Betrug

  • Soll ein Gehilfe nach dem Strafrahmen eines besonders schweren Falles bestraft werden, reicht es nicht aus, wenn nur die Haupttat einen besonders schweren Fall darstellt.

    Der Angeklagte wurde vom Landgericht Leipzig wegen Beihilfe zum Betrug in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Strafverteidigung wehrte sich mittels Revision gegen das Urteil.

    Der Haupttäter handelte gewerbsmäßig und wurde deswegen nach § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB wegen besonders schweren Betrugs verurteilt. Beim Gehilfen nahm das Landgericht den Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB und milderte ihn nach § 27 Abs. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB. Der BGH stellt dazu jedoch fest, dass auch der Gehilfe für das erhaltene Urteil hätte gewerbsmäßig handeln müssen:

  • Bei Täuschungen beim Aktienverkauf liegt ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB über die komplette Kaufsumme nur vor, wenn das Unternehmen wertlos ist.

    Das Landgericht Köln befand den Angeklagten in 78 Fällen des Betrugs für schuldig. Dagegen richtet sich die Strafverteidigung mit der Revision.

    Ende der 90er Jahre gründete der Angeklagte ein vermögensloses Unternehmen als Alleinaktionär. In der Zeit darauf ließ er über Telefonverkäufer Aktien im Werte von über 8 Millionen Euro an Anleger verkaufen. Im Emissionsprospekt stellte er das Unternehmen als Immobilienunternehmen dar und wies auf die Möglichkeit des Totalverlustes des eingesetzten Kapitals hin. Mit dem eingenommenen Geld finanzierte er sein Leben.
    Mehrfach führte der Angeklagte Kapitalerhöhungen durch. Bis zum Jahr 2003 lagen dazu auch Kapitalerhöhungsbeschlüsse der Hauptversammlung vor. Für die Jahre darauf fehlten diese. In das Handelsregister wurde jedoch ausschließlich die erste Kapitalerhöhung aus dem Jahr 2001 eingetragen.
    Ein operatives Geschäft betrieb der Angeklagte erst ab Mai 2002, nachdem er erkannte, dass die Polizei Ermittlungen gegen ihn führt. Er versuchte mehrfach andere Unternehmen zu übernehmen. Vorher bestand das Unternehmen nur auf dem Papier.
    Der BGH sieht, anders als das Landgericht, einen Vermögensschaden bis März 2003 nicht als nachgewiesen:

    „Das Landgericht hätte daher den Wert der Aktie (als Anteil an einem zu bestimmenden Unternehmenswert) zum jeweiligen Zeichnungszeitpunkt ermitteln müssen, um unter Gegenüberstellung zu den jeweiligen Erwerbspreisen die erforderliche Saldierung vornehmen und die Schadenshöhe in jedem Einzelfall konkret beziffern zu können. Es hätte dabei auch das – täuschungs- und irrtumsbedingt überhöhte – Risiko des Aktienerwerbs und den dadurch verursachten Minderwert bewertend berücksichtigen müssen. Die Bewertung von Unternehmen bzw. Aktien erfordert zwar komplexe wirtschaftliche Analysen (vgl. hierzu etwa Großfeld Recht der Unternehmensbewertung 6. Aufl. Rn. 202 ff.; Peemöller Praxishandbuch der Unternehmensbewertung 3. Aufl. Rn. 201 ff.), insbesondere dann, wenn das Unternehmen – wie vorliegend der Fall – nicht börsennotiert ist und es sich um ein junges Unternehmen handelt (hierzu näher Peemöller aaO Rn. 601 ff.). Dies beruht insbesondere darauf, dass der Ertragswert eines Unternehmens auch in die Zukunft reichende Entwicklungen, unter Berücksichtigung von Prospektangaben, erfasst (vgl. näher Großfeld aaO Rn. 982 ff.). Die Einschätzung von Risiken bei der Bewertung im Wirtschaftsleben ist jedoch kaufmännischer Alltag (vgl. im Zusammenhang mit der Bewertung von Forderungen BVerfG NJW 2010, 3209, 3219 f.; zu Anlagen auch BGHSt 53, 199, 203, jeweils mit weiteren Nachweisen). Das Landgericht hätte sich deshalb sachverständiger Hilfe bedienen können, um unter Beachtung der gängigen betriebswirtschaftlichen Bewertungskriterien den Aktienwert in jedem der Einzelfälle feststellen zu können.“

