Rechtliches Gehör beim Bußgeldbescheid

Gegen den Beschwerdeführer wurden eine Geldbuße von 780 Euro und ein dreimonatiges Fahrverbot verhängt, da er auf einer Autobahn die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 120km/h um 72km/h überschritten haben soll. Er berief sich auf Verjährung, da ihm der Bescheid nicht zugegangen sei. Vielmehr habe die zuständige Postzustellerin nicht versucht, ihm diesen Bescheid direkt zuzustellen, sondern habe den Bescheid direkt in den Briefkasten gelegt. Nach Angabe des Beschwerdeführers soll es sich sogar um den Briefkasten eines Nachbarn gehandelt haben.

Nachdem sich der Beschwerdeführer anwaltlicher Hilfe bediente, ermittelte das zuständige Amtsgericht Senftenberg weiter. Es richtete sich mit einigen Fragen an die Post, unter anderem auch, ob ein Zustellversuch unternommen worden sei und ob ausgeschlossen werden könne, dass der Brief im falschen Briefkasten gelandet sei.

Der Kundenservice der Post antwortete daraufhin, dass sich die Zustellerin daran erinnert, einen Zustellversuch unternommen zu haben. Damit gab sich das Amtsgericht zufrieden. Dem Antrag des Beschwerdeführers, dass sich die Zustellerin persönlich erklären solle, kam das Amtsgericht nicht nach. Deswegen rügt der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer, dass er in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt wurde.

Das Verfassungsgericht Brandenburg (VerfGBbg) teilt diese Ansicht. Das Amtsgericht schien die Fragen für wichtig zu erachten, da sie diese ja gegenüber der Post stellte. Dann hätte es aber auch zu einer persönlichen Erklärung der zuständigen Zustellerin kommen können zur vollständigen Aufklärung des Sachverhalts:

„Ferner ging das Amtsgericht offenkundig von dem Erfordernis aus, diese Frage von der Zustellperson persönlich beantworten zu lassen; das Auskunftsersuchen ist an die als Zeuginnen bezeichneten Frauen H. und M. gerichtet (Bl. 26 der Akte des Amtsgerichts). Im Folgenden erhielt das Gericht die Mitteilung des Kundenservices der Post, Frau M. habe ausgesagt, das Schriftstück ordnungsgemäß in den Briefkasten des Beschwerdeführers eingelegt zu haben, nicht jedoch eine persönliche Erklärung der Frau M. selbst. Das Amtsgericht hat daraufhin nicht auf einer persönlichen Erklärung der Frau M. zu dieser Frage bestanden, sondern seinen Beschluss vom 28. Juni 2011 aufrechterhalten, ohne zu begründen, warum es insoweit zur Aufklärung einer persönlichen Stellungnahme der Frau M. nicht (mehr) bedürfe.“

Auch weitere Ungereimtheiten, wie zum Beispiel unterschiedliche Unterschriften auf der Zustellungsurkunde und dem Briefumschlag hätten durch eine persönliche Vernehmung der Zustellerin aufgeklärt werden können. Damit hat der Beschwerdeführer mit seiner Verfassungsbeschwerde Erfolg, da er in seinem rechtlichen Gehör verletzt wurde.

VerfGBbg, Beschluss vom 25. Januar 2013, Az.: VfGBbg 16/12

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