Die Tat im strafprozessualen Sinne

Der Angeklagte soll nach Überzeugung des Landgerichts Potsdam einem Mitangeklagten durch gefälschte Quittungen, Gerichtsurteilen und sonstigen Schreiben vorgetäuscht haben, dass der Mitangeklagte an zwei Filialen beteiligt sei und hohe Gewinnaussichten habe. Aufgrund dieser Gewinnaussichten soll sich der gutgläubige Mann bei mehreren Bekannten ein Gelddarlehn von insgesamt 100.000 Euro beschafft haben. Mindestens 200.000 Euro soll er dem Angeklagten übergeben haben.

Während die Anklage noch den Betrug zu Lasten des Darlehnsgebers als vorgeworfene Tat bezeichnete, bezog sich das Urteil auf einen Betrug zu Lasten des Mitangeklagten. Als sich nämlich die Gutgläubigkeit des Mitangeklagten herausstellte, wurde dieser freigesprochen und der Angeklagte wegen Betruges gegen den Mitangeklagten strafrechtlich verurteilt.

Die Strafverteidigung kritisiert in ihrer Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) diese Ausweitung der Tat. Der BGH teilt die anwaltlichen Bedenken, denn Gegenstand der Urteilsfindung kann gemäß § 264 Abs. 1 StPO nur die angeklagte Tat sein. Zur Tat im prozessualen Sinn gehört das gesamte Verhalten des Täters, soweit es nach allgemeiner Lebensauffassung einen einheitlichen Vorgang darstellt. Einen einheitlichen Vorgang erkennt der Senat hier jedoch nicht.

„Bei den Täuschungshandlungen zum Nachteil des Mitangeklagten D. handelt es sich um ein Geschehen, das zwar in einem gewissen Zusammenhang mit dem angeklagten versuchten Betrug zum Nachteil eines potentiellen Darlehensgebers steht, mit diesem jedoch nach der Lebensanschauung keinen einheitlichen Vorgang bildet. Die festgestellten Täuschungshandlungen sind im Vergleich zu den der Anklage zugrunde liegenden anders geartet und richten sich sowohl hinsichtlich des erzeugten oder aufrecht erhaltenen Irrtums als auch hinsichtlich des hervorgerufenen Vermögensschadens gegen ein anderes Opfer.“

Die Revision hatte damit Erfolg. Das Verfahren ist nach § 206a StPO i.V.m. § 354 Abs. 1 StPO einzustellen, müssen, da es an einer Anklageerhebung und einem Eröffnungsbeschluss mangelte.

BGH, Beschluss vom 20. Februar 2013, Az.: 5 StR 462/12

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