Zäsurwirkung: Zur Einbeziehung von Geldstrafen

BGH, Beschluss vom 05.07.2011, Az.: 3 StR 188/11

Das Landgericht Hannover hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Vergewaltigung und Diebstahls zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und einem Monat verurteilt. Gegen diese Entscheidung legte die Staatsanwaltschaft Revision ein, welche sich gegen die Strafhöhe und den Schuldspruch richtete. Auf die Revision hatte der Senat dieses Urteil in den Aussprüchen über die Einzelstrafe wegen besonders schwerer Vergewaltigung sowie über die Gesamtstrafe aufgehoben, die zugehörigen Feststellungen und den Schuldspruch jedoch aufrechterhalten.

In der neuen Hauptverhandlung hat das Landgericht – unter Einbeziehung zweier Geldstrafen aus Strafbefehlen des Amtsgerichts Hannover – eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren ausgesprochen. Dagegen wiederum wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision.

Diese hat Erfolg. In der Begründung schloss sich der BGH der Antragsschrift des Generalbundesanwalt an:

„Nach den Feststellungen (UA S. 4) wurde der Angeklagte am 7. August 2009 durch das Amtsgericht Hannover wegen Betruges zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt. Zudem erließ das Amtsgericht Hannover gegen ihn am 2. Dezember 2009 einen Strafbefehl wegen Erschleichens von Leistungen über 45 Tagessätze zu je 10 Euro. Beide Geldstrafen sind nach Darstellung des Landgerichts bereits vollständig vollstreckt (UA aaO). Ob diese Strafen im Rahmen der Gesamtstrafenbildung einzubeziehen waren, kann der Senat anhand der Urteilsgründe nicht feststellen, weil die Strafkammer weder den Zeitpunkt der den Verurteilungen zu Grunde liegenden Taten noch denjenigen ihrer Erledigung mitgeteilt hat, was zu einer Beurteilung des Vorliegens der rechtlichen Voraussetzungen einer Einbeziehung notwendig gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2000 – 5 StR 280/00 und vom 13. November 2007 – 3 StR 415/07, NStZ-RR 2008, 72). Eine nach Erlass des ersten Urteils erfolgte Erledigung stünde – wie das Landgericht möglicherweise rechtsirrig angenommen hat – einer Einbeziehung der Strafen nicht entgegen, zumal im Falle einer Aufhebung einer Gesamtstrafe durch das Revisionsgericht und Zurückverweisung der Sache an das Tatgericht die Gesamtstrafenbildung in der neuen Verhandlung nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der früheren tatrichterlichen Verhandlung – hier also am 12. Oktober 2009 – vorzunehmen ist (st. Rspr. – etwa BGH, Beschluss vom 2. Mai 1989 – 1 StR 213/89, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Erledigung 1; Beschluss vom 21. August 2001 – 5 StR 291/01, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Erledigung 2; Beschluss vom 13. November 2007 – 3 StR 415/07, NStZ-RR 2008, 72 f.; Beschluss vom 9. Dezember 2009 – 5 StR 459/09, NStZ-RR 2010, 106 f.; Beschluss vom 8. Oktober 2010 – 3 StR 368/10, Rdnr. 2; Beschluss vom 3. Mai 2011 – 3 StR 110/11, Rdnr. 6). Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Verurteilung vom 7. August 2009 Zäsurwirkung hinsichtlich solcher Straftaten entfaltet, die – wie die verfahrensgegenständlichen Taten – zeitlich vor dem Erlass dieser Entscheidung lagen, war das Urteil im Gesamtstrafenausspruch aufzuheben. Denn im Falle einer Zäsurwirkung jener Entscheidung hätten die beiden Geldstrafen aus den Strafbefehlen des Amtsgerichts Hannover vom 2. Juni 2010 und 21. Juli 2010 … nicht mit in die Gesamtstrafenbildung einbezogen werden dürfen.“

Die  hier erfolgte Einbeziehung der Geldstrafen aus den Strafbefehlen in die Gesamtfreiheitsstrafe kann das Strafübel insgesamt verschärfen und so den Angeklagten beschweren.


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