Strafbefehl

  • LG Bremen, Beschluss vom 03.12.2010, Az.: 4 Qs 362/10

    Das Landgericht Bremen hat in einer Entscheidung die Anforderungen an eine DNA-Analyse nach § 81g StPO ausgeweitet. Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

    Die erheblich vorbestrafte Angeklagte wurde vom AG Bremen zuletzt 2009 im Strafbefehlsverfahren wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen á 15 Euro verurteilt. Bei der Tat sei die Angeklagte auf Grund ihrer Kleptomanie nur vermindert schuldfähig gewesen.

    Die Staatsanwaltschaft hatte sodann beantragt, dass der Frau zur künftigen Identitätsfeststellung Körperzellen entnommen werden, welchem das AG Bremen mit Beschluss zustimmte. Gegen diese Entscheidung legte die Angeklagte erfolgreich Beschwerde ein.

    Gemäß § 81g I 1 StPO muss für eine solche Anordnung eine Straftat von erheblicher Bedeutung oder eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung vorliegen. Zudem muss die Prognose ergeben, dass die Gefahr künftiger erheblicher Straftaten besteht oder aber eine wiederholte Begehung anderer Taten zu befürchten ist, § 81g I 2 StPO.
    Nach den Überzeugenden Ausführungen  des Landgerichts Bremen war dies hier nicht der Fall, so dass auf die erfolgreiche Beschwerde hin der Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben worden ist.


  • Im Rahmen der Ausschreitungen in Großbritannien kommt es derzeit zu unzähligen Schnellverfahren. Dabei werden die Festgenommenen von der Polizei dem Haftrichtern vorgeführt.

    In Deutschland wäre dies so nicht möglich. Denn anders als in Deutschland ist in Großbritannien nicht die Staatsanwaltschaft die „Herrin über das Ermittlungsverfahren“, sondern die Polizei. Daher erhebt auch die Polizei zunächst eine vorläufige Anklage kurz nach einer Festnahme, welche später jedoch durch eine zweite endgültige Anklage am Ende der Ermittlungen konkretisiert wird. Erst dann wird die Sache an die Staatsanwalt abgegeben. In Deutschland gibt die Polizei die Sache bereits wesentlich früher an die Staatsanwaltschaft ab, welche dann die Ermittlungen leitet und überwacht. Nach Abschluss der Ermittlungen erhebt die Staatsanwaltschaft (gegebenenfalls) Anklage gemäß § 152 I StPO, beantrag einen Strafbefehl oder stellt das Verfahren ein.

    Außerdem wird der Angeklagte in Großbritannien bereits zu Beginn eines Prozesses zu seiner Schuld befragt. Gesteht der Angeklagte darauf die Tat, kommt es direkt zu einer Verurteilung. In Deutschland wäre auch dies undenkbar. Hier hat das Gericht – auch im Falle eines Geständnisses – noch die Beweisaufnahme durchzuführen. Ein Geständnis führt demnach nicht zwingend zu einer Verurteilung, sofern das Gericht Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der Aussage hat.
    ( Quelle: Hamburger Abendblatt online vom 12.08.2011 )


  • Der Prozess gegen den deutschen Rapper Bushido ist am vergangenen Montag von einem Amtsgericht in Berlin vertagt worden. Der Künstler sei erkrankt und könne nicht kommen, ließ der Anwalt von Bushido verlauten und entschuldigte seinen Mandanten. Bushido soll einen Angestellten des Ordnungsamtes in Berlin-Steglitz unter anderem als „Vollidiot“ bezeichnet haben. Dieses könnte eine Beleidigung nach § 185 StGB darstellen je nach Auslegung. Zuvor sollte er 15 Euro aufgrund einer Ordnungswidrigkeit zahlen. In dieser Auseinandersetzung seien weitere fragwürdige Äußerungen gefallen.

    Anschließend erhielt der 32-jährige Musiker einen Strafbefehl über 21.000 Euro, hiergegen legte er jedoch Einspruch ein. Es ist kein Einzelfall: Bereits im vergangenen Jahr war Bushido wegen Beleidigung eines Polizeibeamtens während einer Verkehrskontrolle zu einer Geldstrafe von 10.500 Euro verurteilt worden.
    ( Quelle: n-tv, 08.08.2011 )


  • Das Amtsgericht hatte den Angeklagten wegen Verletzung der Unterhaltspflicht gemäß § 170 StGB unter Einbeziehung eines anderen Urteils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten verurteilt.

    Die vom Angeklagten eingelegte Berufung wurde vom Landgericht als unbegründet verworfen. Die dagegen eingelegte Revision hatte vor dem OLG Koblenz allerdings Erfolg. Dabei bezeichnete das OLG die bisher getroffenen Feststellungen als lückenhaft, so dass eine Prüfung durch das Gericht nicht möglich sei.

