Hausdurchsuchung ohne richterlichen Beschluss führt zum Beweisverwertungsverbot

Das Amtsgericht Köln beschäftigte sich jüngst mit einer Hausdurchsuchung, bei der so einiges schief gelaufen ist. Insbesondere wurde diese ohne richterlichen Beschluss und ohne das Vorliegen von „Gefahr im Verzug“ durchgeführt. Leider handelt es sich dabei um ein immer wieder vorkommendes Verhalten der Polizei, weswegen die Entscheidung des Amtsgerichts umso wichtiger ist. Grundsätzlich geht es dabei um die Frage, ob Beweise verwendet werden dürfen, wenn diese bei einer rechtswidrigen Hausdurchsuchung aufgefunden worden sind.

Im vorliegenden Fall wurde dem Angeklagten ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz vorgeworfen. In seinem Zimmer in der elterlichen Wohnung soll er 50 Gramm Cannabis gelagert haben. Zwei Polizeibeamte hatten bei der Familie geklingelt und dabei aus dem abgeschlossenen Zimmer des Angeklagten deutlichen Marihuanageruch wahrgenommen. Die Schwester des Angeklagten wies auf Nachfrage darauf hin, dass ihr Bruder gerade nicht zu Hause sei. Während man gemeinsam auf den Angeklagten wartete, hielten die Beamten telefonische Rücksprache mit ihrem Fachkommissariat. Man kam zu dem Entschluss, dass auf Grund des Marihuanageruchs „Gefahr im Verzug“ vorliege und eine Durchsuchung ohne richterliche Anordnung möglich sei. Außerdem wäre es unverhältnismäßig, den Mann solange festzuhalten, bis eine richterlicher Entscheidung getroffen wurde.

Bei seiner Ankunft wurde der junge Mann als Beschuldigter über seine Rechte belehrt und sein Zimmer durchsucht, wobei man 50 Gramm Cannabis sicherstellte. Durch den Angeklagten selbst wurde den Beamten mitgeteilt, dass er Marihuana zum Eigenkonsum in seinem Zimmer lagere.

§ 105 StPO: Verfahren bei der Wohnungsdurchsuchung

Grundsätzlich dürfen Durchsuchungen nur durch den Richter angeordnet werden. Dies ist in § 105 StPO geregelt. Nur ausnahmsweise steht diese Kompetenz auch dem Staatsanwalt oder dessen Ermittlungsperson – also der Polizei – zu. Nämlich dann, wenn „Gefahr im Verzug“ vorliegt. Gefahr im Verzug ist dabei nur anzunehmen, wenn die richterliche Anordnung nicht mehr eingeholt werden kann, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet werden würde.

Das Amtsgericht entschied im konkreten Fall, dass die Durchsuchung zu Unrecht ohne richterliche Beschluss durchgeführt worden war. Es habe keine „Gefahr im Verzug“ vorgelegen. Zu keinem Zeitpunkt habe das Risiko des Verlusts von Beweismitteln bestanden. Insbesondere lagen keinerlei Hinweise dafür vor, dass sich der Angeklagte oder jemand Drittes in dem abgeschlossenen Zimmer befand und die Beweismittel eventuell hätte vernichten können. Die Einholung einer richterlichen Entscheidung wäre an einem Wochentag um 17.30 Uhr problemlos möglich gewesen. Auch den Angeklagten hätte man hierfür nicht lange festhalten müssen. Es hätte genügt, ihm das Betreten seines Zimmers zu verbieten.

Beweisverwertungsverbot auch bezüglich der Aussage des Beschuldigten

Bei der Verhandlung vor dem Amtsgericht Köln konnte nicht mehr festgestellt werden, ob der Angeklagte vor, während oder nach der rechtswidrigen Durchsuchung angegeben hatte, er besäße Betäubungsmittel zum Eigenbedarf. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte die Angaben alleine aufgrund der durchgeführten – aber rechtswidrigen – Durchsuchung gemacht hat. Aus diesem Grund unterliegt auch das Ergebnis der diesbezüglich durchgeführten Befragung einem Beweisverwertungsverbot und kann in einer Verhandlung nicht verwendet werden.

Zwar führt nicht jeder Verstoß gegen die Beweiserhebungsvorschrift des § 105 StPO zwangsläufig auch zur Unverwertbarkeit der hierdurch gewonnenen Beweise. Das ist aber jedenfalls dann der Fall, wenn besonders schwerwiegende und/oder willkürliche Verstöße vorliegen. Dies nahm das Amtsgericht Köln im vorliegenden Fall an. Der Angeklagte wurde freigesprochen.

Bei einer Hausdurchsuchung sollte grundsätzlich geschwiegen werden. Auch wenn im hiesigen Urteil der Angeklagte noch einmal Glück gehabt hatte, können unbedachte Äußerungen während der Durchsuchung zu erheblichen Schwierigkeiten im späteren Verfahren führen. Daher sollte geschwiegen werden und zuerst Rücksprache mit einem Anwalt gehalten werden.

Amtsgericht Köln, Urteil vom 04.04.2017, Az. 583 Ds 388/16.

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