Nachrichten zum Strafrecht und zum Wirtschaftsstrafrecht (News-Meldungen)

  • Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass der Abbruch einer lebenserhaltenden Behandlung eines nicht mehr entscheidungsfähigen Patienten auf der Grundlage seines Patientenwillens nicht strafbar ist. Es handele sich hierbei nicht um einen strafbaren Totschlag, sondern um straflose sog. passive Sterbehilfe.
    Damit stärkt der BGH den Patientenwillen. Indem er auf Behandlungswünsche und den mutmaßlichen Patientenwillen abstellt, werden auch solche Patienten erfasst, die keine Patientenverfügung, also eine schriftliche Festlegung möglicher Behandlungen im Krankheitsfalle, getätigt haben.
    (Urteil vom 25. Juni 2010 – 2 StR 454/09)

  • Bürgerrechtler streben eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die im kommenden Jahr geplante Volkszählung an. Dies resultiert aus einem Protest gegen die Erfassung persönlicher Daten. Bereits im Jahre 1983 hatte das so genannte „Volkszählungsurteil“ des Bundesverfassungsgerichts für Aufmerksamkeit gesorgt, da der Senat hierrin das „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ als Ausprägung des Allgemeinen Personlichkeitsrecht des Einzelnen begründete und die Rechte des Bürgers deutlich stärkte. Gleichzeitig galt das Urteil als Anstoß des Bundesdatenschutzgesetzes.
    (FAZ vom 23.06. 2010 Nr. 142, S. 4)

  • Nach 132 Tagen Untersuchungshaft wegen des Verdachts der Vergewaltigung ist der aus dem Fernsehen bekannte Wetter-Moderator Jörg Kachelmann nun frei. Kachelmann saß seit dem 20 März 2010 in der Justizvollzugsanstalt Mannheim. Das Landgericht Mannheim hatte dagegen ausgesprochen, den Haftbefehl aufzuheben. Auch die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe lehnte in einer Stellungnahme für das Oberlandesgericht die Aufhebung des Haftbefehls ab.
    Jedoch entschied der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Mannheim, dass kein dringender Tatverdacht mehr bestehe. Da der Grund weggefallen sei, könne der Haftbefehl nicht länger aufrecht erhalten werden. Das mutmaßliche Opfer sei die einzige Belastungszeugin, folglich stehe Aussage gegen Aussage. Es könnten außerdem „Bestrafungs- und Falschbelastungsmotive“ nicht ausgeschlossen werden.
    Ab dem 06. September wird gegen Kachelmann vor dem Mannheimer Landgericht verhandelt.
    (Hamburger Abendblatt online vom 29.07.2010)

  • Das Bundesarbeitsgericht hat seine jahrzehntealte Rechtsprechung zum Grundsatz der Tariffreiheit in Unternehmen aufgehoben. Dieser Grundsatz besagte, dass in jedem Betrieb grundsätzlich nur ein Tarifvertrag gelten durfte.
    Arbeitgeber befürchten aufgrund dieser Änderung nun eine größere Anzahl von Streiks in ihren Unternehmen. Aber auch die Gewerkschafter sehen die Aufgabe der Rechtsprechung kritisch. Sie fordern nun eine gesetzliche Verankerung der Tarifeinheit, um Ordnung zu schaffen.
    ( Beschluss vom 23.06.2010 – 10 AS 3/10 )

  • Datenschutz und allgemeines Persönlichkeitsrecht werden von Google Streetview berührt.
    Der Internetkonzern Google gerät nun auch in Amerika wegen seines Projekts „Street View“ und der damit einhergehenden Datenpanne (siehe Beitrag unter „aktuelles“ vom 18.05 2010) ins Blickfeld der Justiz. Die Generalstaatsanwaltschaft Connecticut kündigte Ermittlungen an. Es ist wahrscheinlich, dass sich noch andere Bundessstaaten anschließen werden.
    ( FAZ vom 23.06.2010 Nr. 142, S. 13 )

  • Der saarländische Verfassungsgerichtshof hat das geplante saarländische Nichtraucherschutzgesetz, welches am 01. Juli in Kraft treten sollte zunächst gestoppt. Das im Februar dieses Jahres verabschiedete Nichtrauscherschutzgesetz sieht ein generelles Rauchverbot in Gaststätten vor. Acht Gastronomen reichten dagegen Eilanträge beim Landesverfassungsgericht ein.
    Die Richter werteten die Begründung, dass durch das Gesetz die wirtschaftliche Existenz der Gastronomen bedroht sei, als nicht offensichtlich unzulässig. Zwar sei ein absolutes Rauchverbot in Gaststätten nicht unzulässig, jedoch müsse die Frage geklärt werden, ob von Verfassungs Wegen eine Übergangsregelungen und/oder ein finanzieller Ausgleich an besonders belastete Gastronomen geboten sei.
    ( Beschluss vom 21.06.2010 – LV 3/10 4/10 6/10 )

