Autoverglaser werben häufig mit einer kostenfreien Reparatur bei Steinschlägen. Der Kasko-Versicherer soll die Kosten übernehmen. Gelegentlich kommt hier jedoch eine Selbstbeteiligung des Versicherten in Betracht und damit wäre das Angebot für viele Kunden unattraktiv. Aus diesem Grund hat ein Autoverglaser seinen Kunden die Selbstbeteiligung erlassen, gegenüber dem Versicherer aber so abgerechnet, als hätte der Kunde die Selbstbeteiligung gezahlt. Die Frage vor Gericht war nun: Ist dies rechtlich in Ordnung?
Betrug gegenüber dem Versicherer?
Über einen solchen Fall hatte das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln) kürzlich zu entscheiden (OLG Köln, Urteil vom 12. Oktober 2012, Az.: 6 U 93/12). Primär ging es zwar um zivilrechtliche Ansprüche, für den Schadensersatzanspruch wurde auch die Frage eines strafrechtlichen Betruges erörtert. Möglicherweise ist das Verhalten des Autoverglasers nämlich ein Betrug zu Lasten des Versicherers, da dieser, wenn er den tatsächlichen Endpreis mit Rabatt gekannt hätte, weniger hätte an den Vertragspartner zahlen müssen.
Ist überhaupt ein Betrugsschaden entstanden?
Der Rechtsanwalt des Beklagten Autoverglasers argumentierte dagegen dahingehend, dass die Kunden als Gegenleistung für den Rabatt einen Werbe-Aufkleber für 12 Monate an der Windschutzscheibe befestigten mussten. Daher sei dem Versicherer gar kein Schaden entstanden, denn es sei ein zusätzlicher Werbe-Vertrag zwischen dem Autoverglaser und dem Kunden geschlossen worden. Dieser Argumentation folgte das Gericht jedoch nicht, denn es erkannte im Aufkleber keine ernsthafte Gegenleistung, die der Selbstbeteiligung, in diesem Fall 150 Euro, entspricht. Dies ergibt sich laut Gericht bereits daraus, dass der Autoverglaser gar nicht kontrollierte, ob der Aufkleber auch über die gesamte Laufzeit an der Scheibe befestigt blieb.
Anstiftung und Beihilfe oder gar täterschaftlicher Betrug?
Während die Staatsanwaltschaft zuvor ein Verfahren wegen Betrugs nach § 170 Abs. 2 StPO einstellte, sah das OLG Köln dies anders. Das Gericht erkannte zumindest eine Anstiftung und Beihilfe zum versuchten Betrug. Sollte der Kunde sogar ohne Vorsatz handeln, käme sogar ein täterschaftlicher Betrug des Autoverglasers in Frage.
Dieses Urteil beschränkt sich nicht nur auf Autoverglaser, sondern kann auch andere Branchen betreffen. Auch wenn hier ein Zivilgericht geurteilt hat, ist es nicht auszuschließen, dass die Staatsanwaltschaften zukünftig ebenfalls einen Betrug annehmen werden und daher ein Ermittlungsverfahren einleitet.
So wird an diesem Verfahren wieder einmal deutlich, dass auch im Rahmen zivilrechtlicher Ansprüche strafrechtliche Fragestellungen möglich sind, die eine Beratung durch einen Rechtsanwalt für Strafrecht bzw. Strafverteidiger erforderlich machen.
Siehe dazu: OLG Köln, Urteil vom 12. Oktober 2012, Az.: 6 U 93/12