Der Angeklagte ist wegen Betrugs in insgesamt 19 Fällen, versuchten Betrugs und Beihilfe zum Betrug in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung, sowie wegen Urkundenfälschung in fünf Fällen und Beihilfe zur Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten vom Landgericht verurteilt worden. Zudem wurde ein Notebook des Angeklagten eingezogen.
Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Mit der Rüge vorschriftswidriger Abwesendheit eines notwenigen Verteidigers in der Hauptverhandlung hat er Erfolg.
Dem Beschluss liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Vorsitzende der Strafkammer bestellte am 10. Oktober 2008 die Rechtsanwälte A. und S. zur Verteidigung des Angeklagten. Zum Fortsetzungstermin blieben sowohl Rechtsanwalt A. als auch Rechtsanwalt S. aus. Stattdessen erschien der sich als „Vertreter“ für den erkrankten Rechtsanwalt A. ausgebende Rechtsanwalt Sch. Dieser sagte jedoch, er könne nicht als Verteidiger auftreten, da er mit dem „Verfahrensstoff nicht vertraut sei“.
Sodann wurde die Abtrennung des Verfahrens gegen den Angeklagten beschlossen. Die Hauptverhandlung gegen den Mitangeklagten wurde daraufhin fortgesetzt und abgeschlossen.
Der Angeklagte rügt mit seiner Revision, dass während der Verhandlung bzw. Entscheidung über die Verfahrensabtrennung entgegen § 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO kein Verteidiger des Angeklagten anwesend war.
Hierzu führt der Strafsenat aus:
Rechtsanwalt Sch. war nicht der Verteidiger des Angeklagten. Zum allgemeinen Vertreter von Rechtsanwalt A. war er weder amtlich (§ 53 Abs. 2 Satz 3 BRAO) noch – wie sich aus der eingeholten Erklärung von Rechtsanwalt A. zur Überzeugung des Senats ergibt – durch diesen selbst bestellt (§ 53 Abs. 2 Satz 1 oder 2 BRAO). Eine „Untervollmacht“ für die Verteidigung des Angeklagten konnte Rechtsanwalt A. nicht erteilen, denn die Bestellung zum Verteidiger blieb auf seine Person beschränkt (Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 142 Rdn. 15). Da Rechtsanwalt Sch. nach dem unwidersprochen gebliebenen Revisionsvorbringen die Übernahme der Verteidigung abgelehnt hat, konnte der Angeklagte ihn auch nicht ausdrücklich oder stillschweigend zum Verteidiger wählen (Meyer-Goßner aaO vor § 137 Rdn. 4).
Dem könnte jedoch entgegen gehalten werden, dass der Verteidiger nicht während eines wesentlichen Teils der Hauptverhandlung abwesend war. Dies ist bei der Verhandlung und Entscheidung über die Verfahrenstrennung der Fall gewesen. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass das Urteil gegen den Angeklagten auf der Abwesendheit eines Verteidigers während dieses Verfahrensabschnitts beruht.
Fraglich war jedoch, ob die Verfahrenstrennung und die daraus resultierende Veränderung für den Prozess ausreichen.
Der Strafsenat stellt dazu in seinem Beschluss fest:
Werden Strafsachen gegen mehrere Angeklagte, die wegen eines sachlichen Zusammenhangs miteinander verbunden waren (§§ 2, 3 StPO), wieder getrennt, so führt dies zu einer grundlegenden Veränderung des prozessualen Verhältnisses der Angeklagten zueinander. Die Trennung kann den weiteren Gang der Untersuchung beeinflussen und die Verteidigung beschränken, denn ihre Wirkung erschöpft sich nicht allein darin, dass ein bisheriger Mitangeklagter die verfahrensrechtliche Stellung eines Zeugen erhält. Sie kann auch die Möglichkeiten des Gerichts und des Angeklagten beeinträchtigen, sich mit Abweichungen oder Übereinstimmungen in den wechselseitigen Einlassungen unmittelbar auseinanderzusetzen. Dem entspricht es, dass eine Verfahrenstrennung im Einzelfall die Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO verletzen kann (Meyer-Goßner aaO § 2 Rdn. 14). Aus demselben Grund sind auch der Schlussvortrag des Verteidigers eines Mitangeklagten und dessen letztes Wort grundsätzlich wesentliche Teile der Hauptverhandlung (vgl. BGHSt 32, 270; BGH NStZ 1983, 34). Der denkbare Ausnahmefall, dass es an jeglichem Bezug der den Mitangeklagten (noch) angelasteten Taten zueinander fehlt, liegt hier nicht vor, denn dem Mitangeklagten lagen vier Fälle der Urkundenfälschung zur Last, zu denen dem Angeklagten Anstiftung vorgeworfen wurde (vgl. Taten 9, 13 und 14 der Urteilsgründe).Die Verfahrenstrennung steht nach § 4 Abs. 1 StPO im Ermessen des Gerichts. Damit bleibt die Möglichkeit, dass der Angeklagte, wäre er verteidigt gewesen, der Verfahrenstrennung widersprochen und das Landgericht zu einer anderen Entscheidung bewogen hätte.
Im konkreten Fall hätte die Strafkammer jedoch die Verfahrensabtrennung auch außerhalb der Hauptverhandlung beschließen können, was allerdings nach Auffassung des Strafsenats zu keinem anderen Ergebnis führt. Die Anforderungen an den Öffentlichkeitsgrundsatz bezüglich solcher Verfahrenstrennung können hier außer Acht gelassen werden.
Des Weiteren fügt der Strafsenat dem Beschluss noch folgende Bemerkung hinsichtlich der Feststellungen der Beihilfe des Angeklagten auf Hinblick der erneuten Entscheidung der Strafkammer hinzu:
Geht der Haupttäter einen Vertrag ein und erfüllt er damit den Tatbestand des Betruges, so genügt die Anwesenheit an seiner Seite bei Vertragsschluss für sich allein noch nicht den Anforderungen, die nach § 27 Abs. 1 StGB an eine Beihilfe zu stellen sind. Soweit keine Garantenpflicht besteht, setzt auch die psychische Beihilfe ein aktives Handeln voraus; es muss den Haupttäter im Tatplan, im Tatentschluss oder im Tatausführungswillen bestärken und so dessen tatbestandsmäßiges Handeln erleichtern oder fördern (vgl. Fischer, StGB 57. Aufl. § 27 Rdn. 11, 14). Dies bedarf der konkreten Feststellung.
Die Revision vor dem BGH hat somit Erfolg im Rahmen der Feststellungen und das Urteil ist an das Landgericht zur erneuten Entscheidung zurückgewiesen.
3. Strafsenat des BGH, Az.: 3 StR 24/10