Die Mordmerkmale des § 211 StGB im Einzelnen:
Wer aus Mordlust handelt, verfolgt das Ziel, ein Menschenleben einzig und allein aus Freude am Töten zu vernichten. Der Mord nach § 211 StGB wird in solchen Fällen aus purem Vergnügen am Tod des Opfers, aus Langeweile, Angeberei oder als Mittel zur nervlichen Aufregung begangen. Wichtig ist dabei, dass es dem Täter nicht um das Fehlen eines bestimmten Motivs geht. Auch wenn jemand den Tod eines anderen in Kauf nimmt, ohne ihn direkt zu beabsichtigen, liegt keine Mordlust vor. Es muss dem Täter für eine Strafbarkeit nach § 211 StGB vielmehr bewusst und gezielt darum gehen, einen anderen Menschen zu töten.
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Befriedigung des Geschlechtstriebs
Wer einen Mord begeht, um seine sexuellen Triebe zu befriedigen, handelt zur Befriedigung des Geschlechtstriebs. Dabei kann die Befriedigung entweder während der Tat selbst angestrebt werden oder erst nach der Tötung, zum Beispiel durch den Kontakt mit der Leiche oder das Ansehen von Aufzeichnungen der Tat. Dieser Fall ist klar zu unterscheiden von Situationen, in denen die Tötung aus Frustration darüber erfolgt, dass das Opfer den Geschlechtsverkehr verweigert hat. In solchen Fällen könnte ein niedriger Beweggrund nach § 211 Abs. 2 StGB vorliegen, der gesondert zu betrachten ist. Ob der Täter durch den Mord tatsächlich sexuelle Befriedigung erlangt, ist unerheblich. Entscheidend ist, dass der Tod des Opfers in Kauf genommen wird, um das eigene sexuelle Verlangen zu stillen. Wird das Opfer gezielt getötet, um sich anschließend sexuell an der Leiche zu vergehen, muss der Täter den Tod bewusst herbeiführen. Handelt es sich jedoch um einen Lustmord, bei dem die sexuelle Erregung in der Tötung selbst liegt, so ist dies ein klarer Fall der Befriedigung des Geschlechtstriebs im Sinne des Mordes gemäß § 211 StGB.
Ein Mord aus Habgier liegt vor, wenn der Täter durch den Tod des Opfers einen wirtschaftlichen Vorteil erzielen möchte, sei es direkt oder indirekt. Es reicht aus, dass der Täter glaubt, sein Vermögen durch die Tat zu vermehren oder eine neue Möglichkeit für finanziellen Gewinn zu schaffen, unabhängig davon, ob dieser Vorteil tatsächlich erreicht wird. Auch der Zweck des wirtschaftlichen Vorteils, wie etwa Spenden oder Familienunterstützung, spielt für eine Strafbarkeit nach § 211 StGB keine Rolle. Habgier kann zudem vorliegen, wenn die Tat dazu dient, bestehendes Vermögen zu schützen, etwa durch die Tötung einer schwangeren Frau, um Unterhaltskosten zu vermeiden. Nicht als Habgier gemäß § 211 StGB gilt jedoch, wenn der Täter lediglich einen rechtmäßigen Anspruch durchsetzt, da hierbei kein ungerechtfertigter wirtschaftlicher Vorteil angestrebt wird. Typische Beispiele sind Raubmorde, Tötungen zur Erlangung eines Erbes oder einer Lebensversicherung sowie Morde für eine Belohnung.
Der Begriff „niedrige Beweggründe“ dient im Gesetz als eine Art Auffangtatbestand für besonders verwerfliche Motive, die eine Tötung nach allgemeiner sittlicher Bewertung auf die tiefste Stufe stellen. Ein Beweggrund gilt dann als niedrig im Sinne des § 211 StGB, wenn er moralisch besonders verachtenswert ist. Dies wird durch eine umfassende Würdigung sowohl objektiver als auch subjektiver Faktoren durch das Gericht bestimmt. Entscheidend ist, ob die Tat noch als irgendwie nachvollziehbare Reaktion auf die jeweilige Situation erscheint und die Motivation des Täters menschlich verständlich ist. Ist dies der Fall, wird in der Regel keine Handlung aus niedrigen Beweggründen vorliegen und es kommt statt einer Strafbarkeit wegen Mordes eher eine wegen Totschlags in Betracht. Bei Tötungen im Affekt, etwa aus Hass, Wut, Rachsucht oder Eifersucht, prüft das Gericht, ob der Affekt verständlich aus der Situation heraus entstanden ist oder ob er auf eine besonders verwerfliche Gesinnung des Täters zurückzuführen ist. Beispielsweise wird Eifersucht als niedriger Beweggrund gewertet, wenn das Opfer getötet wird, weil es niemand anderem gegönnt wird. Handlungen aus Verzweiflung hingegen werden in der Regel nicht als niedrige Beweggründe betrachtet.
