Nachrichten zum Strafrecht und zum Wirtschaftsstrafrecht (News-Meldungen)

  • Es vergeht keine Woche ohne Neuigkeiten zum Kachelmann-Prozess. Das Gericht gab nun dem Befangenheitsantrag der Staatsanwaltschaft gegen den von den Verteidigern des ehemaligen TV-Moderatoren angeführten Sachverständigen statt. Begründet wurde dies mit Zweifeln an der Unparteilichkeit des rechtsmedizinischen Gutachters Brinkmann. Aus diesem Grund ist das Gutachten von Brinkmann ausgeschlossen im laufenden Prozess.

    Die Verteidigung von Kachelmann reagierte mit weiteren Anträgen gegen das Gericht. Unter anderem hatten die Verteidiger des wegen Vergewaltigung angeklagten Wettermoderators ihrerseits einen Antrag auf Befangenheit gegen den zuständigen Vorsitzenden Richter gestellt, der jedoch abgelehnt wurde.
    (Hamburger Abendblatt vom 07.10.2010, S. 32)

  • Am Düsseldorfer Landgericht begann nun ein Prozess gegen einen Serienvergewaltiger. Der Mann legte zu Beginn des Prozesses bereits ein Geständnis ab, dass er in den letzten 20 Jahren mehr als 1000 Sexualdelikte in Deutschland, Belgien und den Niederlanden begangen habe. Unter den 1000 Sexualdelikten hätten sich auch 20 versuchte und vollendete Vergewaltigungen befunden.
    Der Mann räumte auch ein, dass er mit Hilfe von Täuschungen Frauen dazu gebracht habe ihn sexuell zu befriedigen. So habe er sich in mehr als 100 Fällen als Behinderter ohne Arme darstellte und so die Hilfe der Frauen beim Urinieren erschlichen. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft handele es sich hierbei jedoch nicht um eine Straftat.
    Lediglich neun der Taten kamen im Prozess zur Anklage. Es droht dem Mann dafür bis zu 15 Jahre Freiheitsstrafe.
    (FAZ vom 28.09.2010 Nr. 225, S 7)

  • Vor wenigen Tagen hat der für Aufsehen erregende Prozess gegen die frühere RAF-Terroristin Verena Becker vor dem Oberlandesgericht Stuttgart begonnen. Die wegen der Ermordung des damaligen Generalbundesanwalts Siegfried Buback angeklagte Becker soll zusammen mit zwei Begleitern vor 33 Jahren Siegfried Buback auf offener Straße kaltblütig erschossen haben. Sie selber wolle keine Aussage machen, wie Verena Becker durch Ihren Anwalt erklären ließ.

    Nebenkläger ist Michael Buback, der Sohn des Ermordeten. Er sei zu 99 Prozent davon überzeugt, dass Becker die Täterin sei, weil rund 20 Augenzeugen eine weibliche Person auf dem Mottorad zur Tatzeit gesehen hätten. Auch gibt es diverse Gerüchte und Indizien zu diesem Thema, die in den letzten Monaten für Schlagzeilen gesorgt hatten. Bis heute ist die Ermordung von Buback nicht aufgeklärt.

    Das Urteil wird frühestens im Sommer nächsten Jahres erwartet.

  • Das Bundsland Baden-Württemberg startete vor wenigen Tagen ein Modellversuch zu den Fußfesseln. Diese sollen dank eines integrierten Senders die elektronische Überwachung des Strafgefangenen ermöglichen, der sich so im Hausarrest statt in der Justizvollzugsanstalt aufhalten könnte.

    Getestet wird der Einsatz der Fußfesseln an 75 Strafgefangenen der Justizvollzugsanstalten Stuttgart, Rottenburg, Heimsheim und Ulm, die deshalb entlassen wurden. Die Testpersonen selber sind nur wegen geringer Verbrechen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.

