BtMG

  • 1. Strafsenat des OLG Dresden, Az.: 1 Ss 866/10

    Der Angeklagte wurde vom AG Dresden wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln ( Betäubungsmittelstrafrecht ) und unerlaubter Einreise nach Abschiebung in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt nach Abschiebung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Dagegen wandte er sich mit dem Rechtsmittel der Berufung. Diese hat das LG Dresden gem. § 329 StPO verworfen, da der Angeklagte ohne genügende Entschuldigung der Berufungshauptverhandlung fern geblieben war. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit der Revision.

    Der 1. Strafsenat des OLG Dresden hat der Revision der Verteidigung stattgegeben. Der Angeklagte sei im Wege der öffentlichen Zustellung wirksam geladen worden, jedoch habe das LG den Rechtsbegriff der genügenden Entschuldigung gem. § 329 I 1 StPO verkannt.

    Aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils war der Angeklagte zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung nach Algerien abgeschoben. In der Regel entschuldigt die Abschiebung eines Angeklagten aus Deutschland sein Ausbleiben in der Hauptverhandlung über seine Berufung (vgl. KG Berlin StV 1992, 567; BayObLG StV 2001, 339; OLG Stuttgart StV 2005, 657 f.).
    Lediglich wenn dem rechtskräftig Ausgewiesenen durch die zuständige Ausländerbehörde eine Betretenserlaubnis erteilt worden sei, kann etwas andere gelten (vgl. OLG Stuttgart StV 2005, 657 f.). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
    Ein solcher Antrag wurde nicht gestellt. Zudem steht nicht sicher fest, dass die Erlaubnis, deren Erteilung im Ermessen der zuständigen Verwaltungsbehörde liegt, dem Angeklagten erteilt worden wäre. Insofern war dem Angeklagten unter Berücksichtigung aller Umstände ein Erscheinen in der Hauptverhandlung nicht zumutbar, so dass ihm wegen seines Fernbleibens der Vorwurf schuldhafter Pflichtverletzung nicht gemacht werden kann.“

    Die Revision hatte somit Erfolg und führte zur Aufhebung des Urteils. Der Senat verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück an das Landgericht.


  • Dem Angeklagten wurde mit Beschluss des AG sein früherer Wahlverteidiger gem. § 140 I Nr. 5 StPO zum Pflichtverteidiger bestellt. Das LG Hannover verurteilte den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten auf Bewährung.

    Hiergegen hat der Angeklagte die Berufung eingelegt. In der Berufungshauptverhandlung ist die Beiordnung des Verteidigers aufgehoben worden. Dies wurde damit begründet, dass die Voraussetzungen des § 140 I Nr. 5 StPO nicht mehr vorliegen würden, da der Angeklagte, der sich bis dahin in Strafhaft befunden hatte, wieder frei sei. Der Verteidiger setzte die Verteidigung dennoch fort. Die Berufung des Angeklagten hatte keinen Erfolg.

    Der Angeklagte richtet sich nun mit der Beschwerde gegen die Aufhebung der Verteidigerbestellung.

  • 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs, Az.: 3 StR 359/10
    Der Angeklagte wurde vom LG Duisburg wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt. Dagegen legte der Angeklagte Revision ein.

    Der Verurteilung war eine Verständigung nach § 257c StPO vorausgegangen. Danach sollte die Strafkammer nach einem glaubhaften Geständnis des Angeklagten auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren erkennen.
    Der 3. Strafsenat ist der Ansicht, dass gegen den Schuldspruch des LG Duisburg erhebliche rechtliche Bedenken bestünden. Nach den Feststellungen des LG handele es sich bei den Tatbeiträgen des Angeklagten lediglich um Kuriertätigkeiten. Diese stellten untergeordnete Tatbeiträge für den Betäubungsmittelhandel dar und seien als Beihilfe zum unerlaubten Handeltreibens zu werten.

    Aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Auf der Grundlage der Feststellungen ist der Angeklagten schuldig des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitten in nicht geringer Menge als Mitglied einer Bande (§ 29a I Nr. 2, § 30 I Nr. I BtMG, §§ 27, 52 StGB).
    Bei einer Verständigung zwischen dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten darf gem. § 257c II 1, III 2 StPO für den Fall eines Geständnisses lediglich ein Strafrahmen mit einer Ober- und Untergrenze vereinbart werden. Die Verständigung auf eine bestimmte Strafe ist unzulässig Da das LG eine Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren vereinbart und ausgesprochen hat, lassen die an sich rechtsfehlerfreien Strafzumessungserwägungen besorgen, dass diese nicht ernst gemeint sind, sondern lediglich formal die bereits feststehende Strafe begründen sollen.“

    Der Strafsenat hob das Urteil mit allen Feststellungen auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Duisburg zurück.


  • 4. Strafsenat des BGH, Az.: 4 StR 359/10

    Das LG Bielefeld hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung und wegen besonders schwerer Vergewaltigung  ( Sexualdelikte ) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Dagegen legte der Angeklagte Revision ein.

    Die LG Bielefeld traf die Feststellungen, dass der Angeklagte den Nebenkläger vergewaltigt habe und dieser nach der Tat von einer Zeugin nach Hause gefahren worden sei. Der Nebenkläger habe sich sodann mit seinem Lebengefährten getroffen und ihm zunächst nichts von der Tat erzählt.
    Der Verteidiger des Angeklagten beantragte in der Hauptverhandlung, die Ehefrau des Angeklagten zu vernehmen, da sich dieser nicht äußern wollte. Die Ehefrau sollte dazu vernommen werden, dass der Nebenkläger und sein Lebensgefährte am Tatabend in die Wohnung des Angeklagten gekommen sei und man stundenlang zusammengesessen habe. Dieser Antrag wurde vom LG Bielefeld abgelehnt, da sie Vernehmung der Ehefrau gegebenenfalls die nochmalige Vernehmung anderer Zeugen erfordern würde. Die Beweisaufnahme habe keine Zusammenkunft am Tatabend ergeben. Die Beweisbehauptung sei erst jetzt in die Hautverhandlung eingeführt worden, da die Vernehmung der Ehefrau eine auf Entlastung des Angeklagten ausgerichtete konstruierte Behauptung darstelle. Denn für den Fall, dass die Behauptung wahr wäre, sei es nicht nachvollziehbar, dass diese Tatsache in der mehrtägigen Beweisaufnahme nicht schon früher eingeführt worden sei.
    Der 4. Strafsenat erachtet die Revision des Angeklagten für begründet, da das LG Bielefeld den Beweisantrag zu unrecht wegen Prozessverschlappung abgelehnt habe.

    Aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Die Strafprozessordnung gestaltet das Strafverfahren als einen vom Prinzip der materiellen Wahrheitserforschung beherrschten Amtsprozess aus, in dem das Gericht von Amts wegen zur Erforschung der Wahrheit verpflichtet ist. Dem Gebot der Sachaufklärung kommt dabei auch gegenüber dem Interesse an einer Verfahrensbeschleunigung und der Verhinderung bzw. Abwehr eines missbräuchlichen Verhaltens, wie der Stellung eines Beweisantrags zum Zwecke der Prozessverschleppung, grundsätzlich der Vorrang zu. Gebietet daher die Pflicht zur Erforschung der Wahrheit, einem Beweisantrag in der Sache nachzugehen, darf er nicht wegen Prozessverschleppung abgelehnt werden (BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 2009 – 2 BvR 2580/08, NJW 2010, 592, 593 [Rn. 18], 594 [Rn. 26]; BGH, Beschluss vom 10. November 2009 – 1 StR 162/09, NStZ 2010, 161 f.).
    Die Frage, ob eine Beweiserhebung der Sachaufklärung dient, muss der Tatrichter in dem Beschluss, mit dem er den Beweisantrag wegen Verschleppungsabsicht ablehnt, beantworten.“

    Der Senat hob das Urteil des LG Bielefeld mit den getroffenen Feststellungen zum Vorwurf der schweren Vergewaltigung und der Gesamtstrafe auf  und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des LG Bielefeld zurück.


