Betrug

  • BGH, Urteil vom 27.01.2011, Az.: 4 StR 33

    Das Landgericht Bielefeld hat die Angeklagten jeweils der banden- und gewerbsmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit banden- und gewerbsmäßigem Computerbetrug in mehreren Fällen sowie der versuchten banden- und gewerbsmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion schuldig gesprochen. Die zwei Männer wurden zu einer  langjährigen Freiheits- bzw. Jugendstrafe verurteilt.

    Nach den Feststellungen des Landgerichts schlossen sich die Angeklagten Mitte 2009 einer Gruppe an. Deren Ziel war es, in großem Umfang Daten der EC- bzw. Kreditkarten von Bankkunden, die einen Geldautomaten benutzen, auszulesen und auf Kartenrohlinge zu übertragen. Anschließend sollte unter Verwendung der ebenfalls erlangten persönlichen Geheimzahl (PIN) Geld von Geldautomaten abgehoben wird.

    Zunächst wurden die Daten der Kunden durch ein manipuliertes Kartenlesegerät des Türöffnungsmechanismus ausgelesen und dann die Geheimzahlen durch Kameras ausgespäht. Die Daten wurden dann an Mittäter übergeben und von dort nach Italien weiter geleitet. Dort wurden Kartendoubletten hergestellt. Allerdings konnte es zu keinem Zeitpunkt zu einem Schaden kommen, da die Manipulation des Türöffners bemerkt und die Konten gesperrt wurden.

    Die Angeklagten rügten die Verurteilung wegen versuchter banden- und gewerbsmäßige Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion, da noch kein unmittelbares Ansetzen gegeben sei.

    Dazu der BGH:

    „Nach § 22 StGB versucht eine Straftat, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Hierfür ist nicht erforderlich, dass der Täter bereits ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht. Es genügt, dass er Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind und unmittelbar in die tatbestandliche Handlung einmünden. Das Versuchsstadium erstreckt sich deshalb auch auf Handlungen, die in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen oder die in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen. Dies ist der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet, es eines weiteren „Willensimpulses“ nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestands übergeht (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2002 – 5 StR 42/02, BGHSt 48, 34 m.w.N.).

    Diese abstrakten Maßstäbe bedürfen angesichts der Vielzahl denkbarer Sachverhaltsgestaltungen stets der wertenden Konkretisierung unter Beachtung der Umstände des Einzelfalles (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2001 – 3 StR 303/01, NJW 2002, 1057).“

    „Zu Recht hat das Landgericht auf das enge Ineinandergreifen der einzelnen einem festen Ablaufplan folgenden Tatbeiträge und auf den nach dem Tatplan engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Tatbeitrag der Angeklagten und dem Beschreiben der Kartenrohlinge durch andere Bandenmitglieder als eigentlicher Fälschungshandlung abgestellt. Die dem Auslesen der Daten und der Weitergabe der Speichermedien nachfolgenden Arbeitsschritte bis hin zu den – der Tatbestandsverwirklichung des § 152b StGB nachgelagerten – Abhebungen an den Geldautomaten mussten vonstatten gehen, bevor die Manipulation an den Lesegeräten in den Bankfilialen bemerkt wurde. Die schnelle zeitliche Abfolge wurde durch das eingespielte System von Tatbeiträgen gewährleistet, bei dem den in Italien sitzenden Mittätern die einzelnen Datenübersendungen jeweils avisiert wurden. Diese wussten dadurch bereits im Voraus, dass die Erbringung ihres eigenen Tatbeitrags unmittelbar bevorstand. Es bedurfte mithin keines neuen Willensimpulses bei einem der durch die Bandenabrede verbundenen Mittäter mehr, sondern die Angeklagten setzten mit der Weitergabe der Daten – was ihnen bewusst war – gleichsam einen automatisierten Ablauf in Gang, so dass auch unter dem Gesichtspunkt der konkreten nahen Rechtsgutsgefährdung (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2001 – 3 StR 303/01, aaO; Beschluss vom 2. August 1989 – 3 StR 239/89, BGHR StGB § 22 Ansetzen 11; Beschluss vom 7. Oktober 1993 – 4 StR 506/93, StV 1994, 240) die Annahme eines unmittelbaren Ansetzens geboten ist. Dass dem Beschreiben der Kartenrohlinge die Auswertung der Speichermedien durch Abgleich von Videoaufzeichnungen und ausgelesenen Kartendaten und die Übersendung der Daten nach Italien vorausgingen, stellt danach bei der gebotenen wertenden Betrachtung (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 1980 – 3 StR 108/80, NJW 1980, 1759) keine diese Annahme hindernden Zwischenschritte dar (vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. Mai 1991 – 5 StR 4/91, BGHR StGB § 22 Ansetzen 14; Beschluss vom 11. Mai 2010 – 3 StR 105/10).“

