Nachrichten zum Strafrecht und zum Wirtschaftsstrafrecht (News-Meldungen)

  • Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Lästereien vor Arbeitskollegen über den Chef oder unwahre Behauptungen über die Geschäftslage nicht zur Kündigung führen können.

    „Der Arbeitnehmer darf anlässlich solcher Gespräche regelmäßig darauf vertrauen, seine Äußerungen würden nicht nach außen dringen“.

    Insofern wäre auch keine Störung des Betriebsfriedens oder des Vertrauensverhältnisses zum Chef die Folge. Die „vertrauliche Kommunikation in der Privatsphäre“ ist demnach ein Ausdruck der Persönlichkeit und wird durch das Grundgesetz geschützt. (FAZ vom 26.05.2010 Nr. 119, S. 19)

  • Die Londoner Finanzaufsicht, die Financical Services Authority (FAS) hat gegenüber dem ehemaligem Chef des Investmentbanking der Royal Bank of Scotland (RBS) ein umfangreiches Berufsverbot ausgesprochen. Dieser darf auf Lebenszeit keine Vollzeitbeschäftigung und keinen einflussreichen Posten in der Finanzbranche mehr ausfüllen. Dies beruht auf den dramatischen Verlusten der RBS, die der ehemalige Chef des Investmentbanking zu verantworten hat.
    (FAZ vom 19.05.2010 Nr. 114, S. 16)

    Anmerkung: Rechtliche und teilweise auch strafrechtliche Problematiken insbesonders im Zusammenhang mit Untreue § 266 StGB drohen immer noch in vielen Bereichen der Wirtschaft. Mag die Krise nach Meinung der Regierung ausgestanden sein, so gilt dies sicher nicht für Ihre Folgen.

  • Mit dem Korruptionsfall Siemens fing alles an. Während früher in solchen Fällen die Polizei und die Staatsanwaltschaft Hausdurchsuchungen machten, wurden im Fall Siemens private Ermittler eingesetzt. Hunderte Millionen soll der Konzern einer amerikanischen Anwaltskanzlei gezählt haben, dass diese die Börsenaufsicht milde stimmte und gleichzeitig den deutschen Ermittlungsbehörden bei der Arbeit half. Inzwischen ist dies Gang und Gebe, wenn sich in einem großen Unternehmen ein Skandal anbahnt.

    Es wird befürchtet, dass eine solche Vorgehensweise die Schutzregeln der Strafprozessordnung (StPO) außer Kraft setze. Beispielsweise, da keines der Unternehmen mehr Gebrauch von seinem Schweigerecht mache. Vielmehr geloben sie öffentlich mit der Staatsanwaltschaft zusammen zu arbeiten. Die Folge sei, dass die Ermittlungsbehörden zunächst mit etwaigen Zwangsmaßnahmen abwarteten, da die Unternehmen in der Regel kooperationsbereit wären.
    Ein weiteres Problem stelle sich bei dem Zeugnisverweigerungsrecht der Mitarbeiter. Dieses ist zwar in der StPO verankert, so dass sich die Mitarbeiter im Falle einer Straftat nicht selbst belasten müssten, jedoch stellt sich die Frage wie dies in arbeitsrechtlicher Hinsicht zu werten sei, wenn die Mitarbeiter zur Mitwirkung an de Aufklärung verpflichtet sind.
    (FAZ vom 18.05.2010 Nr. 113, S. 18)

  • Die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Justiz aufgefordert die Sicherungsverwahrung zu prüfen. Die Folge ist nun, dass Staatsanwaltschaften und Gerichte jeden Einzelfall bewerten müssten. Eine Gesetzesänderung sei wegen der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte keine zwingende Folge, jedoch habe die Koalition dies verabredet. Die Sicherungsverwahrung solle auf schwere Straftaten beschränkt werden. Zudem solle die Sicherungsverwahrung vom Strafvollzug abgegrenzt werden.
    (FAZ vom 15.05.2010 Nr. 111, S. 4)

  • Nachdem der Internetkonzern Google eingestanden hat im Rahmen seiner Street-View-Projekts über Jahre persönliche Daten von Internetnutzern auch nicht verschlüsselten Funknetzen erfasst zu haben, stellt sich die Frage der rechtlichen Bewertung des Ganzen.
    Zunächst ist § 28 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) anzuführen, welcher regelt, dass personenbezogene Daten zu geschäftlichen Zwecken nur erhoben, gespeichert, verändert oder übermittelt werden dürfen, wenn berechtigte Interessen gegeben sind und keine schutzwürdige Interessen des Betroffenen überwiegen. Die von Google erfassten Daten, stellen solche Daten gem. § 28 BDSG dar. Das Bundesdatenschutzgesetz ist jedoch nur anwendbar, wenn keine anderen Rechtsvorschriften des Bundes auf personenbezogene Daten in Frage kommen.