  • 4. Strafsenat des BGH, Az.: 4 StR 165/10

    Der Angeklagte ist vom Landgericht wegen „unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren in vier Fällen, wobei der Angeklagte gewerbsmäßig handelte, und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wobei der Angeklagte eine Schusswaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führte, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt waren“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Er rügt mit seiner hiergegen eingelegten Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) die Verletzung materiellen Rechts.

    Wie das Landgericht feststellte, betrieb der Angeklagte einen großen Betäubungsmittelhandel, um sich so eine dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen. In vier Fällen veräußerte er Marihuana bzw. Haschisch zum Preis von 10 Euro an Personen unter 18 Jahren.

    Weiter heißt es im Beschluss des BGH:

    „Hinsichtlich des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (gleichzeitige Aufbewahrung von zum Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmitteln und eines griffbereiten, geladenen Gasrevolvers sowie eines Baseballschlägers) hat das Landgericht bei der Strafzumessung im engeren Sinne zu Lasten des Angeklagten unter anderem die „besondere Gefährlichkeit des bewaffneten Handeltreibens“ (UA 22) gewertet. Damit hat es einen Umstand in die Strafzumessung eingestellt, dessen Berücksichtigung gegen das Doppelverwertungsverbot nach § 46 Abs. 3 StGB verstößt, weil die Bewaffnung Tatbestandsmerkmal des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ist (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 2005 – 2 StR 144/05; vgl. auch Weber aaO § 30a Rn. 259).“

    Nach Ansicht des Senats ist es daher nicht auszuschließen, dass die Strafkammer angesichts dieser Erkenntnisse zu einer milderen Strafe gekommen wäre.

    Des Weiteren hat das Landgericht bei den vier Fällen der gewerbsmäßigen unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in der Strafrahmenwahl sowie bei der Strafzumessung im engeren Sinne zu Lasten des Angeklagten dessen Rücksichtslosigkeit auf das Alter des Käufers und dessen Profitgier  gewertet.

    Hierzu führt der Senat aus:

    “Diese Erwägungen begegnen im Hinblick auf das Doppelverwertungsverbot ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die unerlaubte Abgabe an eine minderjährige Person gehört zum Tatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG, die weiteren Erwägungen zum gewerbsmäßigen Handeln im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG (vgl. hierzu Weber aaO § 29 Rn. 1701 m.w.N.).
    Auch hier kann der Senat – vor allem angesichts der jeweils nur sehr geringen Rauschgiftmenge – nicht ausschließen, dass sich die fehlsamen Erwägungen zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben, und zwar sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der Bemessung der verhängten Einzelstrafen.“

    Dabei handelt es sich um reine Wertungsfehler der Strafkammer, so dass die Feststellungen bestehen bleiben können. Das Landgericht kann im Rahmen der neuen Strafzumessung ergänzende Feststellungen vornehmen. Die Revision hatte damit hinsichtlich der Strafhöhe Erfolg.

  • 2. Strafsenat des BGH, Az.: 2 StR 588/09

    Die Angeklagten K. und S. sind vom Landgericht Gera wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht Menge in mehreren Fällen sowie wegen des unerlaubten Erwerbs von  Betäubungsmitteln (Angeklagter K.) und wegen des versuchten Diebstahls schuldig gesprochen worden.

    Gegen das Urteil legten beide Revision ein, über die der Bundesgerichtshof (BGH) zu entscheiden hatte.

    Im Hinblick auf die Feststellungen des Landgerichts hebt der Senat die Verurteilung in zwei Fällen auf, da der Angeklagte die vom Mitangeklagten H erworbenen 100 Gramm Crystal aufgrund der schlechten Qualität nicht weiterverkaufen konnte und diese später gegen höherwertige Ware umtauschte. Das Landgericht wertet den Umtausch rechtsfehlerhaft als ein erneutes, tatmehrheitliches Handeltreiben.