Heimtücke nach § 211 StGB liegt vor, wenn das Opfer überraschend und bewusst in seiner Arg- und Wehrlosigkeit angegriffen wird, ohne eine Verteidigungsmöglichkeit zu haben. Dabei muss das Opfer keinen Angriff erwarten, etwa weil es schläft oder generell keinen Verdacht hegt. Ein Vertrauensverhältnis zwischen Täter und Opfer ist nicht erforderlich; auch Fremde können heimtückisch handeln. Arglosigkeit entfällt, wenn das Opfer bereits gewarnt oder bedroht wurde. Bei Personen, die keinen Argwohn entwickeln können, wie Kleinkindern, liegt Heimtücke vor, wenn eine schutzbereite Person ausgeschaltet wird. Der Mord muss in feindlicher Absicht erfolgen. Handlungen aus vermeintlichem Wohlwollen, wie bei misslungenem Mitnahmesuizid oder der tödlichen Erlösung eines Leidenden, führen meist zu einer milderen Strafe. In außergewöhnlichen Situationen, wie bei den Haustyrannenfällen, kann die Strafe ebenfalls gemildert werden.
Grausamkeit bei einer Tötung wird nicht daran gemessen, wie ein Außenstehender die Tat empfindet, da dies subjektiv und individuell unterschiedlich ist. Maßgeblich für eine Strafbarkeit wegen Mordes nach § 211 StGB ist vielmehr, dass das Opfer durch den Täter außergewöhnlich starke körperliche oder seelische Schmerzen erleidet, die deutlich über das hinausgehen, was für die Tötung notwendig wäre. Das Merkmal der Grausamkeit wird erfüllt, wenn der Täter des § 211 StGB das Leid des Opfers in einer besonders intensiven Weise steigert und damit die üblichen Grenzen überschreitet. Die Beurteilung, ob eine Tat grausam ist, hängt immer von den spezifischen Umständen des jeweiligen Falls ab.
Das Merkmal der Gemeingefährlichkeit ist gegeben, wenn ein Tötungsmittel eingesetzt wird, das mehrere Personen unkontrolliert gefährdet. Es reicht für eine Strafbarkeit wegen Mordes aus, wenn mindestens drei Personen neben dem eigentlichen Ziel in Lebensgefahr geraten. Beispielsweise stellt das Werfen einer Bombe, um eine bestimmte Person zu töten, gemeingefährliches Handeln dar, da auch Unbeteiligte gefährdet werden. Typische gemeingefährliche Mittel sind Sprengstoff, Feuer oder Giftgas, deren Auswirkungen schwer zu kontrollieren sind. Im Gegensatz dazu gilt ein gezielter Schuss in eine Menschenmenge nicht als gemeingefährlich nach § 211 StGB, da hier die Gefahr für Dritte kontrollierbar bleibt. Entscheidend ist die konkrete Gefahr für mehrere Personen, nicht nur die abstrakte Gefährlichkeit des Mittels.
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Verdeckung / Ermöglichung einer anderen Straftat
In der Praxis sind Fälle relevant, in denen ein Täter tötet, um Bestrafung zu verhindern oder Spuren zu beseitigen, wie die Tötung von Tatopfern, Zeugen oder Polizisten. Die zugrunde liegende Tat muss ein Verbrechen oder Vergehen sein, nicht nur eine Ordnungswidrigkeit. Entscheidend ist die Absicht des Täters: Wenn er glaubt, eine Entdeckung zu verhindern, liegt Verdeckungsabsicht nach § 211 StGB vor. Wurde die Tat bereits entdeckt, liegt keine Verdeckungsabsicht mehr vor. Bei Tötungen zur Ermöglichung einer weiteren Straftat ist die Schwere der nachfolgenden Tat unerheblich. Auch leichtere Delikte wie Versicherungsbetrug können das Mordmerkmal erfüllen. Typische Beispiele sind die Tötung eines Wärters zur Flucht oder eines Opfers zur Ausführung eines Raubüberfalls.