die Verzögerung des Verfahrens bezweckt wird (BGHSt 51, 333, 344).
Im konkreten Fall hatte das Gericht die Hilfsbeweisanträge nicht wegen den Verdachts der Prozessverschleppung zurückgewiesen, sondern eine ausdrückliche Bescheidung der Anträge vermissen lassen. Allerdings führt selbst eine rechtsfehlerhafte Zurückweisung der Anträge im Urteil nicht zu einer Urteilsaufhebung, sofern der Hilfsbeweisantrag vom Gericht mit rechtsfehlerfreier Begründung abgelehnt werden konnte bzw. diese Ablehnungsgründe vom späteren Revisionsgericht nachgebracht oder ergänzt werden können.
Im vorliegenden Fall bestand nach Feststellung des Senats kein Grund, den Hilfsbeweisanträgen nachzugehen, da die darin unter Beweis gestellten Tatsachen aus tatsächlichen Gründen entscheidungsunerheblich im Sinne des §244 Abs. 3 StPO waren.
Die Revision ist somit trotz der genannten Erwägungen unbegründet und führt nicht zur Aufhebung des Urteilsspruches.
1. Strafsenat des BGH, Az. 1 StR 162/09