    Hierzu führt der Senat aus:

    „Wird aber eine zum Weiterverkauf erworbene Rauschgiftmenge in eine andere Menge umgetauscht, weil – wie – hier die gelieferte Qualität nicht den Erwartungen entspricht, so sind die Bemühungen um die Rückgabe der mangelhaften und die Nachlieferung einer mangelfreien Ware auf die Abwicklung ein- und desselben Rauschgiftgeschäfts gerichtet (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 2005, 232, StV 2007, 83; Senatsbeschlüsse vom 23. September 2009 – 2 StR 325/09, vom 30. September 2009 – 2 StR 323/09 und vom 22. Januar 2010 – 2 StR 563/09).“

    Somit ist die Verurteilung wegen dieser zwei Fälle aufzuheben. Ferner schließt der Senat aus, dass die Strafkammer ohne diese Einzelstrafe auf niedrigere Gesamtfreiheitsstrafen erkannt hätte.

  • 4. Strafsenat des BGH, Az.: 4 StR 84/10

    Der Angeklagte ist vom Landgericht Arnsberg „wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen und wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten“ verurteilt worden. Zudem ist ein Verfall von Wertersatz in Höhe von insgesamt 170.000 Euro angeordnet worden.

    Gegen das Urteil hat der Angeklagte Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt, in der er mit seiner Verfahrensrüge die Verletzung des materiellen Rechts rügt. Im Hinblick auf die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes konnte mit der  Revision ein Erfolg erzielt werden:

    So hat nach Ansicht des 4. Strafsenats des BGH das Landgericht die Höhe des Verfalls falsch bemessen, indem nicht der Teil des Wertersatzes berücksichtigt wurde,  der nicht mehr im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist.

    Auszug aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    “Das Landgericht hat sich bei der Verfallsanordnung ersichtlich allein daran orientiert, dass der Angeklagte, der dies auch eingestanden hat, für seine Beteiligung an den in der Zeit von Ende 2004 bis Anfang 2007 begangenen, verfahrensgegenständlichen Taten insgesamt 172.500 Euro erhalten hat [SH 3 R, 4 R, 9 R]. Es hat jedoch nicht geprüft, ob gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB von der Anordnung des Wertersatzverfalls zumindest teilweise abgesehen werden kann und zwar soweit der Wert des Erlangten im Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden ist (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. Oktober 2002 – 4 StR 233/02, BGHSt 48, 40 ff.; vgl. auch Fischer, StGB, 57. Aufl., § 73c Rn. 4 f. und LK-Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73c Rn. 9 f., jeweils m.w.N.).“

    Aus diesem Grund ist die Revision hinsichtlich der Anordnung des Wertersatzverfalls erfolgreich und die Anordnung neu zu bemessen.

  • 5. Strafsenat des BGH, Az.: 5 StR 271/10

    Der Angeklagte ist vom Landgericht Berlin wegen Geldfälschung und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Mit der gegen das Urteil eingelegten Revision hat der Angeklagte nun vor dem Bundesgerichtshof (BGH) hinsichtlich der Verurteilung wegen Geldfälschung Erfolg.

    Das Landgericht Berlin hat festgestellt, dass der Angeklagte über mindestens 20 Falsifikate von 50-Euro-Scheinen verfügte, die er in einer Wechselstube in Berlin mit Hilfe seines Freundes O. einzahlen wollte. Als dieser das Geld einzahlte, wurde die Unechtheit der Geldscheine entdeckt. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist nach Auffassung des Senats der Tatbestand des § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht erfüllt.

    So fehle es an den Feststellungen, der Angeklagte habe sich die 20 unechten Geldscheine in der Absicht verschafft, diese als echt in den Verkehr zu bringen.

