Strafverfahren

  • Der Beschwerdeführer war als Verteidiger in zwei Verfahren bereits während des Ermittlungsverfahrens tätig. Diese wurden mit Beschluss zur gemeinsamen Entscheidung und Verhandlung verbunden. Bei dem dabei führenden Verfahren wurde der Beschwerdeführer allerdings erst nach der Verbindung als Pflichtverteidiger bestellt.

    Den in diesem Zusammenhang ergangenen Vergütungsfestsetzungsbeschluss hatte der Beschwerdeführer mit der Erinnerung angefochten. Diese wurde durch Beschluss zurückgewiesen. Daraufhin legte der Beschwerdeführer die „sofortige Beschwerde“ ein, welche als hier statthafte „Beschwerde“ ausgelegt wurde.

    Dazu führte nun das Landgericht aus:

  • Der Beschleunigungsgrundsatz in Haftsachen (U-Haft) ist eine Grundmaxime des Strafprozessrechts. Damit ist gemeint, dass ein Verfahren so schnell wie möglich durchzuführen ist, um die erheblichen Beeinträchtigungen für den Angeklagten so gering wie möglich zu halten. Festgelegt ist dies insbesondere in Art. 6 I 1 der EMRK.

    Im vorliegenden Fall sollte eine Haftprüfung gemäß §§ 121, 122 StPO erfolgen. Allerdings hat sich das Gericht dazu entschieden, eine Erörterung des Verfahrensstandes nach § 202a S. 1 StPO durchzuführen. Dabei kam die Frage auf, ob dies im Fall der Haftprüfung dem Beschleunigungsgrundsatz widerspricht und den Angeklagten durch die zusätzliche Zeit übermäßig belastet.

  • BGH,  Urteil vom 02.03.2011, Az.: 2 StR 524/10

    Das Landgericht hatte das Verfahren gegen den Angeklagten gemäß § 260 III StPO eingestellt. Als Verfahrenshindernis sah das Gericht hier die unzureichenden Angaben in der Anklage, welche den Anforderungen des § 200 I 1 StPO nicht gerecht wurden.

    Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft Revision ein, woraufhin der BGH das Urteil zum Teil aufhob und es in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts zurück verwies.

    Der BGH hatte sich dabei mir der Frage befasst, wie detailliert Einzelakte beschrieben werden müssen, wenn es sich um eine Vielzahl gleichartiger Delikte – hier Betrug – handelt, welche zu einer Tateinheit verbunden werden.

    Grundsätzlich sind an eine Anklage hohe Anforderungen zu stellen, da es sich dabei um wichtige Informationen für den Angeklagten und dessen Verteidigung handelt. Um also eine gute und umfassende Verteidigung gewährleisten zu können, sind eben diese detaillierten Informationen erforderlich.

    Dazu führte der BGH aus:

    Bei einer Vielzahl gleichartig begangener Betrugsdelikte müssen zu deren Konkretisierung grundsätzlich auch die Geschädigten der einzelnen Fälle benannt und diese so dargestellt werden, dass sie von etwaigen weiteren Fällen durch nähere Einzelheiten oder Begleitumstände unterscheidbar sind (vgl. BGH StV 2007, 171 f.; KK-Schneider 6. Aufl. § 200 StPO Rn. 11 mwN). Dies gilt jedoch nur, wenn die Serienstraftaten je für sich prozessual als selbständige Taten zu werten sind, etwa weil sie auch materiell-rechtlich in Realkonkurrenz stehen (vgl. BGH NJW 2008, 2131, 2132; NStZ 2008, 352). Wird dagegen eine Vielzahl gleichartiger Einzelakte durch dieselbe Handlung des Beschuldigten zu gleichartiger Tateinheit und damit auch prozessual zu einer Tat verbunden, genügt die Anklage ihrer Umgrenzungsfunktion, wenn die Identität dieser Tat klar gestellt ist. Einer individualisierenden Beschreibung ihrer Einzelakte bedarf es bei einer solchen Fallgestaltung nicht, um den Prozessgegenstand unverwechselbar zu bestimmen.

    Das heißt, dass es für den BGH in erster Linie auf die Abgrenzbarkeit der Taten voneinander ankommt. Stehen die Taten allerdings in Tateinheit, so müsse die Umgrenzung der Taten in der Anklage ausreichend sein.

    Aus diesem Grund hatte die Revision der Staatsanwaltschaft gegen die Einstellung des Landgerichts auch teilweise Erfolg.

