Körperverletzung

  • BGH, Urteil vom 20. Juni 2012, AZ.: 5 StR 514/11

    Während eines gemeinsamen Trinkabends kam es auf dem Balkon eines Angeklagten zum Streit. Die beiden Angeklagten übergossen den Geschädigten mit einem Terpentinersatzmittel und zündeten ihn an. Von der Gewalt des Feuers erschrocken, löschten die Angeklagten den Geschädigten und riefen Rettungskräfte herbei. Trotz dieses Rettungsversuchs verstarb der Geschädigte wenig später aufgrund seiner Verbrennungen.

    Das Landgericht Dresden verurteilte die Angeklagten lediglich wegen Körperverletzung mit Todesfolge, da der Tötungsvorsatz nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden konnte:

    „Das Landgericht hat einen Tötungsvorsatz der Angeklagten „trotz der vorgenommenen äußerst gefährlichen Gewalthandlung“ nicht mit „der erforderlichen Sicherheit“ als nachgewiesen angesehen. Das Übergießen eines Menschen mit Brandbeschleuniger und ein anschließendes Anzünden der Person geschehe zwar in aller Regel mit bedingtem Tötungsvorsatz. Es lägen jedoch Besonderheiten vor, die ausnahmsweise am Vorliegen eines Tötungsvorsatzes zweifeln ließen.“

    Gegen diese Ausführung wehrte sich die Staatsanwaltschaft mit der Revision. Die Staatsanwaltschaft beanstandete, dass das Landgericht den Tötungsvorsatz verneinte und daher nicht wegen gemeinschaftlichen Mordes verurteilte.
    Die Revision hatte vor dem BGH keinen Erfolg. Neben der Einsehbarkeit des Tatorts sprechen auch weitere Gründe gegen eine geplante vorsätzliche Tat:

    „Hinzu komme, dass beide Angeklagte ein Eigeninteresse daran gehabt hätten, dass das Tatopfer am Leben bleibe; denn der sonst wohnungslose Angeklagte B. habe bereits in der Wohnung des Tatopfers gelebt und der Angeklagte S. habe wegen Kündigung seiner Wohnung dort einziehen wollen.“

    Vielmehr geht der BGH davon aus, dass die Angeklagten den Geschädigten eher quälen wollten:

    „Es lägen Anhaltspunkte vor, dass die Angeklagten das Tatopfer durch die Tatbegehung quälen wollten und trotz Vornahme der äußerst gefährlichen Gewalthandlung darauf vertrauten, dass es nicht sterben werde.“

    Auch das Nachtatverhalten spreche gegen einen gefassten Tötungsvorsatz:

    „Gegen einen Tötungsvorsatz der Angeklagten spreche schließlich, dass sie sofort, als es richtig brannte, mit allen Mitteln versucht hätten, das Tatopfer wieder zu löschen, und nach der Tat erschüttert gewesen seien.“

    Daher bestehen trotz der äußerst gefährlichen Gewalthandlung Zweifel an dem Tötungsvorsatz der Angeklagten. Die Revision der Staatsanwaltschaft hatte damit keinen Erfolg.


  • Der Bundesgerichtshof (BGH) hat aus folgenden Erwägungsgründen die Revision der Nebenklägerin im Inzestprozess von Willmersbach als unbegründet verworfen, so dass das Urteil und folglich die Verurteilung des Angeklagten unter anderem wegen Beischlafs unter Verwandten gemäß § 173 StGB rechtskräftig ist.

  • Der Angeklagte wurde vom Landgericht Mönchengladbach wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung und mit „unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition“ zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt.

    Die Strafverteidigung rügte das Urteil in Rahmen der Revision, da die Strafkammer das Vorliegen eines minder schweren Falls gemäß § 224 Abs. 1 letzter Hs. StGB nicht erörtert hatte, obwohl der Angeklagte vom Geschädigten zur Tat provoziert wurde.

    Der Generalbundesanwalt führt dazu aus:

    „Nach zutreffender Ansicht ist daher die Tatprovokation bei Körperverletzungsdelikten als Strafmilderungsgrund zu berücksichtigen; sie kann zur Annahme eines minder schweren Falles führen, muss dies aber nicht (vgl. Fischer StGB 59. Aufl. § 224 Rdnr. 15 m. w. N.). Liegt allerdings eine Tatprovokation vor, wird die Annahme eines minder schweren Falles regelmäßig nicht derart fernliegen, dass eine Erörterung rechtlich entbehrlich würde (vgl. BGH Beschluss vom 10. August 2004 – 3 StR 263/04, StV 2004, 654).

