Heute hat nicht nur eine große deutsche Tageszeitung, sondern auch andere Medien die Frage aufgeworfen, ob die Durchführung einer Hauptverhandlung mit voraussichtlich 22 Verhandlungstagen gegen den ehemaligen Minister und Bundespräsidenten Christian Wulff notwendig sei, schließlich sei Wulff doch schon gestraft genug und es gehe ja „nur“ um ca. 720 EUR.
Ohne sie zuvor ordnungsgemäß beim Zoll bzw. am Airport anzumelden, hat der Vorstandschef des FC Bayerns, Karl-Heinz Rummenigge mehrere Luxusuhren aus Katar nach Deutschland eingeführt. Rummenigge gab an, dass ihm die Uhren geschenkt worden seien und er gedacht habe, dass Geschenke nicht verzollt werden müssten. Ab einem Wert von 450 Euro müssen aber auch Geschenke beim Zoll angegeben werden. So liegt eine Art der (Zoll)Steuerhinterziehung vor. Die Staatsanwaltschaft ermittelte daher wegen Steuerbetrugs gegen den Bayernboss.
„Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“ lautet eine allgemeine Weisheit. Juristisch stimmt dieser Satz in dieser Pauschalität jedoch nicht. Denn wer gar nicht erkennt, dass er möglicherweise etwas Strafbares unternimmt, handelt in der Regel innerhalb eines Verbotsirrtums oder aber gar ohne Vorsatz. Strafrechtlich besteht bei fehlendem Vorsatz dann höchstens noch die Möglichkeit wegen Fahrlässigkeit verurteilt zu werden. Die wenigsten Straftatbestände in Deutschland beinhalten jedoch eine Begehung durch Fahrlässigkeit. Vor allem im Bereich der Vermögensdelikte hat der Gesetzgeber bewusst auf fahrlässige Straftatbestände verzichtet, um den freien Wirtschaftsverkehr nicht zu behindern. Trotzdem gibt es hier auch bei den Vermögensdelikten Ausnahmen. Unter anderem bei der Geldwäsche (§ 261 StGB).
Werden Beamte in einem Strafprozess verurteilt, trifft sie in der Regel nicht nur die Verurteilung durch das Strafgericht, sondern ihnen drohen auch zusätzliche dienstrechtliche Konsequenten. Im schlimmsten Fall,verlieren Beamte ihren Pensionsanspruch gegen den Dienstherren. Daher muss ein Strafverteidiger in einem Strafverfahren auch immer diese Nebenfolgen im Blick haben. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht entschied nämlich nun erneut, dass die Aberkennung des Ruhegehalts eines Bundespolizisten, der wegen Kinderpornografie verurteilt wurde, rechtens ist (OVG Lüneburg, Urteil vom 12. März 2013, Az.: 6 LD 4/11).
Der Autoritäts- und Ansehensverlust eines Lehrers aufgrund des Besitzes von Kinderpornografie kann durch eine Therapie nicht rückgängig gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg musste sich mit der Frage beschäftigen, inwieweit ein bezüglich Kinderpornografie therapierter Lehrer im Dienst verbleiben darf. Gegen den Studienrat verhängte das Amtsgericht zwei Strafbefehle in Höhe von 40 und 20 Tagessätzen zu je 50 Euro wegen des Besitzes kinderpornografischer Schriften. Das Verwaltungsgericht hatte den Mann daraufhin aus dem Dienst entfernt.
Dieses Urteil bestätigte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg nun. Der Lehrer hat vorsätzlich und schuldhaft den Straftatbestand erfüllt. Dieses außendienstliche Verhalten ist auch als Dienstvergehen zu werten, denn es widerspricht fundamental dem Lehr- und Erziehungsauftrag eines Lehrers, solch ein Material zu besitzen. Durch dieses Vergehen verliert der Lehrer auch jegliches Vertrauen in seine Funktion als Erzieher und Vorbild für die Schüler:
„Dem Dienstherrn und der Allgemeinheit, vor allen den Eltern der Kinder, kann es nicht zugemutet werden, diese einem Lehrer zur Erziehung anzuvertrauen, der durch das Verschaffen und den Besitz kinderpornographischen Materials – sei es auch außerdienstlich – zu erkennen gegeben oder jedenfalls den Eindruck hervorgerufen hat, dass er Gefallen am sexuellen Missbrauch wehrloser kindlicher Opfer findet.“
Dabei ist es auch unerheblich, dass der Lehrer sich mittlerweile in Therapie befindet. Das Vertrauen ist unwiederbringlich zerstört und kann durch eine Therapie nicht wiederhergestellt werden. Selbst dann nicht, wenn eine Wiederholungsgefahr dadurch ausgeschlossen wird.
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Juni 2012, Az.: DL 13 S 155/12
Das Amtsgericht Greifwald hat eine zuvor per Strafbefehl verhängte Geldstrafe wegen der Beteiligung an einer Castor-Blockade deutlich reduziert.
Die Staatsanwaltschaft sprach für die beiden Aktivisten wegen Nötigung, Störung öffentlicher Betriebe und Zerstörung von Bauwerken eine Geldstrafe von jeweils 120 Tagessätzen zu je 30 Euro, also insgesamt je 3600 Euro aus. Diese Beschuldigten legten Widerspruch ein.
