Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 004/2012 vom 13.01.2012
In der vorliegenden Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) hat sich der 2. Strafsenat mit der Ordnungsmäßigkeit der Besetzung des Senats nach dem Geschäftsverteilungsplan 2012 beschäftigt.
Pressemitteilung:
Vorsitz im 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat sich am 11. Januar 2012 in zwei Entscheidungen mit der Frage befasst, ob der Senat nachInkrafttreten des Geschäftsverteilungsplans des Bundesgerichtshofs für das Jahr 2012 in der Person des Vorsitzenden ordnungsgemäß besetzt ist.
Den divergierenden Entscheidungen liegt Folgendes zugrunde:
Die Vorsitzendenstelle im 2. Strafsenat ist seit Februar 2011 vakant. Ein Bewerber um das Vorsitzendenamt hat im Rahmen eines Konkurrentenrechtstreits vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe den Erlass einer einstweiligen Anordnung erstritten, wonach die freie Stelle nicht besetzt werden darf, solange für ihn nicht eine neue dienstliche Beurteilung erstellt worden ist.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig. Wann eine Nachbesetzung der freien Stelle erfolgt, ist derzeit nicht absehbar.
Mit dem Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2012 hat das Präsidium des Bundesgerichtshofs – ein aus zehn gewählten Richtern sowie dem Präsidenten bestehendes Organ richterlicher Selbstverwaltung – beschlossen, dem Vorsitzenden des 4. Strafsenats zugleich die Aufgaben des Vorsitzenden im 2.
Strafsenat zu übertragen. Grund für diese Entscheidung ist die gesetzliche Regelung des § 21f GVG und die Auslegung, die diese Vorschrift durch die höchstrichterliche Rechtsprechung erfahren hat.
Gemäß § 21f Abs. 1 GVG ist der Vorsitz in einem Spruchkörper des Bundesgerichtshofs von einem Vorsitzenden Richter zu führen. Der planmäßige stellvertretende Vorsitzende darf die Geschäfte des Vorsitzenden, wenn die Stelle etwa nach dessen Ausscheiden vakant geworden ist, für eine gewisse Übergangszeit führen (vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht – 11. Juli 2001, AZ. 1 DB 20/01; Bundessozialgericht – 29. November 2006, AZ. B 6 KA 34/06 B; Bundesfinanzhof – 21. Oktober 1999, AZ. VII R 15/99; Bundesgerichtshof – 13.
September 2005 AZ. VI ZR 137/04). Kann die Stelle nach Ablauf dieser Zeit nicht mit einem ständigen Vorsitzenden besetzt werden, muss das Präsidium Vorsorge treffen, etwa – wie geschehen – durch die vorübergehende Übertragung des Vorsitzes auf den Vorsitzenden Richter eines anderen Senats.
Entsprechend wird auch bei den anderen obersten Gerichtshöfen des Bundes verfahren.
Nach dem Bekanntwerden des Geschäftsverteilungsplans des Bundesgerichtshofs für das Jahr 2012 haben Verteidiger in beim 2. und 4. Strafsenat anhängigen Verfahren beanstandet, dass diese Senate nicht ordnungsgemäß besetzt seien, weil ein Vorsitzender Richter nicht zugleich zwei Strafsenate leiten könne.
Der 4. Strafsenat und eine von drei Sitzgruppen des 2. Strafsenats haben vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage keinen Zweifel daran, dass die Senate ordnungsgemäß besetzt sind. Sie haben dementsprechend auch nach dem 1. Januar 2012 in Revisionsverfahren verhandelt und entschieden. Anders hat es eine andere Spruchgruppe des 2. Strafsenats gesehen, denen zwei andere Richter angehören. Diese Sitzgruppe hat im Verfahren 2 StR 246/11 die Auffassung vertreten, dass der Senat nicht ordnungsgemäß besetzt ist. In dieser Sache hat der Senat die Hauptverhandlung ausgesetzt.
Mit der daraus entstandenen Situation wird sich das Präsidium des Bundesgerichtshofs in den nächsten Tagen befassen.
§ 21f GVG (Vorsitz in den Spruchkörpern) lautet wie folgt:
Den Vorsitz in den Spruchkörpern bei den Landgerichten, bei den Oberlandesgerichten sowie bei dem Bundesgerichtshof führen der Präsident und die Vorsitzenden Richter.
Bei Verhinderung des Vorsitzenden führt den Vorsitz das vom Präsidium bestimmte Mitglied des Spruchkörpers. Š.
Beschluss vom 11. Januar 2012 2 StR 346/11
Landgericht Gera Urteil vom 4. April 2011 450 Js 2586/10 2 KLs jug
und
Urteil vom 11. Januar 2012 2 StR 482/11
Landgericht Koblenz Urteil vom 14. Juni 2011 2020 Js 17.378/11 10 KLs
Karlsruhe den, 13. Februar 2012