    Auch der BGH bejaht wie zuvor das Landgericht das unmittelbare Ansetzen. Dies sei spätestens mit der Weitergabe der Daten erfolgt. In einem anderen Fall hatte der BGH das unmittelbare Ansetzen verneint.

    Allerdings hatten die Angeklagten sich bis dahin nur bemüht, Kartenrohlinge zu erhalten und wurden bereits vor Erhalt der Rohlinge festgenommen. Im vorliegenden Fall allerdings wurden die Daten bereits ausgespäht und sogar weitergegeben. Ab diesem Zeitpunkt konnten die Angeklagten nicht mehr in das Geschehen eingreifen. Dies muss den Angeklagten auch bewusst gewesen sein, da es ihrem Tatplan entsprach.


  • Das Landgericht Köln hat den Angeklagten wegen Betrugs in 78 rechtlich zusammenfallenden Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Gegen diese Entscheidung legte der Angeklagte Revision ein.

    Der Angeklagte erwarb eine vermögenslose Aktiengesellschaft als Alleinaktionär und wurde deren alleiniger Vorstand. Den Aufsichtsrat berief er ab und ersetzt ihn durch nahe stehende Personen. Sein Plan war es, durch den „Verkauf von Aktien“ der AG an Privatanleger an Geld zu kommen. Den Verkauf wickelte er über Telefonverkäufer ab. Gegenstand des Verfahrens sind 78 Fälle, durch welche insgesamt 17 Anleger getäuscht worden sein sollen. Die Summe der Einnahmen der AG beläuft sich dabei auf ca. 8,2 Millionen Euro.

    Das Landgericht hatte bei den Anlegern bei der Verurteilung einen nicht näher bezifferten Vermögensgefährdungsschaden angenommen.

    Nach Ansicht des BGH könne hier ein Vermögensschaden – hier ein sog. Eingehungsschaden durch Abschluss eines Vertrages – nicht ohne weiteres angenommen werden:

  • BGH, Beschluss vom 03.05.2011, Az.: 3 StR 33/11

    Vom Amtsgericht Mönchengladbach erging ein Durchsuchungsbeschluss, in welchem der wegen Betrug Angeklagte als Mitbeschuldigter genannt war. Die Durchsuchung sollte dabei nicht bei dem Angeklagten stattfinden, sondern in der Wohnung, den Neben- und Geschäftsräumen, den Kraftfahrzeugen, sonstigen Sachen sowie der Person des Mitangeklagten. Die Ermittlungsmaßnahme sollte laut der Beschlussbegründung explizit dazu dienen, Beweismittel gegen den Angeklagten zu finden.
    Fraglich war im vorliegenden Fall, ob dieser Durchsuchungsbeschluss für die Räume des Mitangeklagten die Verjährung nach § 78c I StGB für den Angeklagten unterbrechen kann.