Das Amtsgericht blieb deutlich unter der Forderung und verhängte Geldstrafen von 40 Tagessätzen á 23 bzw. 11 Euro wegen Nötigung. Damit ließ das Gericht auch die Vorwürfe der Störung öffentlicher Betriebe und der Zerstörung von Bauwerken fallen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
( Quelle: T-online vom 11.06.2012 )
OLG Celle, Beschluss vom 31.05.2011, Az.: 32 Ss 187/10
Der Angeklagte war durch Strafbefehl des Amtsgerichts Syke wegen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Stoffen zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilt worden. Dem lag der Vorwurf zugrunde, der Angeklagte habe ein Auto auf dem ihm gehörenden Grundstück abgestellt, obwohl sich in dem Fahrzeug noch bodengefährdende Flüssigkeiten, namentlich Motoröl, Bremsflüssigkeit und Batteriesäure befanden. Zudem sei Ölverlust mit Tropfenbildung am Motor festgestellt worden.
Gegen diesen Strafbefehl hat der Angeklagte rechtzeitig und wirksam Einspruch eingelegt. Den Einspruch hat das Amtsgericht der Begründung verworfen, dass der Angeklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung der Hauptverhandlung vom selben Tage ferngeblieben sei, ohne genügend entschuldigt zu sein. Ein Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung des Termins zur Hauptverhandlung ist erfolglos geblieben.
Der Angeklagte hat gegen das Verwerfungsurteil rechtzeitig ein als Revision bezeichnetes Rechtsmittel eingelegt.
Das OLG Celle hatte festgestellt, dass es bereits ein Verfahren gegen den Angeklagten im Jahre 2001 gab. Daher sei am Tag der ersten verjährungsunterbrechenden Maßnahme durch den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses des Amtsgerichts Verden die Verfolgungsverjährung eingetreten Dazu das OLG:
„Der Eintritt der Verfolgungsverjährung bildet ein Verfahrenshindernis. Das Vorliegen eines Verfahrenshindernisses, das bereits in der Tatsacheninstanz vorlag und dort hätte beachtet werden müssen, führt in der Revisionsinstanz auf eine zulässige Revision hin gemäß § 349 Abs. 4 i.V.m. § 354 Abs. 1 StPO zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und der Einstellung des Verfahrens durch das Revisionsgericht (vgl. bereits Beschluss des Senats vom 22.2.2007 – 32 Ss 20/07, NStZ 2008, 118 = Nds.Rpfl 2007, 163; siehe auch Schneider, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 6. Aufl., 2008, § 206a Rn. 4 m.w.N. sowie Radtke, in: Radtke/Hohmann, StPO, 2011, Einleitung Rn. 67).“
Daher lag zum Zeitpunkt des Erlasses des Strafbefehls durch das Amtsgericht Syke bereits Verfolgungsverjährung vor. Der Eintritt der Verjährung ist ein Verfahrenshindernis und damit Revisionsgrund.
Vor dem Amtsgericht Köln musste sich ein Abiturient wegen Sachbeschädigung verantworten.
Ihm wurde vorgeworfen nach einer Party ein lebensgroßes Deko-Schaf im Kölner Hauptbahnhof mit Tritten beschädigt und dadurch einen Schaden von 114 Euro verursacht zu haben.
Die Tat wurde damals angeblich von einer Bahnkundin beobachtet, die sodann auch die Polizei verständigte. Im Prozess sagte die Zeugin aus, sie habe den jungen Mann bei der Tat beobachtet. Allerdings machte sie zum Teil widersprüchliche Aussagen.
Der Angeklagte erhielt zunächst einen Strafbefehl über 500 Euro, legte allerdings Einspruch ein.
Das Amtsgericht konnte dem jungen Mann die Tat nicht nachweisen und beendete das Verfahren daher mit einem Freispruch.
( Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger online vom 06.01.2012 )
Vor dem Amtsgericht musste sich ein Hamburger Strafverteidiger verantworten.
Die Staatsschutz-Abteilung der Staatsanwaltschaft warf ihm fahrlässiges Führen einer Waffe ohne Waffenschein vor. Der Strafverteidiger aus Hamburg hatte im Sommer 2010 an zwei Verhandlungstagen eine orangefarbene Plastikhülse in seiner Aktentasche in den Gerichtssaal getragen, um sie dort Zeugen zu zeigen. Die Hülse dient eigentlich dazu, in Notsituationen optische Signale abzugeben. Ohne pyrotechnische Munition war sie im Grunde unbrauchbar.
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz im Strafbefehlsverfahren zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen á 20,00 € verurteilt.
Hiergegen hat der Angeklagte form- und fristgerecht Einspruch eingelegt. Mit Gerichtsbeschluss hat das Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO „vorläufig“ eingestellt mit der Begründung, dass die Strafe, zu der die Verfolgung führen könne, neben der Strafe, die der Angeklagte in anderen Verfahren zu erwarten habe, nicht ins Gewicht falle. In einem anderen Verfahren ist er rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen á 15,00 € verurteilt worden. In einem weiteren Verfahren, auf das sich die Einstellung auch bezieht, wurde der Angeklagte vermeintlich freigesprochen, das Verfahren ist allerdings noch anhängig.
Nach Anhörung der Staatsanwaltschaft, die sich gegen eine „endgültige“ Verfahrenseinstellung ausgesprochen hat, da die verhängte Geldstrafe von 150 Tagessätzen keine Grundlage hierfür bilde aber ohne Anhörung des Angeklagten, hat der Vorsitzende ohne weitere Begründung verfügt, dass das Verfahren wieder aufgenommen wird; zugleich hat er einen Termin zur Hauptverhandlung bestimmt.
Die Wiederaufnahme ist dem Angeklagten nicht ausdrücklich bekannt gemacht worden. Gleichwohl ist gegen den Angeklagten das angefochtene Urteil ergangen, mit dem die gegen den Angeklagten verhängte Geldstrafe auf 50 Tagessätzen zu je 15,00 € herabgesetzt worden ist.
Gegen diese Entscheidung legte der Angeklagte erfolgreich Revision ein. Dazu das KG:
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner