Die Beweiswürdigung im Strafprozess

Im Strafprozess geht es maßgeblich um die Frage, ob das erkennende Gericht von der Täterschaft des Angeklagten überzeugt ist. Das Revisionsgericht hat nur zu beurteilen, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind, eine eigene Beweiswürdigung der Sache darf das Revisionsgericht grundsätzlich nicht selbst durchführen. Nach ständiger Rechtsprechung liegt solch ein Rechtsfehler bei der Beweiswürdigung vor, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat. Auch in dem hier behandelten Fall (BGH, Beschluss vom 20. Februar 2013, Az.: 5 StR 466/12) ging es primär um die Beweiswürdigung.

Der strafrechtliche Sachverhalt

Die zur Tatzeit 13-Jährige Nebenklägerin bezichtigte den Angeklagten, er habe sie sexuell missbraucht. In der Wohnung des Angeklagten soll er der Zeugin den Finger in die Scheide eingeführt und anschließend den Geschlechtsverkehr mit ihr durchgeführt haben. Laut Anklage soll er sie dabei auch mit einer Geschlechtskrankheit angesteckt haben. Darüber hinaus sollen pornografische Fotos der Zeugin durch den Angeklagten erstellt worden sein. Strafrechtlich stand somit der Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung im Sinne des § 176a Abs. 2 Nr. 1, § 223 Abs. 1 StGB und der Erwerb von kinderpornographischer Schriften im Sinne des § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB im Raum.

Die Revisionsgründe der Staatsanwaltschaft

Im Verfahren sprach das Landgericht Frankfurt am Main den Angeklagten in diesen Fällen frei. Es hatte auch am Ende der Hauptverhandlung noch Zweifel an der Täterschaft. Die Staatsanwaltschaft legte dagegen Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) ein.

Bezüglich des Geschlechtsverkehr trug die Strafverteidigung vor, dass der Angeklagte die Vermutung habe, dass ein Geschlechtsverkehr auf ihn projiziert worden sein könnte. Möglicherweise habe die Zeugin ein sexuelles Erlebnis mit ihrem Freund gehabt. Das Landgericht sah ein mögliches Falschbelastungsmotiv der Zeugin darin, dass sie möglicherweise ihren Freund vor einer strafrechtlichen Verfolgung schützen wollte.

Auch bei den Fotos hatte das Landgericht erhebliche Zweifel. Unter anderem war auch ein junger Mann auf den Fotos abgebildet, der nach Ansicht des Gerichts von der Figur her nicht der Angeklagte gewesen sein kann. Da der Angeklagte angab, er habe der Zeugin die Schlüssel für die Betreuung seiner Wohnung in seiner Abwesenheit überlassen, sei es ferner möglich, dass die Zeugin die Fotos mit ihrem Freund in der Wohnung des Angeklagten ohne sein Wissen angefertigt habe.

Die Revisionsentscheidung des BGH

Der BGH teilte nicht die Ansicht der Staatsanwaltschaft, dass das Landgericht konkreter auf alle Einzeltaten hätte eingehen müssen. Es reicht aus, dass das Revisionsgericht den Freispruch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe überprüfen kann. Weitere Ausführungen des Landgerichts hätte es nur dann bedurft, wenn die Fallgestaltung weiteren Eröterungsbedarf verlangt hätte. Dies war hier nicht der Fall und deswegen bestätigt der Senat den Freispruch des Angeklagten.

Siehe dazu: BGH, Beschluss vom 20. Februar 2013, Az.: 5 StR 466/12

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