    Hier ist insbesondere an das Telekommunikationsgesetz (TKG) zu denken. § 89 TKG regelt, dass es unzulässig ist mit einer Funkanlage Nachrichten anzuhören, die nicht für die Allgemeinheit oder einen unbestimmten Personenkreis bestimmt sind. Ferner dürfen die Inhalte oder der Empfang solcher Nachrichten, auch wenn dies unbeabsichtigt passiert, nicht mitgeteilt werden. Die von Google verwendeten Street-View-Fahrzeuge verfügen über so genannte Funkscanner. Hinsichtlich des Scans durch die Street-View-Fahrzeuge von Google gibt Google an, dass es sich um einen Fehler der Scan-Software gehandelt habe.

    Überdies ist an eine Strafbarkeit des Verhaltens von Google nach dem Strafgesetzbuch (StGB) zu denken. Hier kommt § 202b StGB, das Abfangen von Daten in Betracht. Wer unbefugt sich oder einem anderen unter Anwendung von technischen Mitteln nicht für ihn bestimmte Daten aus einer nichtöffentlichen Datenübermittlung oder aus der elektromagnetischen Abstrahlung einer Datenverarbeitungsanlage verschafft macht sich danach strafbar. Die Gretchenfrage in diesem Fall ist nun, ob es sich bei den nicht-verschlüsselten Funknetzen um öffentliche Datenübermittlungen handelte, so dass keine strafbare Handlung von Google vorläge. Zudem stellt sich hier die Problematik des vorsätzlichen Abfangens.
    Ob eine Strafbarkeit von Google gegeben ist, damit darf sich nun die Staatsanwaltschaft Hamburg befassen. Wir dürfen gespannt sein.
    (FAZ vom 18.05.2010 Nr. 113, S. 4)

  • Der Europäische Gerichtshof (Az.: C-91/09) hat entschieden, dass Firmen in der Intersuchmaschine „Google“ fremde Markennamen als Stichwörter für ihre Werbung nutzen dürfen.
    Erst wenn ein Durchschnittsnutzer nicht mehr erkenne, „ob der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder doch mit diesem wirtschaftlich verbunden ist“ könne diese Art der Werbung unzulässig sein.
    (FAZ vom 12.05.2010 Nr. 109, S. 23)

  • Ebenfalls wurde vom Bundesrat am 7.05.2010 ein Gesetzesentwurf zur „Verbesserung der Effektivität des Strafverfahrens“ beschlossen und in den Bundestag eingebracht (BR-Drucks. 120/10).

    Angesichts der begrenzten Ressourcen der Justiz bestehe ein Verbesserungsbedarf in den unterschiedlichen Abläufen des Strafverfahrens. Hierbei sei es das Ziel, die Strafverfahren zu beschleunigen ohne dabei die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen oder gegen berechtigte rechtsstaatliche Interessen des Bürgers, aber auch des Rechtstaatsprinzips zu verstoßen. Viele Vorschläge seien in der Literatur und auch rechtspolitischen Diskussion bereits aufgetaucht, jedoch herrsche hier eine gewisse Uneinigkeit.

    Im Hinblick auf strukturelle Reformen forderte der Bundesrat bereits vor einigen Jahren (BR-Drucks. 660/06) einen Gesetzesentwurf zur Effektivierung des Strafverfahrens. Von dem Entwurf wurden jedoch nur einige Teile umgesetzt. Hier bestünde noch weiterer Bedarf.

    Der derzeitige Entwurf sieht beispielsweise die Einführung einer Pflicht vor, dass Zeugen auf Ladung vor der Polizei zu erscheinen haben. Diese Pflicht soll das Ermittlungsverfahren vereinfachen und beschleunigen. Ferner sind die Erstreckung des §153a StPO auf das Revisionsverfahren und eine Modifizierung der gerichtlichen Zuständigkeit bei den Entscheidungen nach §454 b Abs. 3 StPO in dem vorgelegten Entwurf vorgesehen.

  • Aufgrund des Anstiegs von tätlichen Angriffen gegen die Polizeibeamten in den letzten Jahren, reagierte die Politik mit einem Entwurfe einer Gesetzesänderung des §113 StGB (BR-Drucks. 98/10). Der §113 Abs. 1 StGB sieht unter anderem den Schutz staatlicher Vollstreckungshandlungen vor. Wer danach Widerstand gegen die Vollstreckungsbeamten bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung leistet, wird nach der derzeitigen Regelung mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft.

