Ob die Bezeichnung als „Nazi“ eine strafbare Beleidigung darstellt, hängt von mehreren Faktoren ab und ist rechtlich komplex. Zunächst muss geklärt werden, ob diese Bezeichnung einen Tatbestand der §§ 185 ff. StGB erfüllt, also ob sie eine ehrverletzende Aussage darstellt. Während der Vorwurf des politischen Extremismus allein dafür oft nicht ausreicht, kann das Wort „Nazi“ eine abwertende Bedeutung tragen. Bei den Straftaten gegen die persönliche Ehre gibt es im deutschen Recht drei relevante Tatbestände: Beleidigung (§ 185 StGB), üble Nachrede (§ 186 StGB) und Verleumdung (§ 187 StGB). Eine wichtige Unterscheidung liegt darin, ob die Äußerung gegenüber der betroffenen Person selbst oder vor Dritten gemacht wurde. Nur wenn die Aussage gegenüber Dritten gemacht wird, könnten auch die §§ 186 und 187 StGB einschlägig sein.
Für eine Beleidigung (§ 185 StGB) muss die Äußerung die Miss- oder Nichtachtung einer Person ausdrücken. Bei der üblen Nachrede und der Verleumdung handelt es sich um Tatsachenbehauptungen, die dem Beweis zugänglich sind, während Werturteile durch eine subjektive Stellungnahme geprägt sind und weder richtig noch falsch bewiesen werden können. Die Abgrenzung zwischen einer Tatsachenbehauptung und einem Werturteil ist in vielen Fällen nicht eindeutig, insbesondere wenn der Begriff „Nazi“ im Spiel ist. In bestimmten Kontexten kann dieser Begriff sowohl eine Tatsache als auch ein Werturteil darstellen, weshalb der Gesamtzusammenhang betrachtet werden muss.
Fraglich bleibt jedoch, was genau als „Nazi“ definiert werden soll—sei es ein Anhänger des Nationalsozialismus, ein Rassist oder jemand mit rechtsextremen Ansichten. Es ist oft schwierig, eine klare Grenze zu ziehen, wodurch es zu Problemen bei der Beweisbarkeit kommt. Ohne eine eindeutige Definition, was „Nazi“ bedeutet, ist es daher oft nicht möglich, die Aussage als Tatsachenbehauptung einzustufen. Dieser Umstand führt zu erheblichen Schwierigkeiten bei der rechtlichen Bewertung, die in der Praxis häufig von Gerichten unterschiedlich behandelt wird. Viele Argumente sprechen dafür, dass es sich eher um ein Werturteil handelt, das durch die Meinungsfreiheit geschützt sein kann.
Falls man die Bezeichnung dennoch als Tatsachenbehauptung werten würde, käme eine Strafbarkeit wegen übler Nachrede (§ 186 StGB) infrage. Dafür müsste jedoch bewiesen werden, dass die Aussage nicht wahr ist und der Beschuldigte müsste deren Unwahrheit nachweisen. Da aber oft nicht klar ist, was der Begriff „Nazi“ im konkreten Fall bedeutet, ist es schwer, die Unwahrheit nachzuweisen.
Auch eine Strafbarkeit wegen Verleumdung (§ 187 StGB) wäre denkbar, wenn der Täter wissentlich eine falsche Tatsachenbehauptung aufstellt. Hier müsste bewiesen werden, dass der Täter bewusst eine Unwahrheit verbreitet hat.
Für eine Strafbarkeit wegen Beleidigung (§ 185 StGB) wäre entscheidend, ob die Aussage als Werturteil betrachtet wird. Ein solches Werturteil könnte unter die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG fallen. Allerdings endet die Meinungsfreiheit dort, wo eine Schmähkritik beginnt. Eine Äußerung wird nicht automatisch zur Schmähkritik, weil sie herabsetzend ist; erst wenn die Diffamierung der Person im Vordergrund steht, ist von Schmähkritik die Rede.
In der Vergangenheit haben Gerichte die Bezeichnung „Nazi“ in manchen Fällen als zulässige Meinungsäußerung gewertet, insbesondere wenn es um Personen ging, die dem rechten Spektrum zugeordnet werden konnten. Diese Einordnung erfolgt häufig als subjektive Wertung in einem gesellschaftlich wichtigen Kontext, was ebenfalls für die Zulässigkeit der Äußerung spricht.