    Auszug aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Der Senat ist nicht in der Lage, auf den Vergehenstatbestand des § 147 Abs. 1 StGB durchzuentscheiden. Zwar liegen die objektiven Umstände des Inverkehrbringens von Falschgeld vor. Indes ist die Beweiswürdigung des Landgerichts, mit der die notwendige Kenntnis des Angeklagten hinsichtlich der Unechtheit der Geldscheine (vgl. Fischer, StGB 57. Aufl. § 147 Rdn. 2) begründet wird, wegen nicht erschöpfender Würdigung der im Urteil dargelegten Tatumstände fehlerhaft (vgl. BGH NJW 2007, 384, 387, insoweit in BGHSt 51, 144 nicht abgedruckt).“

    Ferner hat das Landgericht gewürdigt, dass der Angeklagte aufgrund „seiner verminderten Augenleistung nicht erkennen konnte“, dass es sich um Falschgeld handele. Allerdings wurden keine Feststellungen dazu getroffen, ob und inwiefern der Angeklagte von einem Dritten über die Fälschung informiert worden ist. Vielmehr stützte sich das LG Berlin auf „verdachtsbegründende Verhaltensweisen“ des Angeklagten, wie das Vorschicken des Freundes beim Geldwechseln, und widersprüchlichen Einlassungen des Angeklagten.

    Allerdings wurde nicht berücksichtigt, dass sich der Angeklagte der Prüfung der Geldscheine auf Echtheit bei der Einzahlung in der Wechselstube bewusst war.
    So führt der Senat im Beschluss aus:

    „Das Landgericht hat das zentrale Verteidigungsargument des Angeklagten, er habe gewusst, dass in der Exchange-Filiale jeder Schein unter Licht auf seine Echtheit geprüft werde, nicht hinreichend in seine Erwägungen zum Vorliegen der Voraussetzungen eines bedingten Vorsatzes einbezogen (vgl. BGHR StGB § 146 Abs. 1 Nr. 2 Sichverschaffen 7, dort zur Absicht des Inverkehrbringens bei noch ausstehender Echtheitsprüfung unechter Wertpapiere). Es hat ein dieser Einlassung entsprechendes Vorstellungsbild des Angeklagten – für das nach der Aussage des Zeugen O. Anhaltspunkte vorhanden waren (UA S. 10) – für möglich gehalten (UA S. 10), aber nicht, was geboten gewesen wäre, mit auf den Fall bezogenen Argumenten überwunden (vgl. BGH StV 2008, 121, 122).“

    Folglich bedarf es einer neuen Aufklärung und Bewertung der Tatbestandsmerkmale der Geldwäsche. Der Senat hebt den Strafausspruch hinsichtlich der Verurteilung wegen Geldwäsche auf, was zur Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe führt.

  • 3. Strafsenat des BGH, Az. 3 StR 65/10

    Die beiden Angeklagten sind vom Landgericht Krefeld wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit solchen in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden.

    Gegen die Entscheidung wendeten sich die Angeklagten mit ihrer auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH).

    Nach den Feststellungen des Landgerichts wurden die Angeklagten am 13.07.2009 nach vollendeter Einfuhr von Betäubungsmitteln (ca. 3 kg Marihuana und 3kg Amphetamin) aus den Niederlanden in die Bundesrepublik Deutschland von der Polizei festgenommen. Bei der polizeilichen Vernehmung und weiteren Ermittlungs- bzw. Zwischenverfahren leisteten beide Angeklagten keine „Aufklärungshilfe“. Erst in der Hauptverhandlung am 6.11.2009 gaben die Angeklagten Hinweise zu ihrem Auftraggeber.

    Auf Grund dieser späten Angaben zum Auftraggeber ist nach Ansicht des Landgerichts eine Strafmilderung nach § 31 BtMG ausgeschlossen, denn “der späte Zeitpunkt der Aussagen erst in der Hauptverhandlung führe gemäß § 31 Satz 2 BtMG, § 46 b Abs. 3 StGB i. V. m. Art. 316 d EGStGB (jeweils in der Fassung des 43. StrÄndG vom 29. Juli 2009, BGBl I 2288, in Kraft seit 1. September 2009) dazu, dass wegen der nunmehr geltenden zeitlichen Grenze der Berücksichtungsfähigkeit die „Vergünstigung des § 31 BtMG“ den Angeklagten nicht mehr zugute kommen könne.