    Dem schließt sich der BGH an. Die Revision der Strafverteidigung hatte somit Erfolg. Zwecks eines neuen Strafausspruches geht das Verfahren zurück an eine andere Strafkammer des Landgerichts.

    BGH, Beschluss vom 19. Juni 2012, Az.: 3 StR 206/12

  • BGH, Urteil vom 07.07.2011, Az.: 5 StR 192/11

    Der Angeklagte, der bereits mehrfach wegen Sexualstraftaten verurteilt wurde, musste sich erneut vor dem Landgericht Cottbus wegen versuchter sexueller Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung verantworten. Der Angeklagte soll auf einem Friedhof eine Trauernde angegriffen und mit heruntergelassener Hose gewürgt haben. Erst als der Lebensgefährte der Geschädigten einschritt und den Angeklagten wegschubste, ließ er von seinem Opfer ab. Das Landgericht verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten und ordnete die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung an.
    Die Strafverteidigung wehrte sich mittels Revision gegen diesen Urteilsspruch.

    Der BGH gibt der Revision der Verteidigung dahingehend Recht, dass die Anordnung der Sicherungsverwahrung nicht alle Umstände berücksichtigte, die für die strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung notwendig gewesen wären. Vor allem da die Vortaten mit größeren Abständen in den Jahren  1986, 1988, 1992, 1997 und 2002 erfolgten:

    „Gleichwohl kann der Senat im Ergebnis nicht eindeutig feststellen, dass auch die vom Bundesverfassungsgericht neu aufgestellten Verhältnismäßigkeitskriterien zweifelsfrei erfüllt sind, wenngleich dies keineswegs fernliegt. Die geforderte Schwere der drohenden Taten ist sicher gegeben. Auf die vom Bundesverfassungsgericht für Fälle rückwirkender Anwendung im Rahmen von § 66b oder § 67d StGB entwickelten nochmals deutlich strengeren Verhältnismäßigkeitskriterien (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 – 5 StR 52/11, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt) kommt es hier nicht an.
    Die Zweifel ergeben sich aus den vom Landgericht im Rahmen seiner Gefährlichkeitsprüfung hervorgehobenen Umständen nicht unbeträchtlicher Zwischenräume zwischen den Taten und einer nicht feststellbaren Eskalation von deren Häufigkeit und Schwere (vgl. UA S. 45).“

    Somit müssen bei der strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung der Sicherungsverwahrung auch nicht unbeträchtliche Zwischenräume zwischen den Taten und einer nicht feststellbaren Eskalation der Taten berücksichtigt werden.
    Damit hat die Revision der Strafverteidigung Erfolg. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Cottbus zurückverwiesen.


  • Ein Angeklagter wurde vom Landgericht Hildesheim unter anderem wegen versuchtem Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Der Beschuldigte soll laut Anklage bei einem Einbruch vom Eigentümer überrascht worden sein. Daraufhin versteckte sich der Angeklagte hinter einem Gebüsch. Als der Hauseigentümer sich dem Gebüsch näherte, griff der Angeklagte den Eigentümer von hinten an und schlug auf ihn ein.

    Gegen die gefährliche Körperverletzung mittels eines hinterlistigen Überfalls gemäß § 224 I Nr. 3  StGB wehrte sich die Verteidigung erfolgreich mit der Revision. So führt der BGH aus:

  • Das Landgericht verurteilte zwei Angeklagte wegen „gemeinschaftlicher“ gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und räuberischer Erpressung. Gegen das Urteil wehrten sich sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Angeklagten im Wege der Revision.

    Nach Feststellung des Gerichts lockten die beiden Angeklagten den Geschädigten, von dem sich einer der Täter durch den Geschädigten bestohlen fühlte, zum gemeinsamen Drogenkonsum in eine Wohnung. Dort misshandelten sie ihn körperlich mit Faustschlägen und Tritten. Der Geschädigte gestand aus Angst vor weiteren Misshandlungen den Diebstahl der Sachen. Daraufhin verlangten die Angeklagten neben einer Entschuldigung auch eine Entschädigung. Der Geschädigte bot daraufhin von sich aus an, Geld von seinem Konto abzuheben. Die beiden Angeklagten fuhren mit dem Geschädigten und einer Bekannten des Geschädigten zuerst zu einer Justizvollzugsanstalt. Dort begaben sich die Angeklagten in die Justizvollzugsanstalt. Die Bekannte des Geschädigten kaufte sich währenddessen Zigaretten. Der Geschädigte selbst verweilte etwa 20 Minuten alleine in der Nähe des Fahrzeugs. Später setzten die Vier die Fahrt fort und steuerten eine Bankfiliale an. Dort veranlassten die Angeklagten eine Auszahlung von 500 Euro von dem Konto des Geschädigten und ließen sich die Summe übergeben.

