Körperverletzung

  • Das Urteil muss erkennen lassen, dass sich das Gericht seinem eingeräumten Ermessen bewusst war.

    Bereits im Jahr 2010 war der Angeklagte vom Landgericht Aachen wegen vorsätzlicher Körperverletzung unter Einbeziehung zweier Einzelfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt worden. Das Landgericht sah von der Anordnung der Sicherungsverwahrung ab. Die dagegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hatte damals Erfolg.

  • Verlässt ein Räuber mit seiner Beute ein Gebäude und gibt es keine Verfolger, so ist die Tat bereits beendet.

    Der Angeklagte wurde wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung vom Landgericht Traunstein verurteilt. Obwohl der Angeklagte beim Tatentschluss noch nicht wusste, dass der Mitangeklagte ein gefährliches Werkzeug verwenden möchte, hat das Landgericht ihm dies zugerechnet. Begründet wurde dies mit der sukzessiven Mittäterschaft. Denn als der Mittäter zum Wagen, in dem der Angeklagte gewartet hatte, zurückkam, teilte er diesem mit, dass er ein gefährliches Werkzeug genutzt hätte. Da der Angeklagte ihm trotzdem zur Flucht verhalf, behandelte das Landgericht ihn als Mittäter bezüglich des schweren Raubes.

  • Der Messereinsatz muss in einer Notwehrsituation nicht angedroht werden, wenn die Gefahr droht, dass dies den Angriff nicht mit Sicherheit beendet.

    Der Angeklagte wurde vom Landgericht Wiesbaden wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.

  • Wird ein Urteil im Strafausspruch aufgehoben, müssen Feststellungen zur Person erneut getroffen werden.

    Der Angeklagte wurde wegen Körperverletzung mit Todesfolge vom Landgericht Bonn zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Nach Aufhebung des Urteils im Strafausspruch durch den Bundesgerichtshof (BGH) verurteilte die Strafkammer des Landgerichts den Angeklagten zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Dabei hatte das neue Urteil Bezug auf den Werdegang des Angeklagten aus dem ersten Urteil genommen und die Feststellungen wörtlich übernommen.

  • Bei der Bemessung der Jugendstrafe muss die positive Entwicklung nach der Tat berücksichtigt werden.

    Das Landgericht Mainz verurteilte den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Eine Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten hielt das Gericht für angemessen.

  • Verweigert ein Zeuge aufgrund einer falschen Belehrung die Aussage, führt dieser Rechtsfehler zur Aufhebung des Urteils.

    Das Schwurgericht in Flensburg hatte in einem Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung den an der Tat beteiligten und deswegen bereits abgeurteilten Cousin des Angeklagten als Zeugen geladen. In der Hauptverhandlung belehrte ihn der Richter gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 StPO wegen seines Verwandtschaftsgrades. Während der Zeuge zuerst zur Sache aussagte, berief er sich später auf sein Zeugnisverweigerungsrecht.

  • Wird ein Urteil zugunsten des Angeklagten zurückverwiesen und trifft der neue Tatrichter Feststellungen, die die Tat in milderem Licht erscheinen lässt, so muss er es besonders begründen, wenn er bei der gleichen Strafhöhe bleibt.

    Der Angeklagte wurde vom Landgericht Wuppertal wegen Beihilfe zur Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt, welche zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil auf und verwies die Sache zurück an das Landgericht.

  • Die Urteilsgründe müssen erkennen lassen, ob eine Strafmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB vorgenommen wurde.

    Das Landgericht Essen hatte den Angeklagten unter anderem wegen Körperverletzung verurteilt. Dabei nahm das Gericht eine verminderte Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB an. In der Urteilsbegründung selbst steht jedoch nicht, ob der Strafrahmen des § 223 Abs. 1 StGB gemildert oder aus welchem Grund von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht wurde. Dagegen wehrt sich die Strafverteidigung mittels Revision.

    Auch der Bundesgerichtshof (BGH) teilt die Einschätzung der Verteidigung, dass dieses Vorgehen hätte begründet werden müssen. Vor allem, da ein Grund für das Absehen der Strafmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB nicht ersichtlich ist:

    „Da Gründe, von einer Strafrahmenverschiebung abzusehen, nicht ohne weiteres ersichtlich sind (dazu Fischer, StGB, 59. Aufl., § 21 Rn. 20 ff.) und deshalb nicht ausnahmsweise auf eine ausdrückliche Entscheidung über die fakultative Strafrahmenmilderung verzichtet werden durfte (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Februar 1999 – 3 StR 37/99), muss der Strafausspruch aufgehoben werden.“

    Insoweit hatte die Revision der Strafverteidigung Erfolg. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

    BGH, Beschluss vom 20. November 2012, Az.: 4 StR 442/12


  • Vertraut ein Täter am Tatort lediglich auf die Hilfe seiner Freunde, so rechtfertigt dies noch keine gefährliche Körperverletzung iSd §§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB.

    Der Angeklagte wurde vom Landgericht Düsseldorf unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen verurteilt. Der Angeklagte soll sich innerhalb einer Gruppe Jugendlicher aufgehalten haben. Dabei kam es mit einer anderen Gruppe zu einem verbalen Streit.

    Nach Ansicht des Landgerichts soll dem Angeklagten klar gewesen sein, dass er sich bei einer anstehenden Schlägerei auf seine Freunde verlassen könne. Deswegen wertete das Landgericht die anschließende Schlägerei als eine gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB.

    Dagegen legte die Strafverteidigung erfolgreich Revision ein.

  • Weiß der Täter nichts von den Umständen, aufgrund derer die Geschädigte in eine hilflose Lage geraten ist, handelt er ohne Vorsatz.

    Das Landgericht Essen verurteilte den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten.

    Die Geschädigte wurde von einem gesondert Verfolgten aus ihrer polnischen Heimat nach Deutschland gelockt. Er versprach ihr in Deutschland gut entlohnte Arbeitsmöglichkeiten. Tatsächlich musste die Frau jedoch im Haushalt der Familie aushelfen. Dabei soll der gesondert Verfolgte die Frau mehrfach vergewaltigt haben.

    Der Angeklagte lernte die Frau bei einem Besuch der Familie kennen. Dabei konnte das Landgericht jedoch nicht feststellen, dass der Angeklagte von den vorherigen sexuellen Übergriffen und Drohungen wusste.

    Der Angeklagte und der gesondert Verfolgte lockten die Geschädigte in die Wohnung des Angeklagten. Dort gaben sie der Frau eine Marihuana-Zigarette, um später mit ihr den Geschlechtsverkehr durchzuführen. Obwohl sie auch anschließend erklärte, dass sie das nicht wolle, führten beide Männer gleichzeitig den Geschlechtsverkehr mit ihr durch. Die Frau wehrte sich nach ihrer anfänglichen Weigerung nicht weiter. Sie hielt es aufgrund ihrer Ortsunkundigkeit, der Anonymität in dem großen Wohnblock, ihrer herabgesetzten körperlichen Funktionstätigkeit und ihrer fehlenden Kenntnisse der deutschen Sprache für sinnlos, sich weiter zu wehren.

    Die Strafverteidigung wehrt sich mit der Revision gegen die Verurteilung wegen Vergewaltigung. Das Landgericht nahm an, dass sich die Frau in einer objektiv schutzlosen Lage befunden hätte, da sie keine effektiven Schutz- und Verteidigungsmöglichkeiten besaß. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jedoch bezüglich des Vorsatzes des Angeklagten erhebliche Bedenken:

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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