    Hierin liegt nach Ansicht des Strafsenats ein Rechtsfehler in der Anwendung der Neuregelung auf Verfahren vor Inkrafttreten dieser. So führt der Strafsenat in seinem Beschluss im Weiteren aus:

    „Art. 316 d EGStGB bestimmt, dass § 46 b StGB und § 31 BtMG in der Fassung des 43. StrÄndG nicht auf Verfahren anzuwenden sind, in denen vor dem 1. September 2009 die Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen worden ist. Diese negativ formulierte Überleitungsvorschrift stellt eine – verfassungsrechtlich unbedenkliche (BVerfGE 81, 132, 136 f.; BGHSt 42, 113, 120; Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 2 Rdn. 16) – Derogation des Meistbegünstigungsprinzips (§ 2 Abs. 3 StGB) dar, die die Gerichte in bereits rechtshängigen Verfahren von der gegebenenfalls schwierigen Bewertung entbinden soll, ob die alte oder neue Fassung des § 31 BtMG nach den Umständen des konkreten Einzelfalls das mildere Gesetz sei (BTDrucks. 16/6268 S. 17: etwa im Hinblick auf die Frage einer Milderung nach § 49 Abs. 1 oder 2 StGB oder eines Absehens von Strafe). [..] Sie bedeutet jedoch nicht, dass im Umkehrschluss die neuen Vorschriften – und damit auch die Präklusionsvorschrift des § 46 b Abs. 3 StGB – ohne weiteres auf Verfahren anzuwenden sind, in denen die Eröffnung des Hauptverfahrens nach dem 1. September 2009 beschlossen worden ist. Für die Frage des auf diese Verfahren anwendbaren Rechts gelten vielmehr die allgemeinen Regeln, nach denen grundsätzlich das zur Tatzeit geltende materielle Recht Anwendung findet (§§ 1, 2 Abs. 1 StGB), sofern das neuere Recht in seiner Gesamtheit keine für den Angeklagten günstigere Regelung darstellt (§ 2 Abs. 3 StGB).“

    Die Anwendung des § 31 Satz 2 BtMG nF führt zur Versagung der nach alter Rechtslage denkbaren Milderungsmöglichkeiten im Sinne des § 31 BtMG und somit zu einer nachteiligen Änderung des zur Tatzeit geltenden materiellen Rechts zu Lasten des Angeklagten. Sowohl die fehlende Gesetzesbegründung als auch das Rückwirkungsverbot sprechen gegen diese Anwendung der Neuregelung.

    Auszug aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Einer Auslegung des Art. 316 d EGStGB dahin, dass in den ab dem 1. September 2009 eröffneten Verfahren stets § 31 BtMG nF anzuwenden ist, kann auch deshalb nicht gefolgt werden, weil dies eine Änderung der mit Verfassungsrang (Fischer, StGB 57. Aufl. § 2 Rdn. 2; Eser aaO Rdn. 1) versehenen Vorschrift des § 2 Abs. 1 StGB und damit einen Verstoß gegen das im Strafrecht absolut geltende Rückwirkungsverbot (Art. 103 Abs. 2 GG) darstellen würde. Zu den vom Rückwirkungsverbot erfassten Normen gehören auch jene Regeln, die über die Art und Weise der Rechtsfolgen der Erfüllung eines Straftatbestandes entscheiden und damit auch die Vorschriften über die Strafzumessung (vgl. BVerfGE 105, 135, 156 f.; Schulze-Fielitz in H. Dreier, Grundgesetz-Kommentar 2. Aufl. Art. 103 Abs. 2 Rdn. 24). Dass § 31 BtMG tatbestandlich an das Nachtatverhalten und einen etwaigen Aufklärungserfolg anknüpft, mithin an Sachverhalte, die (teilweise) in die Zeit nach Inkrafttreten des 43. StrÄndG fallen, ändert daran nichts. Mit der gesetzlichen Bestimmung der Strafbarkeit ist der gesamte sachliche Rechtszustand gemeint, von dem die Zulässigkeit und die Modalitäten der Ahndung einer Straftat abhängen (Fischer aaO § 1 Rdn. 15; Eser aaO § 2 Rdn. 20; Rudolphi in SK-StGB § 2 Rdn. 8; Schmitz in MünchKomm-StGB § 2 Rdn. 10; Schulze-Fielitz aaO Rdn. 23 ff., 50).“