    Dazu führt der BGH weiter aus, dass spätestens ab Mai 2002, als der Angeklagte das operative Geschäft aufnahm, das Unternehmen nicht völlig wertlos war. Deswegen kann zumindest nicht das gesamte investierte Geld als Vermögensschaden betrachtet werden. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

    BGH, Beschluss vom 14. April 2011, Az.: 2 StR 616/10


  • Täuscht jemand einen Anspruch vor, um einen berechtigten Anspruch befriedigt zu bekommen, muss dies kein Betrug sein.

    Der Angeklagte besaß gegenüber der Geschädigten einen Anspruch aus der Herstellung einer Baustraße. Die Geschädigte verweigerte jedoch die Zahlung. Daraufhin forderte der Angeklagte von der Geschädigten die Summe für eine Grundsanierung der Baustraße. Tatsächlich wurde die Baustraße jedoch nie saniert und bestand der Anspruch somit nicht.
    Das Landgericht Hildesheim verurteilte den Angeklagten wegen „gemeinschaftlichen Betruges in Tateinheit mit Untreue (§ 263 Abs. 1, § 266 Abs. 1 2. Fall, § 25 Abs. 2, § 52 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten. Dabei wurde die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Dagegen wehrt sich die Strafverteidigung mit der Revision.

    Die Revision hat Erfolg. Der BGH stellte bezüglich des Vermögensschadens fest:

    „Nach ständiger Rechtsprechung ist unter Nachteil bzw. Vermögensschaden jede durch die Tathandlung verursachte Vermögenseinbuße zu verstehen, die Vermögensminderung ist nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung auf Grund eines Vergleichs des Vermögensstandes vor und nach der Tat unter lebensnaher wirtschaftlicher Betrachtungsweise festzustellen (Fischer aaO [Fischer, StGB, 58. Aufl. § 266 Rdnr. 115] sowie § 263 Rdnrn. 110ff. m.w.N.). Ein Nachteil liegt deshalb nicht vor, wenn zugleich ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs begründet wird (vgl. BGHSt 15, 342, 343 f.; BGH NJW 1975, 1234, 1235; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 14, 55; BGH StraFo 2010, 301).“

    Ein Vermögenszuwachs könnte hier in der Befreiung von der berechtigten Verbindlichkeit liegen:

    „Ein solcher Vermögenszuwachs tritt beispielsweise ein, soweit das Vermögen von einer Verbindlichkeit in Höhe des Verlusts befreit wird. Dies gilt selbst dann, wenn die Verbindlichkeit schwer zu beweisen wäre (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 46). Es ist daher grundsätzlich möglich, dass ein Gläubiger sich im Rahmen eines Rechtsgeschäfts, auf Grund dessen ihm kein Anspruch zusteht, einen Vermögensvorteil verschafft, um sich damit für einen aus einem anderen Rechtsgeschäft bestehenden Anspruch zu befriedigen (vgl. BGH wistra 1982, 68 f.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 46).“

    Um jedoch zu verhindern, dass der Schuldner zweimal zahlt, müssen die Ansprüche in eine Beziehung gebracht werden:

    „Es muss aber durch die Tat unmittelbar eine Befreiung von dem bestehenden Anspruch eintreten. Hierfür ist es erforderlich, dass der Handelnde das durch rechtswidrige Mittel, etwa Täuschung, Erlangte zu seinem bestehenden Anspruch in Beziehung gebracht hat, um auszuschließen, dass der Schuldner sowohl auf den bestehenden als auch auf den fingierten Anspruch leistet (vgl. BGH wistra 1982, 68 f.; BGH NStZ-RR 1997, 298).“

    Damit hatte die Revision Erfolg. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

    BGH, Beschluss vom 5. Juli 2011, Az.: 3 StR 444/10


  • Bei einem Betrug gemäß § 263 Abs. 1 StGB muss bei der Schadensberechnung zwischen verschreibungspflichtigen und nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten differenziert werden.

    Die Angeklagte betrieb einen Pharmagroßhandel. Über zwei Apotheker bezog sie Medikamente, die ursprünglich für den Klinikbedarf vorgesehen waren, und verkaufte diese außerhalb des Klinikbereichs an andere Pharmagroßhändler und Apotheker. Da die Medikamente für Krankenhäuser nicht der Preisbindung unterliegen und Kliniken generell von der Pharmaindustrie großzügigere Rabatte erhalten, konnte die Angeklagte so einen beachtlichen Gewinn erwirtschaften.
    Das Landgericht Lübeck sah in dem Verhalten der Angeklagten einen Betrug in 43 Fällen. Dabei wurde als Schaden die Differenz zwischen dem Klinikwareneinkaufspreis und dem Verkaufspreis an den Pharmagroßhandel der Angeklagten angenommen. Hiergegen richtet sich die Strafverteidigung mit der Revision.

    Hinsichtlich der verschreibungspflichtigen Medikamente kann diese Berechnung bestand haben, stellt der BGH fest, da diese außerhalb des Klinikbedarfs preisgebunden sind. Anders sieht es jedoch bei den nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aus.

    „Insofern erfolgt eine Rabattgewährung für Kliniken nach den von den jeweiligen Herstellern aufgestellten (im Übrigen aber verhandelbaren) Preislisten. Unter Berücksichtigung eines dem Risiko fehlender Treffgenauigkeit angemessenen Sicherheitsabschlags hätte deshalb ermittelt werden müssen, welche Bedingungen für die Medikamentenabgabe einerseits für Kliniken und andererseits für den freien Verkauf in Apotheken gegolten haben und welche Preise zu erzielen waren. Dabei ist zu beachten, dass – da eine bloße unterlassene Vermögensmehrung kein Schaden im Sinne des Betrugstatbestandes ist – der höhere Preis gegenüber den Abnehmern, die keine Krankenhäuser sind, sich mit Wahrscheinlichkeit durchsetzen lassen muss (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2004 – 5 StR 136/04, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 64).“

    Damit hatte die Revision der Strafverteidigung Erfolg. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

    BGH, Beschluss vom 5. Juli 2012, Az.: 5 StR 1/12


  • Ein Prozessrisiko als Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB muss konkret beziffert werden.

    Die Angeklagte wurde vom Landgericht Hannover wegen Beihilfe zum Betrug in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung verurteilt. Ihr Ehemann mietete sich hochwertige Leihwagen an, lies sich dann von einem Dritten die Papiere fälschen und verkaufte diese unter Zuhilfenahme der Angeklagten an ahnungslose Käufer weiter.

  • Es reicht für die Beihilfe aus, dass der Teilnehmer die Unrechts- und Angriffsrichtung der Haupttat für möglich hält und diese billigt.

    Der Angeklagte wurde vom Landgericht Düsseldorf wegen Begünstigung gemäß § 257 Abs. 1 StGB verurteilt. Der bereits rechtskräftig wegen Betrugs verurteilte Haupttäter bezog von einem Telefonnetzanbieter Telefonnetzkapazitäten in einem geringen Umfang. Durch die Hilfe eines eingeweihten Mitarbeiters des Telefonnetzanbieters erlangte er jedoch höhere Kapazitäten und verkaufte diese über eine weitere Scheinfirma an andere Telekommunikationsanbieter weiter. Das Geld behielt der Haupttäter vollständig für sich.

  • In einem überhöhten Preis kann noch keine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB gesehen werden.

    Zwei Angeklagte wurden wegen Betruges in mehreren Fällen vom Landgericht Baden-Baden zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Das verurteilte Ehepaar hatte eine eigene Firma im Diamentengewerbe. Im Kerngeschäft boten sie Diamanten minderer Qualität zu überhöhten Preisen an. Vorab wurde den Kunden ein kleiner qualitativ hochwertiger Diamant zu angemessenen Konditionen verkauft. Kunden die diese Diamanten an anderer Stelle überprüfen ließen, erhielten dort die Bestätigung der Angemessenheit des Kaufpreises. Zu einem späteren Zeitpunkt wurden den Kunden dann größere, qualitativ minderwertigere, Diamanten zu überhöhten Preisen durch die Verurteilten verkauft. Dabei sicherten die Angeklagten den Kunden zu, dass dies eine sichere Geldanlage sei. Tatsächlich handelte es sich bei den Diamanten aber um Massenwaren, die privat nur mit hohem Aufwand zu veräußern waren.