  • Ein Rotterdamer Gericht hat fünf Seeräuber zu jeweils fünf Jahren Freiheitsstrafe wegen Seeräuberei verurteilt.
    Die zwischen 25 und 45 Jahre alten Angeklagten haben a, 02.01.2009 versucht einen unter der Flagge der Niederländischen Antillen segelnden türkischen Frachter zu kapern, um im Anschluss Lösegeld zu erpressen. Dabei haben sie den Frachter mit einem Raketenwerfer und automatischen Waffen beschossen. Die Frachterbesatzung schaffte es das Boot der Seeräuber mit Leuchtmunition in Brand zu setzten, so dass es letztlich unterging. Die Angeklagten hingegen gaben an, dass sie in Seenot geratene Fischer gewesen sein, die sich Hilfe vom Frachter erhofft hatten.
    (FAZ vom 18.06.2010 Nr. 138, S. 5)

  • Die von der Bundesregierung im Rahmen des Sparpakets Anfang Juni beschlossene Brennelemente-Steuer steht auf wackligen Füßen. Die Betreiber von Kernkraftwerken prüfen die Möglichkeit einer Klage. Der Präsident des Deutschen Atomforums erklärte dazu: „Die Einführung einer Brennelementesteuer entspricht nicht der Verständigung zwischen der Bundesregierung und den Betreibern der Kernkraftwerken aus dem Jahr 2001.“ In dieser Verständigung heißt es, dass die Bundesregierung keine Initiative ergreifen wird, mit der die Nutzung der Kernenergie durch einseitige Maßnahmen diskriminiert würde. Darunter falle auch das Steuerrecht.
    ( FAZ vom 18.06.2010 Nr. 138, S. 9 )

  • Strafrecht / Aktuelle Nachrichten / sexueller Missbrauch

    Die Staatsanwaltschaft Darmstadt teilte mit, dass die Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs gegen den früheren Schulleiter der Odenwaldschule sowie gegen fünf ehemalige Lehrer eingestellt worden seien. „Wir haben keine Sachverhalte gefunden, die bis in die Jetzt-Zeit oder in die nicht-rechtsverjährende Zeit geführt haben.“, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Darmstadt. Insgesamt wurden damit ungefähr ein Dutzend Verfahren im Zusammenhang mit der Odenwaldschule eingestellt. Lediglich ein Fall ist wahrscheinlich nicht verjährt.
    (FAZ vom 17.06.2010 Nr. 137, S. 4)

  • Strafrecht / Aktuelle Nachrichten / Kündigung

    Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat für „Emmely“ entschieden (Az.: 2 AZR 541/08). Die Erfurter Richter mussten über den Fall der Kassiererin Barbara Emme, bekannt unter dem Namen „Emmely“, entscheiden, welche Pfandbons im Wert von 1,30€ unterschlagen hatte und daraufhin gekündigt wurde.
    Das BAG hat in diesem konkreten Fall entschieden, dass der Arbeitgeber zunächst eine Warnung, sog. Abmahnung, hätte aussprechen müssen, bevor er zum Mittel der Kündigung hätte greifen dürfen. Und das obwohl „Emmely“ die Tat mehrfach bestritten und sogar andere Kollegen bezichtigt hatte. Das Gericht stand zwar zu, dass die Pflichtverletzung „erhebliche Irritationen beim Arbeitgeber hervorgerufen habe“, aber die lange Betriebszugehörigkeit von 31 Jahren bedinge, dass ein „großer Vorrat an Vertrauen“ bestehe. Um diesen aufzubrauchen bedürfe es mehr, als diese Tat.
    Durch diese Entscheidung wird es den Arbeitgebern deutlich erschwert bei Bagatellstraftaten ihre Mitarbeiter fristlos zu entlassen. Der Vorsitzende Richter des BAG betonte jedoch, dass der Diebstahl im Bagatellbereich nach wie vor noch Grund für eine Entlassung sei, dies sei allerdings nach dem Einzelfall zu unterscheiden.
    (FAZ vom 11.06.2010 Nr. 132, S. 13)

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht | Dr. jur. Sascha Böttner (Hamburg, Frankfurt am Main u. Neumünster)

Strafverteidiger im Strafrecht und im Wirtschaftsstrafrecht - bundesweit

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