  • 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs, Az.: 3 StR 477/10

    Das Landgericht verurteilte Angeklagten T wegen Diebstahls in drei Fällen sowie wegen versuchten Diebstahls in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unbefugtem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren.
    Dagegen legte der Angeklagte Revision ein.

    Der 3. Strafsenat erachtet die Revision des Angeklagten für begründet, da der Schuldspruch wegen des unbefugten Gebrauchs eines Kraftfahrzeuges gemäß § 248b I StGB einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht standhält.

    Aus dem Wortlaut des Beschluss:

    „Entgegen der Darstellung in den Urteilsgründen wurde der für die Strafverfolgung dieses Delikts gemäß § 248b III StGB erforderliche Strafantrag des Verletzten nicht gestellt  Vielmehr liegt insoweit lediglich eine Strafanzeige vor. Der gestellte Strafantrag bezieht sich auf den im Anschluss unter Verwendung des Lkw versuchten Diebstahl. Somit fehlt es an einer nicht mehr nachholbaren Verfahrensvoraussetzung.“

    Der Strafsenat änderte aufgrund der erfolgreichen Revision den Schuldspruch entsprechend § 354 I StPO ab.

    Auf die Einhaltung des Strafantragserfordernisses ist stets beim Aktenstudium besonderes Augenmerk zu legen. Die Formerfordernisse ergeben sich aus den §§ 77 ff. StGB. Der Antragssteller muss in der Regel Verletzter im Sinne des jeweiligen Straftatbestandes sein. Insbesondere die Antragsfrist von 3 Monaten ab Kenntnis von Tat und Täter gem. § 77b StGB muss eingehalten worden sein.

    Fällt erst im Laufe eines Verfahrens auf, dass es an einem wirksamen Strafantrag fehlt, ist oftmals die Antragsfrist bereits überschritten und bei sog. „absoluten Antragsdelikten“ das Verfahren aufgrund eines dauernden Verfahrenshindernisses einzustellen.
    Ein schneller und sicherer Erfolg für die Verteidigung, da bei einer Einstellung mangels wirksamen Strafantrages die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen in der Regel der Staatskasse zur Last fallen.


  • 1. Strafsenat des OLG Oldenburg, Az.: 1 Ws 128/11

    Die Staatsanwaltschaft Oldenburg klagte den Angeschuldigten am AG Jever an,  er habe in der Zeit vom 5. April 2008 bis zum 26. Januar 2010 durch 71 Straftaten, davon in 45 Fällen gemeinschaftlich mit der Mitangeschuldigten G und S handelnd

    1. gewerbsmäßige Betrugshandlungen begangen, wobei es in fünfzehn Fällen beim Versuch blieb
    2. Untreue
    3. gewerbsmäßige Betrugshandlungen in Tateinheit mit Missbrauch von Scheck und Kreditkarten begangen.

    Das AG Oldenburg erließ aufgrund dieser Vorwürfe auf Antrag der Staatsanwaltschaft gegen den Angeschuldigten gemäß § 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO einen Untersuchungshaftbefehl wegen Wiederholungsgefahr. Seit dem 27. September 2010 befindet sich der Angeschuldigte in Untersuchungshaft. Mit Beschluss vom 9. Dezember 2010 hielt das AG Jever den Haftbefehl im Haftprüfungsverfahren aufrecht.

    Der Angeschuldigte legte dagegen Haftbeschwerde ein. Das AG Oldenburg half dieser jedoch  nicht ab. Nach Eingang der Akten beim Landgericht Oldenburg am 24. Februar 2011 hat dieses die Haftbeschwerde als Antrag auf Haftprüfung behandelt und den Haftbefehl aufrechterhalten.

    Hiergegen und gegen den Haftbefehl wendet sich der Angeschuldigte mit der Beschwerde. Das Landgericht half dieser ebenfalls nicht ab und legte diese mit den Akten zur Entscheidung dem OLG Oldenburg vor.

    Vor dem 1. Strafsenat des OLG Oldenburg war die weitere Beschwerde schließlich erfolgreich. Das Gericht hielt die Beschwerde des Angeschuldigten für zulässig und begründet. Der Ablauf des Verfahrens sei mit dem in Haftsachen nach Art. 2 Abs. 2 GG zu beachtenden Beschleunigungsgrundsatz unvereinbar und daher sei eine weitere Untersuchungshaft auf seiner Grundlage nicht verhältnismäßig.

