Das subjektive Merkmal des heimtückischen Mordes

Ein Täter muss die Arg- und Wehrlosigkeit nur erfassen und nicht zwingen für seine Tat instrumentalisieren.

Der Angeklagte stand in Freiburg wegen eines Tötungsdeliktes vor Gericht. Die Lebensgefährtin trennte sich vor der Tat vom Angeklagten. Da sich dieser persönlich und finanziell ausgenutzt fühlte, bat er seine ehemalige Lebensgefährtin und ihren neuen Freund um ein Treffen. Bei dem Treffen zog er einen Revolver und wollte die Frau zur Unterschrift unter einem Schuldanerkenntnis über 28.000 Euro zwingen. Die Frau nahm den Angeklagten aber nicht ernst, da sie ihn in der Vergangenheit immer beruhigen konnte.

Diese dauerhafte Gelassenheit und die zusätzliche Bitte, der Angeklagte solle doch einen Aschenbecher benutzen, führten zu so einer starken Kränkung, dass der Angeklagte erst seine ehemalige Lebensgefährtin erschoss und danach die Waffe an seinen eigenen Kopf ansetzte und abdrückte. Er überlebte mit schweren Kopfverletzungen, ist jedoch unter anderem dauerhaft erblindet.

Das Landgericht Freiburg erkannte in der Tat keine Heimtücke, da der Angeklagte die Arg- und Wehrlosigkeit der Geschädigten nicht ausnutzen wollte, sondern im Gegenteil ernst genommen werden wollte. Damit würde ihm laut dem Landgericht das subjektive Element fehlen. Das Gericht verurteilte ihn lediglich wegen Totschlags.

Die Staatsanwaltschaft legte vor dem Bundesgerichtshof (BGH) Revision ein. Der BGH stellt fest, dass das Landgericht ein fehlerhaftes Verständnis von der Heimtücke hatte. Denn es kommt nur darauf an, ob der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit erkannte und nicht ob er diese gezielt ausnutzen wollte:

„Das subjektive Merkmal des Ausnutzungsbewusstseins liegt vor, wenn der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit seines Opfers in ihrer Bedeutung für dessen hilflose Lage und die Ausführung der Tat in dem Sinne erfasst, dass er sich bewusst ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber einem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen. […] Eines darüber hinausgehenden, voluntativen Elements in dem Sinne, dass der Täter die Arglosigkeit des Opfers für seine Tat instrumentalisieren oder anstreben muss, bedarf es nicht.“

Auch bei der Ablehnung der niedrigen Beweggründe handelte das Landgericht laut BGH fehlerhaft. Es stellte nämlich darauf ab, dass der Angeklagte die niedrigen Beweggründe gar nicht als solche bewertet hatte. Darauf kommt es aber nicht an, es reicht, dass der Täter die Umstände kennt, die sein Handeln als niedrig erscheinen lassen. Er muss dagegen nicht selbst die Bewertung gleichermaßen vornehmen.

Die Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Urteils. Die Sache wird an das Landgericht zurückverwiesen.

BGH, Urteil vom 4. Dezember 2012, Az.: 1 StR 336/12

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