Sind die Angaben eines Opfers im Falle des sexuellen Missbrauchs von Kindern nur „insoweit“ glaubhaft, so ist der Zeuge nicht insgesamt glaubwürdig.
Das Landgericht Erfurt verurteilte den Angeklagten strafrechtlich unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern. Dabei stützte das Gericht sein Urteil auf die Aussage des Opfers unter Inanspruchnahme eines Glaubhaftigkeitsgutachtens. Die Kammer nahm an, dass die Schilderung des Opfers mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einem wahren Erlebnishintergrund beruhige. Deswegen wurde die Zeugin insgesamt als glaubwürdig angesehen.
Die Strafverteidigung hatte mit ihrer Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) Erfolg. Im Revisionsprozess stellt der BGH nunmehr fest, dass der Sachverständige in seinem Gutachten lediglich zum Ergebnis kommt, dass die Zeugenaussage nur „insoweit“ als glaubhaft anzusehen sei und das Gutachten anschließend einzelne Handlungen aufführe. Andere Handlungen schienen also nicht auf tatsächlich Erlebtem zu beruhen. Damit stellt der BGH fest:
„Insoweit hatte die Zeugin weitergehende Angaben gemacht, die über diese als glaubhaft geschildert bewerteten Tathandlungen hinausgingen. Diesen Widerspruch zur Annahme, die Zeugin sei insgesamt glaubhaft, übersieht das Landgericht genauso wie den Umstand, dass selbst bei Zugrundelegung der als glaubhaft angesehenen Angaben der Schuldspruch hiervon nicht getragen wird.““
Darüber hinaus verurteilt das Gericht zum Teil für mehrere gleichgelagerte sexuelle Handlungen und Aufforderungen, wovon der Gutachter aber jeweils nur eine Handlung als glaubwürdig feststellte. Damit folgt der BGH der Ansicht des Anwalts und gibt der Revision statt.
BGH, Beschluss vom 13. Februar 2013, Az.: 2 StR 576/12