Schiebt eine Geschädigte immer weitere sexuelle Handlungen bezüglich einer Vergewaltigung hinterher, muss dieses Verhalten in einer Gesamtwürdigung berücksichtigt werden.
Wegen Körperverletzung in zwei Fällen und Vergewaltigung in zehn tateinheitlichen Fällen wurde der Angeklagte vom Landgericht Saarbrücken zu vier Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Die Strafverteidigung rügt in ihrer Revision, dass das Landgericht die Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin nicht hinreichend erforscht hätte.
So sprach das Landgericht von einer „hohen Aussagekonstanz“ der Geschädigten. Dabei berücksichtige es jedoch nicht, dass die Nebenklägerin bei ihrer polizeilichen Strafanzeige lediglich von Schlägen und Nötigungen zum Drogenkonsum sprach. Erst bei der Vernehmung durch die Polizei erwähnte sie auch erzwungenen Geschlechtsverkehr. Rund fünf Wochen später erweiterte sie ihre Vorwürfe um weitere erniedrigende Akte. Weitere fünf Monate später gab die Nebenklägerin zusätzlich an, dass sie auch zu sexuellen Handlungen mit einem Hund gezwungen wurde.
Dies hätte das Landgericht laut dem Bundesgerichtshof (BGH) in seiner Gesamtwürdigung nicht ausreichend genug berücksichtigt:
Bereits angesichts dieses das Kerngeschehen betreffenden auffälligen Aussageverhaltens waren eine eingehende Darstellung und Würdigung der Bekundungen der einzigen Belastungszeugin einschließlich der näheren Umstände der Anzeigeaufnahme und der weiteren Aussageentwicklung unabdingbar, um dem Revisionsgericht eine Nachprüfung in rechtlicher Hinsicht zu ermöglichen (vgl. zur Beweiswürdigung in einschlägigen Fällen BGH, Urteil vom 23. Oktober 2002 – 1 StR 274/02, NStZ 2003, 165 mwN)
Vor allem die erniedrigenden Akte können Auswirkungen auf das hohe Strafmaß gehabt haben. Daher hatte die Revision Erfolg. Eine andere Strafkammer des Landgerichts muss sich erneut mit der Sache beschäftigen.
BGH, Beschluss vom 30. August 2012, Az.: 5 StR 394/12