    Vor dem Hintergrund dieser fehlerhaften Anwendung der Neuregelung des § 31 BtMG ist der Strafausspruch aufzuheben und die Strafzumessung durch den neuen Tatrichter neu vorzunehmen. Die bisherigen, rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können davon unberührt bestehen bleiben. Es sind jedoch ergänzende Feststellungen möglich, sofern diese nicht im Widerspruch zu den bisher getroffenen stehen.

  • Az. 4 OWi 553 Js 51018/08 (AG Plön)

    Erneut beschäftigt sich ein Gericht mit dem praxisnahen Beweisverwertungsverbot einer Blutentnahme.

    Im vorliegenden Fall verursachte der Betroffene am 25.07.2008 gegen 17:27 Uhr einen Autounfall, indem er mit einem entgegenkommenden PKW zusammengestoßen war. Der zuständige Polizeioberkommissar R. hatte „aufgrund des Gesamteindrucks“ den Verdacht, dass der Unfallverursacher zum Zeitpunkt des Unfalles unter Drogeneinfluss stehen könnte und veranlasste darauf einen Drogenschnelltest.

    Als sich herausstellte, dass der Betroffene auf der einen Seite 0,0 Promille laut Alkoholtest besaß, jedoch der freiwillig durchgeführte Drogenschnelltest auf der anderen Seite einen Verdacht auf Kokainkonsum ergab, ordnete der die Ermittlung leitende POK eine Blutprobenentnahme an, um einen stichhaltigen und beweiswürdigen Test durchzuführen. Das anschließende Gutachten, welches sich auf diese Blutentnahme stützt, ergab sodann auch ein positives Ergebnis im Hinblick auf die überprüften Stoffe nach dem BtMG.

    Jedoch unterliegt dieses Gutachten nach Ansicht des AG Plön einem Beweisverwertungsverbot, da es gegen den so genannten Richtervorbehalt hinsichtlich der Blutentnahme verstößt. Hiernach ist es grundsätzlich notwendig, eine Blutentnahme und vergleichbare persönliche Eingriffe nur durch Anordnung eines Richters vorzunehmen.

    Der Unfall des Betroffenen war gegen 17:30 Uhr. Die Blutentnahme fand hingegen erst gegen 19 Uhr statt. In diesem Zeitraum und zu der entsprechenden Tageszeit war es möglich, zumindest telefonisch den zuständigen Ermittlungsrichter darüber zu informieren und eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Dies fehlte jedoch.

    Eine solche Missachtung führt nach Ansicht des AG Plön zum Beweisverwertungsverbot:

    „Der sog. Richtervorbehalt ist seit Jahren st. Rspr. und der Polizeibeamte R, der den Dienstgrad eines POK innehat, hat mit hinreichender Sicherheit Kenntnis über den vom BVerfG eingeforderten Richtervorbehalt für derartige Ermittlungshandlungen wie z.B. Entnahme einer Blutprobe [..] Diese doch grobe Außerachtlassung des Grundsatzes des Richtervorbehaltes lässt nach Rechtsauffassung des BGH (Urt. V. 18.04.2007 – 5 StR 546/06) ein Beweisverwertungsverbot als gerechtfertigt erscheinen.“

    Das Urteil reiht sich daher nahtlos an die bisherige Rechtsprechung an und bestätigt erneut das Beweisverwertungsverbot einer Blutentnahme ohne richterliche Anordnung.

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