    Die Strafverteidigung der beiden Angeklagten wehrte sich erfolgreich mit der Revision gegen das Urteil. Der BGH sieht im Sachverhalt keine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB gegeben.

    „Allein das Fordern eines bestimmten, überhöhten Preises enthält für sich genommen noch keine Täuschung, insbesondere beinhaltet es grundsätzlich – vom hier nicht vorliegenden Fall tax- oder listenmäßig festgelegter Preise abgesehen – nicht die Behauptung der Angemessenheit oder Üblichkeit des geforderten Preises. Vereinbarungen über den Austausch von Gütern und Leistungen unterliegen der Vertragsfreiheit. Grundsätzlich darf jeder Teilnehmer am Geschäftsverkehr seine bessere Information oder überlegene Sachkenntnis zu seinem Vorteil ausnutzen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juni 1989 – 2 StR 252/89, NJW 1990, 2005; OLG Stuttgart, wistra 2003, 276; OLG München, wistra 2010, 37).“

    Damit stellt der BGH klar, dass das Strafrecht nicht vor schlechten Geschäften schützen soll. Wird der Käufer nicht über Tatsachen getäuscht, kann auch kein Betrug vorliegen. Deswegen wird die Sache erneut vor dem Landgericht verhandelt.

    BGH, Beschluss vom 14. April 2011, Az.: 1 StR 458/10


  • Basiert das Gutachten auf persönlichen Erfahrungen und Einschätzungen, sind an dem Sachverständigen strenge Maßstäbe der Befangenheit anzulegen.

    In einem Betrugsverfahren vor dem Landgericht Baden-Baden musste der Wert von Diamanten festgestellt werden. Dazu wurde ein von der Industrie- und Handelskammer öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger gehört. Dieser Sachverständige soll gegenüber einem weiteren Sachverständigen folgenden Satz über den Strafverteidiger geschrieben haben:

  • Ein Vermögensschaden beim Betrug im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB liegt nicht schon dann vor, wenn die gelieferte Ware von geringerem Wert ist als die vertraglich vereinbarte.

    Vor dem Landgericht Darmstadt wurden dem Angeklagten mehrere Betrugshandlungen vorgeworfen. Unter Einbeziehung mehrerer Geldstrafen aus einer früheren Verurteilung wurde er wegen Betruges in 20 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat sowie wegen Betruges in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.

    Der Angeklagte betrieb auf Ebay einen Reifen- und Felgenhandel. Hier bot er Plagiatsfelgen als Originalfelgen an. Die Plagiatsfelgen waren nicht nur deutlich günstiger im Einkauf, sondern es fehlte auch die Freigabe durch das Kraftfahrtbundesamt.

    Das Landgericht bejaht hier einen Vermögensschaden von 1000 Euro je Felgensatz. Die Felgen besäßen gegenüber den Originalfelgen einen Minderwert von nicht mehr als 500 Euro. Zusätzlich wurde der Schaden durch die fehlende Zulassung mit mindestens 500 Euro je Felgensatz veranschlagt.

    Die Strafverteidigung wehrt sich gegen diese Verurteilung erfolgreich mittels Revision.

  • Das Gericht darf sich nicht alleine auf Feststellungen eines aufgehobenen Urteils berufen.

    Das Landgericht Düsseldorf verurteilt einen Angeklagten wegen Betrugs in drei Fällen, Untreue in 33 Fällen und Bankrotts zu fünf Jahren Haft. Daraufhin wehrte sich die Strafverteidigung erfolgreich mit der Revision. Der BGH hat den Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass die Richter einen Betrug in 18 Fällen sowie zwei Fälle des versuchten Betruges sahen. Das Urteil bezüglich der Untreue in 33 Fällen und des Bankrotts wurden aufgehoben.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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