Strafrecht Blog

  • Vertraut ein Täter am Tatort lediglich auf die Hilfe seiner Freunde, so rechtfertigt dies noch keine gefährliche Körperverletzung iSd §§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB.

    Der Angeklagte wurde vom Landgericht Düsseldorf unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen verurteilt. Der Angeklagte soll sich innerhalb einer Gruppe Jugendlicher aufgehalten haben. Dabei kam es mit einer anderen Gruppe zu einem verbalen Streit.

    Nach Ansicht des Landgerichts soll dem Angeklagten klar gewesen sein, dass er sich bei einer anstehenden Schlägerei auf seine Freunde verlassen könne. Deswegen wertete das Landgericht die anschließende Schlägerei als eine gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB.

    Dagegen legte die Strafverteidigung erfolgreich Revision ein.

  • Das Fesseln des Opfers während einer Vergewaltigung mit einem Büstenhalter ist keine gefährliche Körperverletzung.

    Der Angeklagte wurde vom Landgericht Oldenburg wegen Vergewaltigung in zwei Fällen und wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gegen die Verurteilung wehrte sich die Strafverteidigung mit der Revision.

    Das Landgericht nahm eine gefährliche Körperverletzung an, da es den Büstenhalter, der vom Täter zum Fesseln des Opfers genutzt wurde, als gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB wertete. Dies sieht der Bundesgerichtshof (BGH) anders, der sich folgenden Ausführungen des Generalbundesanwalts anschließt:

    „Im Fall 2 der Urteilsgründe ist das Verfahren … nach Maßgabe des § 206 a StPO (vgl. BGHSt 32, 275, 292 [richtig: 290] a.A. Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. § 206 a Rdnr. 6) einzustellen, weil der zum Fesseln benutzte Büstenhalter kein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist (vgl. BGH NStZ 2002, 594), deshalb kein Vergehen der gefährlichen Körperverletzung vorliegt und in Ansehung der verbleibenden vorsätzlichen Körperverletzung Verfolgungsverjährung eingetreten ist.“

    Da die fünfjährige Verjährungsfrist vor Erhebung der Anklage bereits abgelaufen war und ferner kein Strafantrag vorlag, ist eine Verurteilung wegen Körperverletzung nicht mehr möglich. Daher hebt der Senat die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung auf und stellt das Verfahren ein. Da der Schuldspruch nun nur noch auf Vergewaltigung in zwei Fällen lautet, wird im Umfang der Aufhebung die Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

    BGH, Beschluss vom 13. November 2012, Az.: 3 StR 393/12


  • Wiederholt eine Person die Falschbeschuldigung gegenüber einer anderen Polizeidienststelle, so liegt lediglich eine rechtliche Tat vor.

    Der Angeklagte wurde auf offener Straße mit einem Hammer angegriffen. Gegenüber der Polizei teilte der Angeklagte wahrheitswidrig mit, dass er sah, wie der mutmaßliche Täter die Tatwaffe in einen Pritschenwagen legte. Dabei wollte er den Fahrer des Pritschenwagens erkannt haben. Als Motiv hält er einen Auftragsmord von einer weiteren Person für möglich, die möglicherweise als Beifahrer im Fahrzeug saß. Zwar erkannte er den Beifahrer nicht, jedoch hätte die Statur ihm geglichen. Bei einer zweiten Vernehmung, auf einem anderen Polizeipräsidium, wiederholte der Angeklagte den Vorwurf.

  • Wer beim Verkehr mit Betäubungsmitteln (Drogen) eine Schusswaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind (BtMG, § 30a (2)), kann im Falle sonstiger Gegenstände (normalerweise) nur dann dafür bestraft werden, wenn er den Gebrauchsgegenstand zum Verletzen einer Person auch wirklich subjektiv bestimmt hat.

    Das Landgericht Aachen verurteilte den Angeklagten wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren.