    Das Landgericht verneinte in diesem Fall den erpresserischen Menschenraub gemäß § 239a Abs. 1 StGB. Das Landgericht führt aus, dass zum Zeitpunkt des „Sichbemächtigens“ noch kein Vorsatz bezüglich der späteren Erpressung bestand. Auch die zweite Alternative des § 239a Abs. 1 StGB sei nicht erfüllt, da zum Ausnutzen der Bemächtigungslage ein funktioneller Zusammenhang erforderlich sei. Demnach müssten nach der Vorstellung der Täter die Erpressung während der Dauer der Zwangslage realisiert werden. Während der Wartezeit vor der Justizvollzugsanstalt sei eine Flucht für den Geschädigten jedoch möglich gewesen, somit fehle es am funktionellen Zusammenhang.

    Der BGH schließt sich der rechtlichen Würdigung des Landgerichts dahingehend an, dass die erste Alternative des § 239a Abs. 1 StGB nicht erfüllt sei, da die Angeklagten den Geschädigten zum Zeitpunkt der Bemächtigung lediglich zur Rede stellen wollten. Es fehlt somit am Vorsatz. Bezüglich der zweiten Alternative bewertet der BGH die Rechtslage jedoch anders:

  • Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung, mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen und mit Freiheitsberaubung in ebenfalls zwei Fällen zu sechs Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

  • Der Bundesgerichtshof hebt den Freispruch des angeklagten Arztes in dem spektakulären Fall um den Tod des C. im Rahmen einer Exkorporation von Drogenbehältnissen („Brechmitteleinsatz“) erneut auf und verweist die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Bremen.

  • Am 6. März kam es zu einem Überfall auf ein Pokerturnier in einem Berliner Hotel, worüber in den Medien umfassend berichtet worden ist. Der Organisator dieses Raubüberfalls hatte mit seiner gegen das Urteil vom Landgericht Berlin eingelegten Revision kein Erfolg. Somit ist das Urteil rechtskräftig. Der Angeklagte ist daher wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und vier Monaten verurteilt.

    Auszug:

    Urteil gegen den Organisator des Überfalls auf ein Pokerturnier rechtskräftig

    Aufgrund von Hinweisen eines Tippgebers organisierte der 31jährige Angeklagte einen Überfall auf ein im Hotel Grand Hyatt in Berlin stattfindendes Pokerturnier. Entsprechend seiner Planung stürmten vier junge Mittäter am Nachmittag des 6. März 2010 mit einer Schreckschusspistole und einer Machete bewaffnet den Spielsaal und erbeuteten trotz Gegenwehr der nicht bewaffneten Wachleute, die hierbei verletzt wurden, rund 241.000 €, wobei die Täter bei ihrer Flucht weitere 449.000 € verloren hatten. Sie wurden vom Angeklagten, der in seinem Pkw in der Nähe wartete, vom Tatort weggefahren. Von dem erbeuteten Geld haben die Täter nach ihrer Verhaftung 26.000 € zurückgegeben. Der Verbleib des restlichen Geldes konnte nicht geklärt werden.

    Der Angeklagte wurde vom Landgericht Berlin nach fast 16 Monate andauernder Hauptverhandlung wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und vier Monaten verurteilt.

    Der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision des Angeklagten durch Beschluss als unbegründet verworfen. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

    Beschluss vom 5. Juni 2012 – 5 StR 235/12

    Landgericht Berlin – (510) 68 Js 89/10 KLs (19/10) – Urteil vom 13. Dezember 2011

    Karlsruhe, den 19. Juni 2012

    Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 092/2012 vom 19.06.2012

  • Das Landgericht Kiel hat einen ehemaligen Anhänger der Rocker-Szene unter anderem wegen Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, Zuhälterei, schwerer Körperverletzung sowie versuchter Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten verurteilt.

    Nach den Feststellungen des Gerichts war er Angeklagte für Angriffe auf ehemalige Mitglieder oder Mitglieder anderer Gruppierungen mitverantwortlich. Zudem soll er zwei Frauen der Prostitution zugeführt haben.
    Im Prozess sagte der Angeklagte über innere Strukturen der Hells Angels aus. Seine Aussagen führten unter anderem zu großen Razzien. Aus diesem Grund befindet sich der Angeklagte momentan im einen Zeugenschutzprogramm.
    Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor eine Freiheitsstrafe von vier Jahren gefordert. Die Strafverteidigung forderte eine Strafe von maximal drei Jahren, insbesondere wegen seiner Rolle als Hauptbelastungszeuge.

    ( Quelle: Hamburger Abendblatt online vom 15.06.2012 )


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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