Eine Anwaltskanzlei, die im Auftrag der Erzdiözese München und Freising die Geschehnisse der Jahre 1945 bis 2009 hinsichtlich etwaigen Kindesmissbrauchs untersuchte, hat festgestellt, dass der Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Priester und andere Mitarbeiter im großen Ausmaß vertuscht worden sein soll. Es seien Akten in erheblichem Umfang vernichtet worden. Zudem seien Aktenbestände in Privatwohnungen verbracht und dort einem manipulativen Angriff ausgesetzt worden.Es sei daher von einer beachtlichen Dunkelziffer auszugehen, die über die 159 Fälle von Übergriffen etwaiger Priester hinausgehe.
Die Anwaltskanzlei bestätigte auch, dass diese Praktiken auch zu Zeiten des heutigen Papstes Benedikt XVI, der als Kardinal Joseph Ratzinger die Erzdiözese leitete, bestanden hätten.
Die Anwaltskanzlei warf dem Ordinariat daher vor, dass aus einem „rücksichtslosen Schatz des eigenen Standes“ und einem „fehlinterpretierten klerikalen Selbstverständnis“ die körperlichen und seelischen Verletzungen der Opfer nicht beachtet worden seien. Hierunter sei auch der Fall des Priesters zu fassen, der in der Erzdiözese nach einer rechtskräftigen Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger wieder als Seelsorger eingesetzt wurde.
(Quelle: FAZ vom 04.12.2010 Nr. 283, S. 5)