    Der Angeklagte soll nach der Feststellung des Gerichts in den Niederlande 50,9 g Heroin und 9,6 g Kokain erworben haben. Nach seiner Rückkehr wurde er von der Polizei angehalten und die Beamten stellten die zum Weiterverkauft bestimmten Drogen sicher. Ebenfalls führte der Angeklagte in seiner Jackentasche griffbereit ein Klappmesser mit einer Klingenlänge von 7,5cm mit sich.

    Gegen die Verurteilung richtet sich die Revision der Strafverteidigung.

  • Nutzt der Täter die Angst einer früheren Gewalttat aus, ohne erneut zu drohen, so fehlt es am Finalzusammenhang.

    Der Angeklagte wurde wegen schwerer Vergewaltigung unter Einbeziehung der Strafe aus einer Vorverurteilung wegen Mordes vom Landgericht Düsseldorf zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Dagegen richtete die Strafverteidigung die Revision.

    Nach Feststellung des Landgerichts stand der Angeklagte eines Tages bei seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau in der Wohnung. Dort erschoss er einen guten Freund der Frau. Anschließend richtete er die Pistole auf seine Ehefrau und forderte sie auf, mit ihm zum Reden mitzukommen. Da die Frau Angst hatte, ebenfalls erschossen zu werden, fuhr sie mit dem Angeklagten zu einem naheliegenden Hotel. Während der Fahrt behauptete die Frau aus Furcht, dass sie den Angeklagten ebenfalls immer noch lieben würde.

    Im Hotel angekommen forderte der Angeklagte seine Ehefrau auf, sich zu entkleiden. Auch der Angeklagte entkleidete sich und packte die Pistole zur Seite. Anschließend fragte er, ob er mit ihr schlafen dürfte. Die Nebenklägerin, die für den Angeklagten erkennbar noch unter Angst stand, stimmte zu. Es kam dann zum Geschlechtsverkehr, den das Landgericht als schwere Vergewaltigung gemäß § 177 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1 StGB wertete, da der Angeklagte die entstanden Bedrohungslage ausgenutzt habe.

    Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bezüglich dieser Einordnung seine Zweifel. Der Geschlechtsverkehr muss mit Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben erzwungen werden. Es muss auch ein Finalzusammenhang bestehen, das bedeutet, dass das Nötigungsmittel nach dem Willen des Täters zum Herbeiführen des Erfolges tatsächlich dienen muss.

    Eine aus anderen Gründen vorgenommene Gewalt kann auch später noch als Drohung fortwirken, wenn der Täter durch schlüssiges Handeln eine Gewaltanwendung zu wiederholen androht. Es reicht jedoch nicht aus, dass der Täter erkennt, dass die Person noch verängstigt ist und er dies für sexuelle Handlungen ausnutzt. Er muss die Anwendung von Gewalt zumindest konkludent erneut zum Ausdruck bringen.

    „Dafür könnte zwar etwa sprechen, dass der Angeklagte die Nebenklägerin aufforderte, sich auszuziehen, und die Pistole in das Hotelzimmer mitgenommen hatte, auch wenn der Grund für letzteres nicht festgestellt ist. Andererseits begann der Angeklagte mit den sexuellen Handlungen erst, nachdem die Nebenklägerin sich ihm während der Autofahrt zugewendet und seine Frage, ob er mit ihr schlafen könne, entsprechend beantwortet hatte. Auch wenn dieses Verhalten der Nebenklägerin vor allem durch ihre Angst begründet war, hätte es vor diesem Hintergrund sowie im Hinblick auf das Nachtatverhalten des Angeklagten eindeutigerer Feststellungen bedurft, um eine finale Bedrohung zur Erzwingung der sexuellen Handlungen mit genügender Sicherheit zu belegen.“

    Somit fehlt es am Finalzusammenhang zwischen der ursprünglich angewandten Gewalt und der späteren sexuellen Handlung. Der BGH hebt aus diesem Grund die Verurteilung wegen schwerer Vergewaltigung auf und verweist die Sache an das Landgericht zurück.

    BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2012, Az.: 3 StR 385/12

  • Werden Drogen vor dem Verkauf (Handeltreiben mit Drogen) sichergestellt, so ist dies im Strafrecht ein Strafmilderungsgrund.

