Drogen

  • Vor der Jugendkammer des Landgerichts Saarbrücken muss sich ein 15-jähriger Jugendlicher verantworten. Ihm wird Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen.
    Laut Anklage habe er einen 17-jährigen Jugendlichen mit der Faust gegen den Kopf geschlagen. Dieser war bewusstlos und verstarb später im Krankenhaus an einer Hirnblutung. Dem ging voraus, dass das Opfer Mädchen Alkohol und Drogen angeboten hatte.
    Der Angeschuldigte gestand die Tat. Er hat bereits zuvor in zwei Fällen andere mit Tritten und Schlägen verletzt.
    Das Gericht muss über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden. Im Falle einer Verurteilung droht dem Jugendlichen sogar eine Jugendstrafe.

    ( Quelle: Tageblatt online vom 11.10.2011 )


  • Das Landgericht Berlin hat den Angeklagten wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt.

    Hiergegen legte die Strafverteidigung des Angeklagten Revision ein.

    Das Landgericht hat nach Prüfung des § 46 StGB (Grundsätze der Strafzumessung) ausführlich dargelegt, dass der Angeklagte es geschafft hat, den Weg aus der Sucht zu finden.

  • BGH, Urteil vom 10.02.2011, Az.: 4 StR 576/10

    Das Landgericht Magdeburg hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln jeweils in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und das sichergestellte Heroin eingezogen.

    Der in Polen lebende Angeklagte wollte sich in Berlin einen zum Verkauf stehenden Pkw ansehen. Bei einer Pause in der Nähe der deutsch-polnischen Grenze wurde er von einem Unbekannten angesprochen, ob er sich 5.000 € verdienen wolle. Dafür müsse er lediglich etwas nach Amsterdam bringen. Der Angeklagte stimmte zu, obwohl ihm bewusst war, dass es sich durchaus um einen Drogentransport handeln könnte. Daraufhin wurde das Heroin in Abwesenheit des Angeklagten zum Teil hinter der Beifahrertürverkleidung und zum Teil im Frontbereich der Fahrerseite eingebaut. Bei einer Kontrolle in der Nähe von Magdeburg wurde das Heroin entdeckt und sichergestellt.

    Das Landgericht hat bei der Strafzumessung strafschärfend die erhebliche Menge (insgesamt 50 kg Heroin mit einem Wirkstoffgehalt von 70 % Heroinhydrochlorid) der Droge berücksichtigt. Strafmildernd wurde bewertet, dass sich sein (bedingter) Vorsatz nur auf das in der Beifahrertür eingebaute Heroin, also etwa ein Viertel der Gesamtmenge, bezogen habe. Dabei handelte es sich um 13,5 kg.

    Gegen diese Entscheidung legte die Staatsanwaltschaft Revision ein. Sie rügte, dass das Gericht nicht geprüft habe, ob bezüglich der restlichen Menge Fahrlässigkeit vorliegt. Auch falls dies nicht der Fall ist, sei die Strafe noch zu milde.

    Der Strafsenat führ dazu aus:

    „Dieselbe Tathandlung kann bei Verletzung desselben Rechtsguts nicht gleichzeitig als vorsätzliche und als fahrlässige angesehen werden (RGSt 16, 129; BGH, Beschluss vom 16. Juni 1997 – 2 StR 231/97, NStZ 1997, 493). Vorsatz und Fahrlässigkeit schließen einander schon begrifflich aus, sie stehen allerdings in einem normativ-ethischen Stufenverhältnis (BGH, Beschluss vom 18. August 1983 – 4 StR 142/82, BGHSt 32, 48, 57), so dass bei unklarer Beweislage nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ wegen Fahrlässigkeit verurteilt werden kann (Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil Band I, 4. Aufl. § 24 Rn. 79). Eine Idealkonkurrenz zwischen vorsätzlichem und fahrlässigem Verhalten entsteht bei einer Handlung nicht dadurch, dass der Täter die Folgen des Verhaltens nur teilweise gewollt und teilweise fahrlässig herbeigeführt hat (RGSt 16, 129). Selbst bei einem zweiaktigen Tatgeschehen ist die fahrlässige Begehung eines Delikts gegenüber der am selben Objekt begangenen vollendeten vorsätzlichen im Schuldspruch nicht zum Ausdruck zu bringen. Vielmehr ist die fahrlässige Begehungsform subsidiär (BGH, Urteil vom 30. März 1993 – 5 StR 720/92, BGHSt 39, 195, 199; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. Vorbem. §§ 52 ff. Rn. 119; vgl. auch BGH, Urteil vom 31. März 1955 – 4 StR 51/55, BGHSt 7, 287, 289 [Tatmehrheit]).
    Ist die Einfuhr von oder das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln durch eine Handlung vorsätzlich vorgenommen worden, scheidet eine durch Fahrlässigkeit herbeigeführte Einfuhr von oder ein fahrlässiges Handeltreiben mit derselben Rauschgiftmenge durch diese Handlung aus. § 29 Abs. 4 BtMG kommt dann nicht zur Anwendung.“

