Der Beschluss des OLG Frankfurt befasst sich mit den Voraussetzungen für den Haftgrund der Wiederholungsgefahr.
Im vorliegenden Sachverhalt hatte der Angeklagte mehrere Straftaten begangen und war wegen Diebstahl mit Waffen gem. § 244 StGB und wegen Diebstahl in einem besonders schweren Fall gem. § 243 StGB verurteilt worden. Hinzu kam im weiteren Verlauf eine versuchte gefährliche Körperverletzung gem. § 224 StGB, die das zuständige Gericht als Anlasstat sah, um den Angeklagten aufgrund von Wiederholungsgefahr zu verhaften.
Das OLG Frankfurt/M. stellte in seinem Beschluss allerdings fest, dass der Haftgrund der Wiederholungsgefahr nicht vorlag und hob den Haftbefehl damit auf. Zum einen sei die versuchte Körperverletzung schon deshalb nicht zu berücksichtigen, da sie nicht wiederholt sondern erstmals begangen wurde. Vielmehr ist jedoch nach zutreffender Ansicht des Gerichts die Voraussetzung für den Haftgrund der Wiederholungsgefahr restriktiv auszulegen und nur bei Straftaten „überdurchschnittlichen Schweregrades und Unrechtsgehalts“ anzunehmen.
Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr setzt voraus, dass jede einzelne Tat ihrem konkreten Erscheinungsbild nach den erforderlichen Schweregrad aufweist (vgl. KK/Graf, StPO, §112a Rn. 14 m.w.N.; Senatsbeschl. v. 31.07.^997 – 1 Ws 106/97; sowie v. 12.01.2000 – 1 Ws 161, 162/99). Da die Katalogtaten des §112a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StPO schon generell schwerwiegender Natur sind, kann das Merkmal „die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigend“ vom Gesetzgeber nur als weitere Einschränkung des Haftgrundes gemeint sein, zumal aus Verfassungsgründen eine restriktive Auslegung dieses Haftgrundes geboten ist (vgl. BVerfGE 35, 185, 191; st. Rspr. d. Senats u.a. Beschl. v. 12.01.2000 a.a.O.).
Zwar ist es möglich, Straftaten aus einem anderen Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten nach der ab dem 1.10.2009 gültigen Fassung des §112a Abs. 1 S. 2 StPO „in die Beurteilung des dringenden Tatverdachts“ der Anlasstat einzubeziehen, sie müssen dann jedoch die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende Straftaten sein. Danach können nur Straftaten „überdurchschnittlichen Schweregrades und Unrechtgehalts“ als Anlasstat in Betracht kommen.
Dies ist jedoch hier nicht der Fall gewesen. Bei dem Diebstahl in vier Fällen, wovon bei zwei Fällen der dringende Tatverdacht fehlte, handelte es sich um Wertgegenstände in Höhe von jeweils 70,00 bis 200,00 Euro, die der Angeklagte aus den entsprechenden Fahrzeugen nach Einschlagen der Scheibe entwendet haben soll. Auch sprechen die Umstände, unter anderem, dass der Angeklagte bei einer Tat mit einem Schraubenschlüssel als Waffe im Sinne des § 243 StGB vorgegangen ist, nicht für einen überdurchschnittlichen Schweregrad. Die im Raum stehenden Straftaten weisen mithin nicht den von § 112a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StPO geforderten Schweregrad auf und „stellen keine die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende Straftaten dar“.
Die Entscheidung des OLG Frankfurt/M. – den Haftgrund der Widerholungsgefahr entsprechend restriktiv auszulegen, steht im Einklang mit zahlreicher weiterer obergerichtlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und findet die Zustimmung der Verteidigung.
Az. 1 Ws 117/90 (OLG Frankfurt/M.)