Vergewaltigung: Erfolgreiche Revision – Aufklärungspflicht auch bei Auslandszeugen

BGH, Beschluss vom 21.12.2010, Az.: 3 StR 401/10

Das Landgericht Oldenburg hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die dagegen eingelegte Revision des Angeklagten hat Erfolg, das Urteil wurde aufgehoben und an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Angeklagte war nach Feststellungen des Landgerichts in die Wohnung der Geschädigten eingedrungen, welche als Prostituierte tätig war.  Dort soll er zweimal den vaginalen Geschlechtsverkehr erzwungen haben.
Nach der Einlassung des Angeklagten hat dieser jedoch  für den Geschlechtsverkehr bezahlt und die Geschädigte sei damit einverstanden gewesen. Nach Ansicht des Gericht war seine Aussage jedoch widersprüchlich und durch die Aussagen mehrerer anderer Zeugen widerlegt. Die Geschädigte wurde aber nicht vernommen.

Die Verteidigung des Angeklagten stellte einen Beweisantrag auf Vernehmung der Geschädigten, welche sich zu diesem Zeitpunkt in Litauen befand. Die Vernehmung wurde als nicht erforderlich angesehen und daher gemäß § 244 V 2 StPO abgelehnt.

Dies beanstandet der Strafsenat des BGH:

„Ob die Ladung und Vernehmung eines Auslandszeugen geboten ist, richtet sich somit nach der Aufklärungspflicht des Gerichts im Sinne des § 244 Abs. 2 StPO. Bei deren Prüfung hat der Tatrichter namentlich die Bedeutung und den Beweiswert der Aussage des benannten Zeugen vor dem Hintergrund des bisherigen Beweisergebnisses zu würdigen.

In diesem Rahmen ist er von dem sonst geltenden Verbot der Beweisantizipation befreit. Daher darf er prognostisch berücksichtigen, welche Ergebnisse von der beantragten Beweisaufnahme zu erwarten sind und wie diese zu würdigen wären.“

Die Erwägungen des Gerichts müssen dabei im Beschluss nach § 244 VI StPO dargelegt werden. Dabei muss der wesentliche Kern der Entscheidung erkennbar sein, damit das Revisionsgericht die Entscheidung überprüfen kann.

In der vorliegenden Entscheidung hat der BGH zutreffend ausgeführt, dass bereits diese Voraussetzung nicht
erfüllt ist. Es läge nicht einmal eine ansatzweise nachvollziehbare Prognoseentscheidung über die Erforderlichkeit  der Aussage der Zeugin des Tatrichters vor.


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