    Aus dem Wortlaut des Beschluss:

    „Das Verfahren ist nicht mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden.
    Der Haftbefehl vom 22.09.2010 beinhaltet Vorwürfe von Straftaten, die zwischen dem 5. April 2008 und 26. Januar 2010 begangen wurden. Die Anklage vom 27.09.2010, die Anfang Oktober beim AG Jever einging, wurde erst gemäß Verfügung vom 08.11.2010 dem Verteidiger des Angeschuldigten zugestellt. Über eine Zulassung der Anklage ist bis heute, nicht entschieden worden.
    Zwar ist dies hauptsächlich auf den Kompetenzkonflikt zwischen dem AG Jever und dem LG Oldenburg zurückzuführen, der erst am 24.02.2011 durch die Übernahme des Verfahrens durch das LG Oldenburg endete. Das rechtfertigt aber nicht die damit einhergehende Verzögerung in dieser Haftsache.
    Die infolge dieser ungewöhnlichen und langwierigen Verfahrensweise eingetretene erhebliche Verzögerung des Verfahrens widerspricht dem Beschleunigungsgebot in Haftsachen und darf sich nicht zu Lasten des Angeschuldigten auswirken. Gerichtliche Bemühungen um eine Verfahrensverbindung sind gegenüber dem Beschleunigungsgrundsatz in Haftsachen nachrangig. Der in Untersuchungshaft gehaltene Angeschuldigte hat ein Recht darauf, dass die Haftsache mit größtmöglicher Beschleunigung betrieben wird. Somit müssen die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen. Dies verlangt der verfassungsrechtlich verankerte Beschleunigungsgrundsatz (BVerfGE 20, 45. 36, 264). An den zügigen Fortgang des Verfahrens sind dabei umso strengere Anforderungen zu stellen, je länger die Untersuchungshaft schon andauert (BVerfG StV 2006, 81). Kommt es zu vermeidbaren erheblichen und dem Staat zuzurechnenden Verfahrensverzögerungen, wobei es auf eine wie auch immer geartete Vorwerfbarkeit nicht ankommt, liegt ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG vor (BVerfG NJW 2006, 1336. OLG Nürnberg StV 2011, 39).“

    Aufgrund der erfolgreichen weiteren Beschwerde hob das OLG Oldenburg den Haftbefehl und die Haftfortdauerentscheidung des LG Oldenburg auf und veranlasste die unverzüglich Freilassung des Angeschuldigten aus der U-Haft.


  • Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen den Beschuldigten wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen. In einem Vermerk erklärte die Staatsanwaltschaft, dass es vertretbar erscheine, das Verfahren im Falle einer geständigen Einlassung des Beschuldigten und vorbehaltlich der einzuholenden Zustimmung des zuständigen AG Kleve gemäß § 153a I Nr. 2 StPO gegen Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von 1000 EUR einzustellen. Dies wurde dem Verteidiger des Beschuldigten übersandt, mit der Frage, ob der Mandant mit der Einstellung gemäß § 153a StPO einverstanden sei.

    Mit Schreiben seines Verteidigers gab der Beschuldigte eine Einlassung zum Tatgeschehen ab und erklärte sich hinsichtlich der Zahlung und zur Einstellung des Verfahrens einverstanden. Die Staatsanwaltschaft holte die Zustimmung des AG Kleve ein. Die zuständige Richterin beim AG Kleve erklärte die Zustimmung zur Einstellung gemäß § 153a StPO. Dies teilte die Staatsanwaltschaft dem Verteidiger des Beschuldigten mit. Kurze Zeit später teilte der bearbeitende Staatsanwalt dem Verteidiger des Beschuldigten mit, dass eine Einstellung gemäß § 153a StPO nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht in Betracht käme. Vielmehr werde nun beabsichtigt, einen Strafbefehl zu beantragen. Dies legte die Staatsanwaltschaft Kleve in einem Vermerk nieder, der dem Verteidiger des Beschuldigten übersandt wurde. Am gleichen Tag überwies der Beschuldigte den geforderten Betrag von 1000 EUR gemäß der Auflage. Der Verteidiger des Beschuldigten nahm in einem Schriftsatz Stellung.

    Die Staatsanwaltschaft Kleve beantragte kurz darauf, einen Strafbefehl gegen den Beschuldigten zu erlassen und diesen zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 80 EUR zu verurteilen.

    Das AG Kleve lehnte durch Beschluss den Erlass des beantragten Strafbefehls ab. Begründet wurde dies damit, dass mit der Erfüllung der im Einstellungsverfahren gemäß § 153a StPO erteilten Auflage ein Strafklageverbrauch und damit ein Verfahrenshindernis eingetreten sei. Mit dem verbindlichen Angebot einer Einstellung des Verfahrens, der Zustimmung des Beschuldigten und der Zustimmung des Amtsgerichts sei eine Bindungswirkung eingetreten. Mit Überweisung des Geldbetrages von 1000 EUR sei endgültig Strafklageverbrauch eingetreten.