    Der Hausarrest hat gegenüber den Strafvollzugsanstalten den Vorteil, dass erhebliche Kosten eingespart werden können, der Bestraffungseffekt jedoch nicht verloren gehe, wie ein Sprecher des Stuttgarter Justizministeriums erklärte. Ob sich das Modell als erfolgreich herausstellen wird, bleibt noch abzuwarten.
    (FAZ vom 01.10.2010)

  • Der Prozess vor dem Frankfurter Landgericht gegen den früheren Frontmann der Rockband Böhse Onkelz Kevin R. hat begonnen. R. ist wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, unerlaubten Entfernen vom Unfallort und fahrlässiger Körperverletzung angeklagt.

    Ihm wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen am Abend des 31.12.2009 unter Einfluss von Methadon, Kokain und Valium mit ca. 230 km/h auf der A 66 bei Frankfurt einen Autounfall verursacht zu haben. Dabei habe er sich nicht um zwei Opfer in einem brennenden Auto gekümmert, sondern sei geflohen.

    R. streitet ab den Wagen gefahren zu sein, vielmehr habe ein Bekannter den Wagen gesteuert. Dieser Bekannte bestätigt diese Version. Insofern ist ein Indizienprozess sehr wahrscheinlich. An dem Airbag des den Unfall verursachenden Sportwagens konnte die DNA von R. sichergestellt werden. Im Fußraum befand sich sein Gebiss. Zudem wurde auf der Rückbank seine Jacke mit einer Zugangskarte für ein Frankfurter Hotelzimmer sichergestellt werden, in dem R. damals lebte. Auch Videobänder einer nahegelegenen Tankstelle zeigen R. kurz vor dem Unfall dort einkaufen und sich dann ans Steuer des Sportwagens setzen.
    Die beiden Opfer des Verkehrsunfalls treten bei dem Prozess als Nebenkläger auf, da sie erhebliche Verletzungen bei dem Unfall erlitten haben und noch heute unter den Folgen leiden.

    ( Quelle: FAZ vom 25.09.2010 Nr. 223, S. 9 )

  • Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat entschieden, dass Deutsche Gerichte die Rechte auf Achtung seines Privat- und Familienlebens eines ehemaligen Chorleiters und Organisten verletzten haben.
    Der Entscheidung lag der Fall zugrunde, dass dem Mann nach Bekanntwerden einer außerehelichen Verhältnisses von der katholischen Kirche 1998 gekündigt worden ist. Der Mann habe sich des Ehebruchs und der Bigamie schuldig gemacht. Die Klage des Mannes gegen diese Kündigung blieb ohne Erfolg. Durch die Nichtbeachtung des Privat- und Familienlebens des Mannes habe die deutsche Justiz gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen.
    ( Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte in den verbundenen Rechtssachen Beschwerde Nr. 425/03 und Beschwerde Nr. 1620/03 )

  • Das Bundesverfassungsgericht verwarf die Vorlage des Niedersächsischen Finanzgerichts, welches die Meinung vertrat, dass der „Soli“ wegen seines langen Erhebungszeitraums verfassungswidrig sei. Eine solche Ergänzungsabgabe muss nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts jedoch nicht befristet werden. Dies habe das Bundesverfassungsgericht bereits 1972 in einem Grundsatzurteil deutlich gemacht und an dessen Gültigkeit habe sich nichts geändert. Durch die Wiedervereinigung 1990 sei ein großer, auf viele Jahre nicht absehbarer Finanzbedarf des Bundes entstanden.

    Durch diesen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ist damit klargestellt, dass der Solidaritätszuschlag auch 20 Jahre nach der Wiedervereinigung weiterhin erhoben werden darf und sämtliche ergangene Steuerbescheide rechtskräftig sind.