    Um dem Schutzcharakter der Vorschrift zu verstärken und der „Bagatellisierung“ entgegen zu treten, sieht der am 7.5.2010 vom Bundesrat beschlossene Entwurf eine Erhöhung des Strafrahmens vor. Ferner wird eine Ausweitung des Anwendungsbereiches des §113 StGB auch auf Rettungskräfte und Feuerwehrleute diskutiert. Diese Personen seien ebenso bei ihrer Arbeit am Einsatzort schützenswert und dürften sich nicht durch Behinderungen oder tätlichen Angriffen gefährdet sehen. Die Einführung des §113 Abs. 1 Satz 2 verfolgt diesen Zweck.

    Des Weiteren wird durch die Ergänzung „andere gefährliche Werkzeuge“ im §113 Abs. 2 StGB eine Strafbarkeitslücke geschlossen, die alle mitgeführten Werkzeuge, die jedoch nicht unter dem Begriff der „Waffe“ fallen, nun in der Vorschrift einschließt.

  • Nach dem Niedergang der Hypo Real Estate verklagt der dafür verantwortliche Georg Funke gegen seine Kündigung und für sein Millionengehalt. Funke möchte 3,5 Millionen Euro an Gehaltsnachzahlung einklagen, weil sein Vorstandsvertrag bei der HRE eigentlich bis 2013 lief.

    Am 06.05.2010 fand der erste Prozesstag am Landgericht München statt. Funke selbst ist am Verhandlungstag nicht erschienen und hat es vorgezogen seinen Anwalt sprechen zu lassen. Was der Vorsitzende Richter am Ende des ersten Prozesstages resümiert, dürfte den Abwesenden erfreuen: „Lehman und die Folgen, das war für niemand absehbar.“

    Das Gericht hat „erhebliche Bedenken“, ob die Kündigung auf Druck der Politik gerechtfertigt gewesen sei. „Das muss eine Bank doch aushalten“, sagt der Vorsitzende Richter. Für Funkes Anwalt war es schlicht „höhere Gewalt“, dass die von Funke geführte Bank in Liquiditätsnot geriet. Die Anwälte der Hypo Real Estate lassen sich hingegen derart ein, dass ausreichend Anhaltspunkte zu sehen seien, die eine Kündigung rechtfertigen würden.
    Das Verfahren ist zunächst vertagt worden.
    (Quelle FAZ vom 07.05.2010 Nr. 105, S. 22)

  • Das Bundesverfassungsgericht hat den Weg für die umstrittene deutsche Griechenland-Hilfe frei gemacht. Der am 07.05.2010 von fünf Klägern eingereichte Eilantrag auf Verfassungsbeschwerde gegen die Griechenland-Subventionen wurde vom Bundesverfassungsgericht als unbegründet abgewiesen.
    „Das Bundesverfassungsgericht hat keine hinreichenden Anhaltspunkte, die zu der Annahme zwingen, dass die währungs- und finanzpolitische Einschätzung der Bundesregierung fehlerhaft ist“, heißt es in der Entscheidung.
    (Quelle FAZ vom 10.05.2010 Nr. 107, S. 12)

    Die vorherige Meldung vom 8.05.2010:

    Fünf Kläger, darunter die Ökonomen Wilhelm Hankel und Joachim Starbatty sowie der Rechtswissenschaftler Karl Albrecht Schachtschneider, haben Klage beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen die die Griechenland-Subventionen eingelegt.

    Die Beschwerdeführer sehen mehrere Grundrechte verletzt. So sei ihr Wahlrecht gem. Art. 38 GG verletzt, da die Abgeordneten mit ihrer Zustimmung zum Gesetz die demokratischen Grenzen für die Übertragung von Hoheitsrechten auf die EU verletzt hätten, die ihnen die Verfassungsrichter im „Lissabon-Urteil“ gesetzt hätten. Zudem sei der „Lissabon-Vertrag“ verletzt, der eine gegenseitige Finanzhilfe verbiete. Übersei sei ihr Grundrecht auf Eigentum gem. Art. 14 GG verletzt, weil die EU nun keine Stabilitätsgemeinschaft mehr sei, sondern eine „Inflationsgemeinschaft“. Des Weiteren rügen sie eine Verletzung der Handlungsfreiheit gem. Art. 2 GG und des Sozialstaatsprinzips. Außerdem habe die EU nun die Schwelle zum Bundesstaat überschritten. Damit verliere Deutschland jedoch seine eigene Staatlichkeit, was nach Art. 146 GG nur durch eine Volksabstimmung beschlossen werden könne.

    Nun bleibt abzuwarten, ob die Verfassungsbeschwerde überhaupt zulässig ist und wenn ja, wie die Richter entscheiden werden.
    (Quelle FAZ vom 08.05.2010 Nr. 106, S. 14)


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht | Dr. jur. Sascha Böttner (Hamburg, Frankfurt am Main u. Neumünster)

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