    Der Angeklagte wurde vom Landgericht Münster wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwölf Fällen, davon in einem Fall in nicht geringer Menge, und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Dabei gab das Landgericht jedoch in den Urteilsgründen den Wirkstoffgehalt des Marihuanas nicht an.

    Dagegen richtet die Strafverteidigung ihre Revision.

  • Haben mehrere Personen ein Messer in der Hand, muss es nicht zwingend zu Mischspuren führen.

    Das Landgericht Leipzig verurteilte den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes. Er soll mit einem Mittäter einen Tabakladen überfallen und dabei ein Messer geführt haben. Auf der Flucht vom Tatort ließ er das Messer im Laden zurück.
    Die Verurteilung stützt sich hauptsächlich auf die DNA-Spuren am Messer, die mit dem des Täters übereinstimmen. Das Gutachten bescheinigt, dass die Feststellung zur DNA-Spur des Angeklagten auf dem Messergriff hochspezifisch sei. Ferner könne das Gutachten ausschließen, dass eine andere Person den Griff des Messers in der Hand getragen habe, da dies zwingend zu einer Mischspur führen würde. Dagegen wehrt sich die Strafverteidigung mittels Revision.
    Der Bundesgerichtshof (BGH) kritisiert vor allem, dass die Berechnungsgrundlage nicht Teil des Urteils wurde.

    „Das Urteil verhält sich nicht zu den Berechnungsgrundlagen, aus denen abzuleiten ist, dass das an dem verwendeten Messer gesicherte Spurenmaterial mit der im Urteil genannten Wahrscheinlichkeit vom Angeklagten herrührt. Zumindest dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – dem DNA-Gutachten eine ganz maßgebende Bedeutung für die Feststellung der Täterschaft des Angeklagten zukommt, ist eine nachvollziehbare Darlegung erforderlich, auf welchen Grundlagen der Sachverständige die genannte Wahrscheinlichkeit bestimmt hat“

    Ebenfalls führt der Senat aus, dass es nicht zwingend zu Mischspuren kommen müsse, wenn eine weitere Person das Messer in der Hand gehabt hätte:

    „Der Senat weist ferner darauf hin, dass die Erwägungen zu einer zwingenden Mischspur bei Berührung des Messergriffs durch eine andere Person nicht im Einklang mit Erfahrungen des Senats bei der Beurteilung vergleichbarer Spurenlagen durch Sachverständige und Tatgerichte stehen.“

    Aus diesem Grund kann das Urteil des Landgerichts keinen Bestand haben. Die Revision hat damit Erfolg. Das Urteil wird aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

    BGH, Beschluss vom 7. November 2012, Az.: 5 StR 517/12


  • Macht ein Verwandter in der Hauptverhandlung nach § 52 StPO Gebrauch von seinem Aussageverweigerungsrecht, dürfen frühere Angaben von ihm nicht als Beweismittel berücksichtigt werden.

    Der Angeklagte wurde vom Landgericht Erfurt wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Der Mann soll 2001 die damals 10-jährige Geschädigte in seiner Wohnung zuerst mit der Zunge geküsst und anschließend mit ihr den Vaginalverkehr vollzogen haben. Bei späteren Besuchen soll es zu weiteren sexuellen Handlungen gekommen sein.

    Der Angeklagte bestritt die Tat und sagte, dass sein Sohn mit der Geschädigten in einem Zimmer übernachtet hätte. Das Landgericht sah dies als widerlegt an, weil der Sohn aussagte, er habe am Abend die Wohnung verlassen. Gegen die Verurteilung richtet sich die Strafverteidigung mit der Revision.

    Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt fest, dass laut Sitzungsniederschrift der Sohn des Angeklagten nicht zur Sache aussagte, sondern nach seiner Belehrung vom Aussageverweigerungsrecht gemäß § 52 StPO Gebrauch machte. Auch gibt es keine Anhaltspunkte, dass die Angaben des Sohnes durch die Vernehmung einer Verhörsperson in das Hauptverfahren eingeführt worden sein könnten. Damit verstößt die Kammer gegen das Unmittelbarkeitsprinzip, wenn es Beweismittel berücksichtigt, die nicht in die Verhandlung eingeführt wurden.