  • itBGH, Az. 2 ARs 120/11

    Im vorliegenden Fall ist der Angeklagte unter anderem wegen fahrlässiger Körperverletzung angeklagt. Die Sache war beim Amtsgericht Zerbst anhängig,  welches per Entschluss des Jugendrichters vom 15. Dezember 2010 die Sache an das Amtsgericht Tostedt abgegeben hatte. Wie der Bundesgerichtshof (BGH) feststellt, war Abgabe des Verfahrens unzulässig. Das Amtsgericht Zerbst ist weiterhin für die Untersuchung und Entscheidung zuständig.

    Auszug aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Das Amtsgericht Zerbst hat gegen den heranwachsenden Angeklagten am 19. November 2010 einen Strafbefehl wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort nach Erwachsenenstrafrecht erlassen, gegen den der Angeklagte rechtzeitig Einspruch eingelegt hat. Durch Beschluss vom 15. Dezember 2010 hat das Amtsgericht Zerbst die Sache an das Amtsgericht Tostedt abgegeben, da der Angeklagte im dortigen Bezirk bereits am 1. November 2010 seinen Wohnsitz genommen hatte.

    Die Abgabe des Verfahrens war nicht zulässig. Im Strafbefehlsverfahren ist – worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist – eine Abgabe des Verfahrens nach § 42 Abs. 3 JGG oder eine Übertragung nach § 12 Abs. 2 StPO erst zulässig, wenn die auf rechtzeitigen Einspruch anberaumte Verhandlung begonnen hat (BGHSt 13, 186, 187; Senat, Beschluss vom 16. März 2011 – 2 ARs 41/11). Das Amtsgericht Zerbst ist daher weiterhin für die Untersuchung und Entscheidung der Sache zuständig.“

    Anders als bei Jugendlichen kann bei Heranwachsenden auch ohne Hauptverhandlung im schriftlichen Strafbefehlsverfahren entschieden werden. In diesem Fall hatte sich das Amtsgericht Zerbst zu früh versucht, sich des Verfahrens zu entledigen. Durch die zutreffende Entscheidung des BGH blieb dieser Versuch ein „untauglicher“ und das Amtsgericht Zerbst an dem Verfahren „hängen“.


  • Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen den Beschuldigten wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen. In einem Vermerk erklärte die Staatsanwaltschaft, dass es vertretbar erscheine, das Verfahren im Falle einer geständigen Einlassung des Beschuldigten und vorbehaltlich der einzuholenden Zustimmung des zuständigen AG Kleve gemäß § 153a I Nr. 2 StPO gegen Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von 1000 EUR einzustellen. Dies wurde dem Verteidiger des Beschuldigten übersandt, mit der Frage, ob der Mandant mit der Einstellung gemäß § 153a StPO einverstanden sei.

    Mit Schreiben seines Verteidigers gab der Beschuldigte eine Einlassung zum Tatgeschehen ab und erklärte sich hinsichtlich der Zahlung und zur Einstellung des Verfahrens einverstanden. Die Staatsanwaltschaft holte die Zustimmung des AG Kleve ein. Die zuständige Richterin beim AG Kleve erklärte die Zustimmung zur Einstellung gemäß § 153a StPO. Dies teilte die Staatsanwaltschaft dem Verteidiger des Beschuldigten mit. Kurze Zeit später teilte der bearbeitende Staatsanwalt dem Verteidiger des Beschuldigten mit, dass eine Einstellung gemäß § 153a StPO nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht in Betracht käme. Vielmehr werde nun beabsichtigt, einen Strafbefehl zu beantragen. Dies legte die Staatsanwaltschaft Kleve in einem Vermerk nieder, der dem Verteidiger des Beschuldigten übersandt wurde. Am gleichen Tag überwies der Beschuldigte den geforderten Betrag von 1000 EUR gemäß der Auflage. Der Verteidiger des Beschuldigten nahm in einem Schriftsatz Stellung.

    Die Staatsanwaltschaft Kleve beantragte kurz darauf, einen Strafbefehl gegen den Beschuldigten zu erlassen und diesen zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 80 EUR zu verurteilen.

    Das AG Kleve lehnte durch Beschluss den Erlass des beantragten Strafbefehls ab. Begründet wurde dies damit, dass mit der Erfüllung der im Einstellungsverfahren gemäß § 153a StPO erteilten Auflage ein Strafklageverbrauch und damit ein Verfahrenshindernis eingetreten sei. Mit dem verbindlichen Angebot einer Einstellung des Verfahrens, der Zustimmung des Beschuldigten und der Zustimmung des Amtsgerichts sei eine Bindungswirkung eingetreten. Mit Überweisung des Geldbetrages von 1000 EUR sei endgültig Strafklageverbrauch eingetreten.

    Dagegen legte die Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde ein.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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