    Dazu der BGH:

     

    „Gemäß § 78c Abs. 4 StGB wirkt die Verjährungsunterbrechung nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Unterbrechungshandlung bezieht. Die Handlung muss daher gegen eine bestimmte Person als Täter oder Teilnehmer gerichtet sein. Dies ist zu bejahen, wenn sie dazu dient, das den Täter oder Teilnehmer betreffende Verfahren fortzusetzen.
    Hierfür ist es jedenfalls nicht allein maßgebend, wer von einer Durchsuchung oder Beschlagnahme unmittelbar betroffen ist. Dies zeigt sich schon daran, dass die Strafprozessordnung einerseits in § 103 StPO Durchsuchungen auch zu Lasten nicht tatverdächtiger Dritter zulässt, während andererseits § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB jede Durchsuchungsanordnung für die Verjährungsunterbrechung genügen lässt. Sogar eine Maßnahme, die ausschließlich nicht tatverdächtige Dritte unmittelbar betrifft, ist daher grundsätzlich geeignet, die Verjährung gegenüber einem Beschuldigten zu unterbrechen (BGH, Beschluss vom 1. August 1995 – 1 StR 275/95, StV 1995, 585).“

    Damit stellt der BGH klar, dass von der Wirkung eines Durchsuchungsbeschlusses auch andere Beteiligte erfasst werden, sofern der Beschluss auch der Aufklärung ihrer Beiträge dient. Die Beschlüsse dienen der umfassenden Aufklärung und richten sich daher regelmäßig gegen alle Tatverdächtigen. Es könne nicht darauf ankommen, wo die Durchsuchung stattfindet.


  • Der Antragsteller wollte mit seiner Strafanzeige bei der Polizei erreichen, dass gegen seine Frau ein Verfahren wegen Betrugs oder Diebstahls eingeleitet wird. Momentan ist zwischen den beiden ein Scheidungsverfahren anhängig. In der vom Antragsteller erstatteten Anzeige warf er seiner Noch-Ehefrau vor, bei ihrem Auszug aus der gemeinsamen Ehewohnung diverse Gegenstände mitgenommen zu haben, die allerdings nur im Eigentum des Antragsstellers standen. Das zunächst eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 154 d S. 1 StPO vorläufig eingestellt.

    Der Antragssteller sollte zivilrechtlich gegen seine Frau vorgehen, um dort die Eigentumsverhältnisse klären zu lassen. Dies geschah nicht fristgerecht, sodass die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen die Frau endgültig einstellte.

    Gegen diese Entscheidung legte der Mann Beschwerde ein, welche abgelehnt wurde. Daraufhin stellte er beim OLG Nürnberg den Antrag auf Erhebung der öffentlichen Klage gemäß § 172 II 1, 3 StPO.

  • Ein 26-jähriger Mann war vor dem Amtsgericht wegen des Verdachts der Körperverletzung und des Betrugs angeklagt. Ihm wurde vorgeworfen, einen Taxifahrer nach der Fahrt angegriffen zu haben und sodann das Taxi – ohne zu bezahlen – verlassen zu haben.

    Laut Aussage des Fahrers habe der Angeklagte ihm während der Fahrt sogar von seinem Beruf erzählt. Als das Taxi am gewünschten Ort anhielt, wollte der Angeklagte zunächst aussteigen, um Geld aus seiner Wohnung zu holen. Der Taxifahrer wurde skeptisch und fuhr mit dem Angeklagten zu einer Bank, um dort an seine 40 Euro zu kommen. Dort angelangt sprühte der 26-jährige dem Mann Reizgas ins Gesicht und flüchtete. Der Taxifahrer allerdings erhielt durch Passanten, denen er den Mann beschrieb seinen Namen und rief die Polizei. Es wurde ein Mann ermittelt, der sodann angeklagt wurde. Allerdings passte der Beruf, den der Fahrgast im Taxi nannte nicht.