    ( Az.: Bundesverfassungsgericht 2 BvL 3/10 )

  • Die Staatsanwaltschaft hat im Kachelmann-Prozess einen Befangenheitsantrag gegen den Gutachter der Verteidigung gestellt. Der Gutachter hatte bezweifelt, dass die Blutergüssen an der Oberschenkeln und die Verletzungen am Hals des mutmaßlichen Opfers durch Zutun von Kachelmann entstanden seien. Vielmehr stellte der Gutachter die Vermutung auf, dass sich das mutmaßliche Opfer die Verletzungen selbst zugefügt habe, da bereits im letzten Jahr selbstverletzende Tendenzen bestanden hätten. Dies sei soweit gegangen, dass das mutmaßliche Opfer so herausgefunden hätte wie Hämatome entstünden.

    Die Staatsanwaltschaft vertritt die Ansicht, dass dieses Gutachten den Eindruck erwecke, dass „hier gezielt auf ein Szenario hingearbeitet wurde, das dem Wunsch des Auftraggebers entspricht“.
    Der Antrag auf Befangenheit wurde zwar vom Gericht angenommen, jedoch zurückgewiesen.

    (Quelle: Hamburger Abendblatt vom 23.09.2010, S. 36)

  • Die 18. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart hat den Prozess wegen des Amoklaufs in Winnenden gegen den Vater des Täters begonnen. Ihm wird vorgeworfen die Tatwaffe und die Munition fahrlässig verwahrt zu haben und so mitverantwortlichen für den Amoklauf zu sein. Bei dem Amoklauf vor ca. 18 Monaten hatte der 17jährige Täter Tim K. 15 Menschen getötet und sich selbst mit einem Kopfschuss gerichtet.
    Bei dem Vater des Täters handelt es sich um einen Sportschützen. Dieser hatte eine erlaubnispflichtige Sportpistole legal in seinem Besitz. Jedoch verwahrte er sie nicht wie vorgeschrieben in einem gesicherten Waffenschrank, sondern in seinem Kleiderschrank hinter einem Stapel Kleidung.
    Dadurch, dass der Vater von den sozialen Phobien seines Sohnes gewusst habe, hätte er die Waffe besonders sorgfältig verwahren müssen, so die Staatsanwaltschaft. Hiergegen entgegnete der Strafverteidiger, dass selbst die Psychotherapeutin keine Fremdgefährdung oder Tatneigung festgestellt habe. Der Amoklauf sei daher unvorhersehbar gewesen. Es habe für den Angeklagten daher kein Grund bestanden den Zahlencode für seinen Waffenschrank zu ändern.
    Das Gericht erachtet eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung für möglich.
    (Quelle: FAZ vom 17.09.2010 Nr. 216, S. 1)

  • Nachdem die Kläger vor dem Bundesgerichtshof (BGH) im Verfahren gegen das Lehrerbewertungsportal unter www.spickmich.de gescheitert sind, denn der Senat sah in dieser Form der Bewertungen der Lehrer kein Verstoß gegen Bestimmungen des Datenschutzes sowie keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Betroffenen, schloss sich das Bundesverfassungsgericht (BverfG) dieser Wertung an und lehnte die Annahme der Klage einer Lehrerin ab.  Das Portal selber sei von der Meinungsfreiheit nach Art. 5 I GG geschützt, die auch derartige Bewertungen und Benotungen des Personals der Schule umfasst.

    Die Lehrer müssen sich in Zukunft weiterhin dieser Form der Bewertung nach Kompetenz und die Wiedergabe von Zitaten im jeweiligen Bereich auf der Seite sprichmich.de gefallen lassen. So würde die Seite mehr Transparenz in das Schulsystem und die Lehrerschaft bringen, so eines der Argumente für die Kommunikationsplattform. Derweil plant der Anbieter den Ausbau der Seite.

    ( Quelle: FAZ vom 23.09.2010 Nr. 221, S. 4 )

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht | Dr. jur. Sascha Böttner (Hamburg, Frankfurt am Main u. Neumünster)

Strafverteidiger im Strafrecht und im Wirtschaftsstrafrecht - bundesweit

In dringenden Fällen erreichen Sie unsere Anwaltskanzlei zu jeder Tag- und Nachtzeit. Notfallkontakt