    Damit stellt der BGH klar, dass hier nur eine Handlung des Angeklagten vorliegt, es kann nicht von zwei Delikten ausgegangen werden:

    „Zwar können sich verschiedene Straftatbestände des Betäubungsmittelgesetzes auf Teilmengen einer Gesamtrauschgiftmenge beziehen, etwa beim Erwerb von Rauschgift zum Eigenkonsum und zum Handeltreiben. Im vorliegenden Fall kämen aber nicht hinsichtlich der Tathandlung verschiedene Tatbestände, sondern nur solche zur Anwendung, die sich allein in der Schuldform unterscheiden. Insoweit scheidet eine Aufteilung aus. Für eine Ausurteilung des fahrlässig verursachten zusätzlichen Erfolges im Schuldspruch besteht auch kein kriminalpolitisches Bedürfnis. Bei der Strafzumessung kann die Einfuhr einer größeren Menge, als der Täter sich vorgestellt hat, im Falle fahrlässigen Handelns ohnehin strafschärfend berücksichtigt werden (BGH, Urteil vom 6. September 1995 – 2 StR 310/95, StV 1996, 90; Urteil vom 21. April 2004 – 1 StR 522/03).“

    Der BGH schließt sich folglich der Entscheidung des Landgerichts an. Es handelt sich um die vorsätzliche Einfuhr in Höhe der 13,5 kg Heroin. Die fahrlässige Einfuhr der Restmenge scheidet durch dieselbe Handlung aus.


  • Betäubungsmittelstrafrecht: Die jetzt 35 Jahre alte Antragstellerin wurde durch Urteil des Landgerichts wegen 118 Fällen des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln u.a. zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt, auf die 282 Tage Untersuchungshaft angerechnet wurden.

    Die Vollstreckung dieser Strafe wurde durch den Bescheid der Staatsanwaltschaft gemäß § 35 BtMG zur Durchführung einer stationären Drogentherapie zurückgestellt.

    Die Antragstellerin befand sich sodann nur für ca. vier Wochen in der Therapieeinrichtung, weil sie wegen wiederholter Regelverstöße disziplinarisch entlassen wurde. Daraufhin widerrief die Staatsanwaltschaft die Zurückstellung der Strafe für den unerlauben Drogenkauf.

    Einen Antrag der Frau auf erneute Zurückstellung lehnte die Staatsanwaltschaft ab. Dabei hatte die Frau eine stationäre Drogentherapie begonnen, welche bereits fortgeschritten war. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Einrichtung – insbesondere da es sich um eine Selbsthilfeeinrichtung handele – für die Antragstellerin ungeeignet sei. Dem stimmte die Generalstaatsanwaltschaft zu.

    Gegen diesen Bescheid wendete sich die Antragstellerin nun in höherer Instanz:

  • BGH, Beschluss vom 15.02.2011, Az.: 1 StR 676/10

    Nach Feststellungen des Landgerichts hatten die Angeklagten eine zum Weiterverkauf bestimmte Menge von 567 Gramm reinem Kokain bei unbekannten Drogenhändlern in Venezuela. Entsprechend des gemeinsamen Plans wurde das Betäubungsmittel in eine Wanduhr eingearbeitet und dann per Luftfracht nach Deutschland versandt. Empfängerin sollte die Mutter eines Angeklagten sein. Zollbeamte am Londoner Flughafen entdeckten das Betäubungsmittel und kontaktierten die zuständigen deutschen Zollbehörden. Es wurde vereinbart, das Paket weiter zu schicken und dabei überwacht wird. Die in Deutschland warteten Zollbeamten beschlagnahmten sodann das Paket. Im Zuge der weiteren Ermittlungen wurde an die Empfängerin lediglich eine Kopie der Uhr ausgeliefert, die kein Betäubungsmittel enthielt.
    Das Landgericht hat die Angeklagten wegen (vollendeter) unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu Freiheitsstrafen von sechs und acht Jahren verurteilt. Der nicht revidierende Angeklagte wurde zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
    Nach Ansicht des BGH hält die Verurteilung wegen vollendeter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG) der rechtlichen Nachprüfung nicht stand:

    „Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen nicht einheitlich verwendete Begriff der „Einfuhr“ jeweils nach seinem speziellen Sinn und Zweck ausgelegt werden. Im Betäubungsmittelstrafrecht ist dies der Schutz der inländischen Bevölkerung vor den Gefahren der Drogensucht (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 1986 – 2 StR 335/86, BGHSt 34, 180, 181; vgl. allgemein auch Jäger in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 372 AO Rn. 9 ff.). Einfuhr i.S.d. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG bedeutet danach das Verbringen eines Betäubungsmittels aus dem Ausland über die Grenze in das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland. Vollendung tritt daher grundsätzlich in dem Moment ein, in dem das Betäubungsmittel diese Grenze passiert (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 1986 – 2 StR 335/86, aaO; BGH, Urteil vom 22. Februar 1983 – 5 StR 877/82, BGHSt 31, 252, 254).
    Nach den Feststellungen hat das von den Angeklagten in Venezuela bestellte Kokain, das auf ihre Veranlassung hin in eine Wanduhr eingearbeitet und anschließend mit der Post versandt wurde, zwar die deutsche Grenze passiert. Dieser „Taterfolg“ i.S.d. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG kann den Angeklagten entgegen der Auffassung des Landgerichts vorliegend jedoch nicht zugerechnet werden, da die bewachte Weiterleitung des Kokains nach dessen Entdeckung in London durch die britischen Zollbehörden eine wesentliche, nicht mehr vom Vorsatz der Angeklagten umfasste Abweichung im Kausalverlauf darstellt.“

    Damit kann nach Ansicht des BGH keine Vollendung vorliegen. Grund dafür ist die Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf, die vorliegt, da die Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren überschritten wurden. Zwar blieb der Weg des Pakets per Luftfracht. Dabei hat das Landegericht aber nicht in ausreichendem Maß berücksichtigt, dass die geplante Einfuhr durch die Entdeckung zu diesem Zeitpunkt schon gescheitert war. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Angeklagten die Einfuhr auch nach Entdeckung so noch wollten.
    Somit lag keine vollendete Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vor. Vielmehr kommt lediglich ein (fehlgeschlagener) Versuch der Betäubungsmitteleinfuhr in Betracht.


  • Das Landgericht Erfurt hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.

    Gegen diese Entscheidung legte der Angeklagte durch seine Strafverteidigung die Revision ein.

    Das Landgericht hat seine Entscheidung vor allem auf die Aussagen eines Zeugen gestützt. Dieser allerdings gab zunächst an, bei einem anderen bestellt zu haben und vom Angeklagten lediglich ab Ende 2006 mit Haschisch beliefert worden zu sein. Bei der polizeilichen Vernehmung hatte er angegeben, dass die Lieferungen erst im Sommer 2007 begonnen haben. Dabei hat er abwechselnd den anderen Zeugen sowie den Angeklagten als Lieferanten genannt.

  • BGH, Beschluss vom 15.02.2011, Az.: 3 StR 491/10

    Das Landgericht Verden hat den Angeklagten wegen „Beihilfe zum unerlaubten bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge als Mitglied einer Bande in zwei Fällen“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Gegen diese Entscheidung legte der Angeklagte Revision ein.

    Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte zweimal unter falschen Namen jeweils ein Haus für andere Personen anmietete. Dort sollte Cannabis angebaut werden. Die dafür benötigten Mittel sollten von einem bereits bekannten Holländer geliefert werden. Dieser wollte das Cannabis auch später in den Niederlanden verkaufen. Es war also bereits geplant, die Ernte gewinnbringend zu veräußern. Es kam zur Errichtung einer Plantage in einem der beiden angemieteten Häuser. Am Tag der Durchsuchung wiesen die Pflanzen dort einen Gesamtwirkstoffgehalt von 925,6 Gramm THC auf.
    Der BGH befasste sich mit der Frage, ob hier wirklich zwei Fälle der Beihilfe zum Handeltreiben vorlagen. Voraussetzung dafür ist, dass überhaupt zwei Fälle des Handeltreibens als Haupttaten vorliegen, zu denen der Angeklagte Beihilfe leisten konnte. Dazu der BGH:

    „Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256). Hiervon sind solche Handlungen abzugrenzen, „die lediglich typische Vorbereitungen darstellen, weil sie weit im Vorfeld des beabsichtigten Güterumsatzes liegen“ (BGH aaO, 265 f.). Dabei ist auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles abzustellen. Zwar kann die Aufzucht von Cannabispflanzen durchaus den Tatbestand des Handeltreibens erfüllen, wenn der Anbau auf die gewinnbringende Veräußerung der herzustellenden Betäubungsmittel zielt (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2008 – 3 StR 409/08, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Handeltreiben 5; Beschluss vom 12. Januar 2005 – 1 StR 476/04, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Handeltreiben 4; Urteil vom 27. Juli 2005 – 2 StR 192/05, NStZ 2006, 578). Jedoch hatte nach den Feststellungen in dem zuerst angemieteten Haus der Anbau nicht begonnen. Auch ein versuchter Anbau, zu dem es regelmäßig erst mit dem Heranschaffen des Saatgutes an die vorbereitete Fläche kommt (vgl. Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 60; Körner, BtMG, 6. Aufl., § 29 Rn. 82; Franke/Wienroeder, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 7; Joachimski/Haumer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Rn. 10), liegt nicht vor.“

    Der 3. Strafsenat des BGH stellt weiter klar, dass in der Anmietung eines Hauses zwecks Betreiben einer Cannabis-Plantage oder anderer Betäubungsmittel lediglich eine straflose Vorbereitungshandlung vorliegt:

    „Unter dem strafrechtlichen Aspekt des Anbaus von Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG liegt daher in der Anmietung des Hauses lediglich eine straflose Vorbereitungshandlung. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts kann aus der weiten Auslegung, den der Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in der Rechtsprechung erfahren hat, nicht geschlossen werden, dass das Anmieten des Hauses dennoch für die Haupttäter allein deswegen bereits vollendetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge darstellt, weil geplant war, in dem Haus Cannabis anzubauen, das gewinnbringend weiterveräußert werden sollte. Allein dieser Plan ändert nichts daran, dass es sich bei der Anmietung des Hauses bei wertender Betrachtung lediglich um eine typische Vorbereitungshandlung weit im Vorfeld des beabsichtigten Güterumsatzes handelt (vgl. Weber aaO Rn. 455 und 558).“

    Damit stellte der BGH klar, dass nur ein Fall des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln vorliegt.  Die bloße Anmietung des Hauses stellt lediglich eine straflose Vorbereitungshandlung dar. Das Kriterium des „unmittelbaren Ansetzens“ nach § 22 StGB sei noch nicht erfüllt. Daher konnte der Angeklagte dazu keine Beihilfe leisten. In dem Fall, in dem die Plantage bereits angelegt war, liegt eine Tat vor, zu der der Angeklagte auch Beihilfe leistete.


  • BGH, Beschluss vom 28. Juli 2011, Az.: 4 StR 283/11

    Das Landgericht Essen hat die Angeklagte wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer anderen Verurteilung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt.

    Wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen hat es gegen die Angeklagte unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer Entscheidung  ebenfalls eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verhängt.
    Darüber hinaus ist der Verfall von Wertersatz in Höhe von 11.000 Euro angeordnet worden.
    Auf die Revision der Strafverteidigung des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen aufgehoben, soweit der Angeklagten die Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist.