    Im Prozess stellt sich heraus, dass ein anderer Mann mit entsprechendem Namen als Täter in Betracht käme, welcher auch dem „zutreffenden“ Beruf nachgeht. Beide Männer bestritten die Tat. Der Taxifahrer war sich den ganzen Prozess über sicher, dass der Angeklagte in seinem Taxi saß und die Tat begangen habe.

    Die Staatsanwaltschaft forderte eine Geldstrafe für den Angeklagten, die Verteidigung einen Freispruch.

    Das Gericht folgte dem Antrag der Verteidigung, da Zweifel an der Tat bestünden. Hauptargument für den Freispruch war, dass der Beruf des Angeklagten nicht dem in der Tatnacht genannten entspricht.

    ( Quelle: Schaumburger Nachrichten online vom 25.08.2011 )

  • BGH, Beschluss vom 07.12.2010, Az.: 3 StR 434/10

    Das Landgericht Duisburg hat den Angeklagten K. wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 51 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Angeklagten S. und Ku. hat es des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in 35 Fällen schuldig gesprochen und gegen sie Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren bzw. zwei Jahren und neun Monaten verhängt.

    Gegen diese Entscheidung wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg.

    Im vorliegenden Fall ging es darum, dass die Angeklagten Betrugstaten zu Lasten von Mobilfunkbetreibern begangen haben sollen. Dabei hatte jeder der Angeklagten einen anderen „Tatbeitrag“ zu erfüllen. Der Angeklagte K. unterstützte die Taten mit einem Darlehn in Höhe von 5000-6000 Euro. Die Angeklagten S. und Ku. erstellten insbesondere Ausweise und Debitkarten nicht existenter Personen.

    Der BGH beanstandete die Entscheidung:

    „Sind an einer Deliktsserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, so ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, für jeden Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden; maßgeblich ist dabei der Umfang seines Tatbeitrags oder seiner Tatbeiträge. Erfüllt ein Mittäter hinsichtlich aller oder einzelner Taten der Serie sämtliche Tatbestandsmerkmale in eigener Person oder leistet er für alle oder einige Einzeltaten zumindest einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit nicht natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Allein die organisatorische Einbindung des Täters in ein betrügerisches Geschäftsunternehmen ist nicht geeignet, die Einzeldelikte der Tatserie rechtlich zu einer Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen. Erbringt er dagegen im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktsserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeldelikte seiner Mittäter gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob die übrigen Beteiligten die einzelnen Delikte gegebenenfalls tatmehrheitlich begangen haben, ist demgegenüber ohne Bedeutung (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschluss vom 10. Mai 2001 – 3 StR 52/01, wistra 2001, 336; BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, NJW 2004, 2840).“

     

    „Bei einer Serie von Straftaten mehrerer Angeklagter ist sorgfältig auf eine geordnete und übersichtliche Darstellung der einzelnen Taten zu achten, um Fehler zu vermeiden. Dem wird das angefochtene Urteil nicht in jeder Hinsicht gerecht.“

    So ist dies nach der Entscheidung des BGH auch im vorliegenden Fall gewesen. Das Landgericht habe den individuellen Tatbeitrag der Angeklagten zu der jeweiligen Tat nicht konkret genug benannt. Vielmehr seien die Beiträge nur pauschal umschrieben. Daher hat der BGH das Urteil auf die Revision aufgehoben und zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.


  • BGH, Pressemitteilung vom 05.08.2011

    Mit der vorliegenden Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Revision gegen die Verurteilung eines Chefarztes wegen Bestechlichkeit ( § 332 StGB) und Betrug ( § 263 stGB ) aus den folgenden Gründen und Erwägungen verworfen.