    Darüber hinaus stellte das Landgericht fest, dass der Angeklagte unter einer ausgeprägten histironischen und narzisstischen Persönlichkeit sowie einer pädophilen Nebenströmung litt. Der Senat gibt dabei zu bedenken, dass solche Merkmale im Sinne des § 20 StGB nicht isoliert betrachtet werden dürfen, sondern in einer Gesamtschau bewertet werden müssen. Auch bezügliches des Zungenkusses gibt der Senat zu bedenken, ob die Erheblichkeitsschwelle in diesem Fall schon überschritten wäre:

    „Sofern sich das Tatgericht erneut davon überzeugt, dass der Angeklagte im Fall II. 4 der Urteilsgründe versucht hat, die Geschädigte zu küssen, wird es auch zu prüfen haben, ob insoweit die Erheblichkeitsschwelle des § 184g Nr. 1 StGB überschritten ist. Als erheblich im Sinne dieser Vorschrift sind nur solche Handlungen zu werten, die nach Intensität und Dauer eine sozial nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung des im jeweiligen Tatbestand geschützten Rechtsguts besorgen lassen“

    Insoweit hatte die Revision der Strafverteidigung somit Erfolg. Eine andere Strafkammer des Landgerichts muss sich mit der Sache neu befassen.

    BGH, Beschluss vom 12. September 2012, Az.: 2 StR 219/12


  • Einzelne Aussagen des Angeklagten dürfen nicht isoliert gesehen werden, sondern es muss die gesamte Einlassung betrachtet werden.

    Das Landgericht Frankfurt am Main verurteilte den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren. Dagegen wehrt sich die Strafverteidigung mit der Revision.

    Das Landgericht kam zu folgender Feststellung: Der Angeklagte wollte mit seinem Fahrrad an dem Geschädigten und einem Freund vorbei fahren. Der Geschädigte sprach den Angeklagten sodann auf eine Auseinandersetzung von einigen Tagen zuvor an. Daraufhin warf der Angeklagte sein Fahrrad zur Seite und schlug den Geschädigten auf die Brust. Nachdem der Geschädigte zurückschlug, zog der Angeklagte ein Messer und stach in den Oberkörper des Geschädigten. Dieser starb daraufhin.
    Der Angeklagte stellte die Situation jedoch anders da. Er wäre vom Geschädigten mit der Faust auf das linke Auge geschlagen worden und kam dabei zu fall. Als er aufstehen wollte, wurde er von mehreren Schlägen auf den Hinterkopf wieder heruntergeschlagen. Daraufhin sei er in eine Hecke geraten. Erst dort kam er wieder in die Hocke und stach mit einem Messer zu. Das Landgericht hielt die Einlassung des Angeklagten für insgesamt unglaubhaft und widerlegt an.
    Der Bundesgerichtshof (BGH) prüft als Revisionsinstanz zwar lediglich auf Rechtsfehler, jedoch liegt solch ein Rechtsfehler auch dann vor, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Nach den Ausführungen des Senats fehle es hier an einer Gesamtwürdigung der Einlassung, das Landgericht wertete einzelne Beweisergebnisse lediglich isoliert.
    So hielt das Landgericht es zum Beispiel für ausgeschlossen, dass Verletzungen am rechten Jochbein und dem linken Auge sowie ein abgebrochener Schneidezahn beim Angeklagten von einem einzigen Schlag herrühren können. Dagegen führt der BGH aus:

    „Die Erörterungen des Gerichts bleiben jedoch lückenhaft, da es nach der Einlassung des Angeklagten naheliegende andere Ursachen für die festgestellten Verletzungen nicht berücksichtigt hat (vgl. auch BGH, Beschluss vom 3. April 2002 – 3 StR 33/02 – NStZ 2002, 494, 495; BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung, unzureichende 5), wie etwa den Umstand, dass der Angeklagte, während er zu Boden schaute, durch zahlreiche Schläge auf den Hinterkopf „heruntergeschlagen“ wurde. Auch wenn sich der Angeklagte auf allen „Vieren“ befunden haben will, schließt dies Gesichtsverletzungen der festgestellten Art nicht aus.“

    Ebenfalls isoliert betrachtete das Landgericht das Hineingeraten in die Hecke. So könnte die grüne Farbe an der Hose des Angeklagten nicht von der Hecke stammen, da die Blätter zu klein seien. Auch die Pflanzenspuren an der Gesäßtasche der Hose, die von einer naheliegenden Hecke stammen, lassen laut dem Landgericht nicht den Schluss zu, dass der Angeklagte zur Tatzeit in die Hecke gefallen sei. Dabei kritisiert der Senat, dass das Landgericht keine Anhaltspunkte erwähnte, warum der Angeklagte vor oder nach Tatbegehung mit der Hecke in Kontakt geraten sein soll. Insgesamt fehlt es dem Gesamt an einer Gesamtschau bezüglich der Einlassung:

    „Vor allem aber fehlt es an einer erforderlichen Gesamtwürdigung, die erkennen lässt, dass die einzelnen Indizien, die für sich genommen einen geringen Beweiswert haben mögen, im Zusammenhang mit den anderen gesehen und auch zueinander in Bezug gesetzt worden sind. Die vom Landgericht floskelhaft erwähnte Gesamtschau (UA S. 15) wird dem nicht gerecht.“

    Aus diesem Grund hat die Strafverteidigung mit ihrer Revision Erfolg. Das Urteil des Landgerichts wird aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

    BGH, Beschluss vom 27. September 2012, Az.: 2 StR 349/12


  • Besteht die Tat aus mehreren Einzelakten, so reicht es aus, dass die Waffe bei einem Einzelakt geführt wird.

    Der Angeklagte wurden wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG verurteilt. Der Angeklagte handelte nach den Feststellungen des Landgerichts Mühlhausen in seinem Wohnzimmer mit Drogen. Dabei befand sich im gleichen Zimmer in einem Hängeschrank eine geladene Schrotflinte. Die Drogen wurden dagegen etwa 20 bis 25 Meter entfernt im Garten des Angeklagten gelagert. Die Revision des Angeklagten wehrte sich gegen die Verurteilung.

    Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte jedoch die Einordnung des Tathergangs als bewaffnete Begehung. Denn es reicht für das Bei-sich-führen aus, dass sich die Waffe in Griffweite befinde. Sie müße jedoch nicht am eigenen Körper getragen werden. Auch sei es unerheblich, dass er im Wohnzimmer immer lediglich mit geringen Mengen an Drogen handelte. Denn es reiche aus, dass der qualifizierende Umstand nur bei einem Einzelakt verwirklich werde. Dabei ist es nicht relevant, dass die nicht unerhebliche Menge an Drogen an einem Ort gelagert wurde, bei der der Täter keinen unmittelbaren Zugriff auf die Waffe mehr hatte. Der BGH begründet dies mit dem Schutzzweck der Norm:

    „Grund für die erhöhte Strafandrohung ist die besondere Gefährlichkeit von Delikten der Betäubungsmittelkriminalität, bei denen der Täter eine Waffe bei sich führt. Bei Drogengeschäften, die sich auf eine nicht geringe Menge von Betäubungsmitteln beziehen, ist stets damit zu rechnen, dass ein bewaffneter Täter seine Interessen, insbesondere an der Besitzerhaltung oder an dem Erwerb von Drogen oder Geld rücksichtslos durchsetzt, indem er von der Waffe Gebrauch macht“

    Aus diesem Grund hatte der Angeklagte mit seiner Revision keinen Erfolg.

    BGH, Beschluss vom 24. Juli 2012, Az.: 2 StR 205/12


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht | Dr. jur. Sascha Böttner (Strafverteidiger)

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