    Dagegen legte die Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde ein.

  • Strafsenat des OLG Celle, Az.: 32 Ss 152/10

    Der Angeklagte K. wurde wegen Anstiftung zu einer durch den Mitangeklagten Z. begangener versuchten Nötigung in drei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung, in Tatmehrheit mit Nötigung in Tateinheit mit Störung des öffentlichen Friedens in Tatmehrheit mit Brandstiftung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten auf Bewährung verurteilt worden.

    Das Schöffengerichts stellte fest, dass der frühere Mitangeklagte Z. auf Veranlassung des Angeklagten und des früheren Mitangeklagten C. mehrere Straftaten, die sich gegen den Geschäftsbetrieb der in W. gelegenen, von dem Pächter B. betriebene Diskothek gerichtet hätten. Wegen dieser Taten wurde der frühere Mitangeklagte Z. wegen versuchter Nötigung in drei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung, in Tatmehrheit mit Nötigung in Tateinheit mit Störung des öffentlichen Friedens in Tatmehrheit mit Brandstiftung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt.

    Dem Urteil lag eine Verständigung gemäß § 257c StPO zugrunde.

    Das Schöffengericht würdigte im Rahmen der Strafzumessung die umfassenden Geständnisse zugunsten aller drei Angeklagten. Zu Lasten des Angeklagten und des früheren Mitangeklagten C. wurde in die Strafzumessung einbezogen, dass beide durch die Taten einen Konkurrenten als Betreiber einer Diskothek aus dem Geschäft hätten verdrängen wollen und ein erhebliches Ausmaß an krimineller Energie angesichts der langen, professionellen Vorbereitung der Taten an den Tag gelegt hätten. Das Schöffengericht verhängte für die einzelnen Anstiftungshandlungen Einzelstrafen zwischen 2 Monaten sowie 1 Jahr und 1 Monat und bildete daraus die Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten.
    Der frühere Verteidiger des Angeklagten verzichtet in der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht auf Rechtsmittel.
    Nun richtet sich der Angeklagte gegen das Urteil mit der Revision. Er stellt darauf ab, dass die §§ 261, 267 StPO verletzt worden sind da die Feststellungen nicht in genügender Weise mit Tatsachen unterlegt worden sind. Insbesondere lasse das Geständnis nicht in einer für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Weise erkennen, dass die getroffenen Feststellungen durch das Geständnis getragen werden.

    Die Revision hatte vor dem OLG Celle Erfolg. Das amtsgerichtliche Urteil lasse nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise erkennen, auf welcher Grundlage die zugrunde gelegten Feststellungen getroffen worden seien und stehe deshalb nicht mit § 261 StPO in Einklang. Das Amtsgericht hat rechtsfehlerhaft auf eigene Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen verzichtet.

    Aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Ungeachtet der in die StPO eingefügten Vorschriften über die Verständigung mit ihrer Kernregelung in § 257c StPO sind die Tatgerichte auch bei einem auf einer Verständigung im Sinne der vorgenannten Vorschrift beruhenden Urteil nicht berechtigt, diesem einen Sachverhalt zugrunde zu legen, der nicht auf einer Überzeugungsbildung unter vollständiger Ausschöpfung des Beweismaterials beruht (vgl. BGH StV 2009, 232).
    Der Gesetzgeber ist bei der Einführung der gesetzlichen Regelungen über die Verständigung im Strafverfahren davon ausgegangen, dass eine Verständigung stets lediglich unter Berücksichtigung aller ansonsten auch geltenden Verfahrensregeln einschließlich der Überzeugung des Gerichts vom festgestellten Sachverhalt und der Glaubhaftigkeit eines Geständnisses stattfinden darf (BTDrucks. 16/12310, S. 8).
    Das zentrale Ziel des Strafprozesses bleibt, auch in einem Strafverfahren, das durch ein auf einer Verständigung beruhendem Urteil abgeschlossen wird, den wahren Sachverhalts als notwendige Grundlage einer gerechten Entscheidung der Strafsache zu ermitteln (BGHSt [GS] 50, 45, 48). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs über die Zulässigkeit von Absprachen über den Inhalt von Urteilen, die auch nach der gesetzlichen Regelung über die Verständigung Bedeutung behält, untersteht die Ermittlung des wahren Sachverhalts durch den Tatrichter dem aus § 244 Abs. 2 StPO abzuleitenden und verfassungsrechtlich geforderten „Gebot bestmöglicher Sachaufklärung“ (BGHSt [GS] 50, 45, 48 unter Bezugnahme auf BVerfGE 63, 45, 61, BVerfG NJW 2003, 2444). Wegen des in § 261 StPO statuierten Gebots, die für das Urteil relevanten Feststellungen aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung zu gewinnen, muss die eigentliche Feststellung der Ergebnisse der Beweisaufnahme der Urteilsberatung vorbehalten bleiben (BGHSt 43, 460. BGHSt [GS] 50, 45, 48 f.).“