    Dazu der BGH:

    „Die Strafkammer hat sich in den Urteilsgründen mit der Frage, ob die Vollstreckung der beiden – jeweils aussetzungsfähigen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 1984 – 5 AR (VS) 20/84, BGHSt 33, 94, 96) – Gesamtfreiheitsstrafen von einem Jahr und neun Monaten gemäß § 58 Abs. 1, § 56 Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden kann, nicht befasst. Unabhängig von der verfahrensrechtlichen Vorschrift des § 267 Abs. 3 Satz 4 StPO sind aus materiell-rechtlichen Gründen Ausführungen im Urteil zur Strafaussetzung zur Bewährung erforderlich, wenn eine Erörterung dieser Frage als Grundlage für die revisionsgerichtliche Nachprüfung geboten ist (BGH, Beschlüsse vom 8. Juni 2011 – 4 StR 111/11; vom 5. März 1997 – 2 StR 63/97; vgl. auch BGH, Beschluss vom 18. Oktober 1985 – 4 StR 559/85, StV 1986, 58; Urteile vom 21. April 1986 – 2 StR 62/86, NStZ 1986, 374; vom 29. April 1954 – 3 StR 898/53, BGHSt 6, 167, 172). Dies ist hier der Fall, weil angesichts der konkreten Umstände des Falles eine Strafaussetzung zur Bewährung nicht so fern liegt, dass eine ausdrückliche Erörterung der Aussetzungsfrage entbehrlich erscheint. Die – von den hier abgeurteilten Taten abgesehen – nur geringfügig strafrechtlich in Erscheinung getretene Angeklagte hat ein umfassendes Geständnis abgelegt, mit dem sie sich nach Ansicht des Landgerichts erkennbar von dem von ihr begangenen Unrecht distanziert hat. Ausweislich der Feststellungen ermöglichte sie durch ihre bereits im Zuge des Ermittlungsverfahrens gemachten Angaben erhebliche Ermittlungserfolge, die zur Aufklärung bislang unbekannter Straftaten aus dem Betäubungsmittelbereich führten.“

    Damit legt der BGH fest, dass sich das Gericht mit der Frage der Aussetzung aussetzungsfähiger Strafe befassen muss. Es bedarf dabei einer Erörterung bzw. Begründung, sofern die Gründe nicht direkt ersichtlich sind.


  • Der Angeklagte wurde vom Landgericht Bielefeld wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung und wegen besonders schwerer Vergewaltigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.

  • Nachdem ein Polizeiarzt aus Bremen schon einmal freigesprochen wurde, erging nun nach zwischenzeitlicher Aufhebung des Urteils durch den BGH der zweite Freispruch.
    Der Arzt hatte 2004 einem 35-jährigen Kleindealer Brechmittel verabreicht, um Drogen ( BtMG )–  Kokainpäckchen – zu finden, welche oft bei der Festnahme von Dealern verschluckt werden. Der Mann fiel jedoch ins Koma und verstarb wenig später.

    Der Arzt wurde dann wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung und der vorsätzlichen Körperverletzung angeklagt. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Freiheitsstrafe, die Strafverteidigung plädierte auf Freispruch. Das Gericht konnte die Todesursache nicht sicher nachweisen, weshalb der Polizeiarzt freigesprochen wurde. Auf die Revision hin kassierte der BGH das Urteil und verwies es an das Gericht zurück. Dieses sprach den Arzt im Juni erneut frei, da immer noch Zweifel bezüglich der Todesursache bestünden. Eine Verurteilung könne daher nicht erfolgen, da dann der Grundsatz „in dubio pro reo“ – „im Zeifel für den Angeklagten“ – unterlaufen würde. Jetzt legte sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Nebenklage Revision ein, so dass sich der BGH erneut damit befassen muss.
    Besonders problematisch ist, dass der Brechmitteleinsatz durch die Polizei lange Zeit zwar eine heftig umstrittene, aber dennoch praktizierte Methode in Deutschland war. Es ist also fraglich, ob der Arzt für diese damals „normale“ Vorgehensweise verurteilt werden kann, selbst wenn die Todesursache feststehen würde.

    Mittlerweile wird die Verabreichung von Brechmitteln so nicht mehr praktiziert. Grund dafür ist insbesondere ein Urteil des europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) aus dem Jahre 2006, der im Einsatz von Brechmitteln vor allem einen Verstoß gegen das Folterverbot aus Art. 3 EMRK sah (NJW 2006, 3117 ff.).
    ( Quelle: Süddeutsche online vom 21.06.2011 )


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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