    Der Senat hob das Urteil soweit es den Angeklagten betraf auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurück.


  • Der Beschwerdeführer wurde vom AG zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Als Auflage wurden 100 Stunden gemeinnützige Arbeit festgelegt. Das AG widerrief die Strafaussetzung zur Bewährung mit Beschluss vom 11.09.2008, welcher dem Beschwerdeführer am 19.09.2008 zugestellt wurde.

    Am 11.11.2009 legte sein Verteidiger gegen den Widerrufsbeschluss Beschwerde ein.

  • 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs, Az.: StB 48/09

    Die Generalbundesanwaltschaft legte Beschwerde ein, da die Beschlagnahme aller sich im E-Mail-Postfach bereits vorhandenen Nachrichten des Angeklagten abgelehnt wurde.

    Der 3. Strafsenat erachtet diese Ablehnung als rechtmäßig. Zwar würden die §§ 94 ff. StPO grundsätzlich die Beschlagnahme von E-Mails erlauben, die nach Beendigung des Übertragungsvorgangs auf dem Mailserver des Providers gespeichert sind, jedoch müsse ein solcher Eingriff verhältnismäßig sein. Die beantragte Beschlagnahme sei indes nicht verhältnismäßig gewesen. Bei dem Vollzug solcher Maßnahmen sei darauf zu achten, dass die Gewinnung überschießender, für das Verfahren bedeutungsloser und dem Beschlagnahmeverbot des § 97 StPO unterliegender Daten vermieden werde. Es fehlten vorliegend konkrete Anhaltspunkte, dass der gesamte Datenbestand beweiserheblich sei.

    Aus dem Wortlaut des Beschluss:

    „Die Beschlagnahme sämtlicher gespeicherten Daten ist deshalb allenfalls dann mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der gesamte Datenbestand, auf den zugegriffen werden soll, für das Verfahren potentiell beweiserheblich ist. Bei einem E-Mail-Postfach wird dies in aller Regel nicht der Fall sein.

    Als weniger eingriffsintensive Maßnahme zur Sicherung beweiserheblicher E-Mails unter Vermeidung der Gewinnung überschießender und vertraulicher, für das Verfahren bedeutungsloser Informationen kann beispielsweise die Beschlagnahme eines Teils des Datenbestands unter Eingrenzung der ermittlungsrelevanten E-Mails anhand bestimmter Sender- oder Empfängerangaben oder anhand von Suchbegriffen in Betracht kommen.
    In Fällen wie dem vorliegenden, kann ferner die vorläufige Sicherstellung des gesamten E-Mail-Bestandes im Rahmen einer Durchsuchung beim Beschluss nach § 102 StPO oder beim Provider nach § 103 StPO dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen. Daran hat sich an zunächst eine Durchsicht des sichergestellten Datenmaterials nach § 110 I bzw. III StPO zur Feststellung der Beweiserheblichkeit und -verwendbarkeit anzuschließen, damit im Anschluss an dieses Verfahrenstadium die endgültige Entscheidung über den erforderlichen und zulässigen Umfang der Beschlagnahme getroffen werden kann.
    Hierbei handelt es sich um offene Ermittlungsmaßnahmen, so dass deren Anordnung dem Betroffenen und den Verfahrensbeteiligten bekannt zu machen ist.“


  • Der Angeklagte ist wegen Betrugs in insgesamt 19 Fällen, versuchten Betrugs und Beihilfe zum Betrug in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung, sowie wegen Urkundenfälschung in fünf Fällen und Beihilfe zur Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten vom Landgericht verurteilt worden. Zudem wurde ein Notebook des Angeklagten eingezogen.

    Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Mit der Rüge vorschriftswidriger Abwesendheit eines notwenigen Verteidigers in der Hauptverhandlung hat er Erfolg.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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