    Pressemitteilung:

    Mit Urteil vom 12. März 2010 hat das Landgericht Essen den Angeklagten wegen Bestechlichkeit (§ 332 StGB)* in 30 Fällen, in drei Fällen in Tateinheit mit Nötigung (§ 240 StGB)** und in einem Fall in Tateinheit mit Betrug, sowie wegen Betruges, versuchten Betruges und Steuerhinterziehung zu drei Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten weitere Straftaten zur Last gelegt. Insoweit wurde das Verfahren teilweise eingestellt. Teilweise wurde der Angeklagte freigesprochen

    Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte im Tatzeitraum Universitätsprofessor und leitete an einem Universitätsklinikum die Klinik für Allgemein- und Transplantationschirurgie. Im Zeitraum von Mai 2003 bis Anfang des Jahres 2007 forderte er von 30 Regelleistungspatienten, die keinen Anspruch auf eine wahlärztliche Behandlung durch den Angeklagten hatten, eine „Spende“ und versprach als Gegenleistung, diese Patienten in der Weise zu bevorzugen, dass er sie persönlich behandeln werde, was er in 29 Fällen dann auch tat. In drei dieser Fälle setzte der Angeklagte die Patienten unter Druck, indem er die Operation als dringlich oder nur durch ihn durchführbar darstellte. In einem Fall wusste der Angeklagte, dass er die Operation nicht selbst würde vollständig durchführen können, vereinbarte aber gleichwohl eine „Spende“. Die Patienten zahlten Beträge zwischen 2.000,- € und 7.500,- €, die mit Ausnahme eines Falles auf ein beim Universitätsklinikum geführtes Drittmittelkonto einbezahlt wurden, über das der Angeklagte faktisch frei verfügen konnte; in einem Fall behielt der Angeklagte die geforderte „Spende“ (7.500,- € „bar und in kleinen Scheinen“) für sich. Das Landgericht nahm an, der Angeklagte, der den äußern Ablauf der Spendeneinwerbung einräumte, habe diese nicht für verbotenes Unrecht gehalten, bei gehöriger Erkundigung hätte er diesen Irrtum aber vermeiden können (§ 17 StGB)***.

    Darüber hinaus erzielte der Angeklagte im Rahmen seiner als Nebentätigkeit genehmigten Behandlung von Wahlleistungspatienten Einnahmen (u.a. Zahlungen von Patienten ohne Rechnung), die er zum einen nicht gegenüber der Universitätsverwaltung, zum anderen nicht in seiner Einkommensteuer angab. Dadurch wurde sowohl das vom Angeklagten geschuldete Entgelt für die Nutzung der Universitätseinrichtungen (35% der erzielten Einnahmen) als auch die vom Angeklagten zu zahlende Einkommensteuer zu niedrig festgesetzt.

    Das Landgericht hat ferner festgestellt, dass der Angeklagte in mehreren Fällen angeblich von ihm persönlich erbrachte Operationsleistungen gegenüber den Patienten hat abrechnen lassen, obgleich er zum Zeitpunkt der Operation nicht im Universitätsklinikum war. Das Landgericht hat dies als Betrug bzw. versuchten Betrug (§ 263 StGB) gewertet.

    Der Bundesgerichtshof  hat die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen und formellen Rechts rügt, als offensichtlich unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO); die umfassende Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Staatsanwaltschaft hat ihre zu Lasten des Angeklagten eingelegte Revision zurückgenommen. Die Verurteilung des Angeklagten ist damit rechtskräftig.

    Beschluss vom 13. Juli 2011 – 1 StR 692/10
    Landgericht Essen – Urteil vom 12. März 2010, 56 KLs 20/08

     


  • Der BGH hatte zu klären, inwiefern eine Strafbarkeit wegen Betrug § gemäß 263 Abs. 1 StGB vorliegt, wenn jemand die öffentliche Verlosung eines Hauses im Internet ohne Erlaubnis der Behörde veranstaltet.

  • BGH,  Urteil vom 02.03.2011, Az.: 2 StR 524/10

    Das Landgericht hatte das Verfahren gegen den Angeklagten gemäß § 260 III StPO eingestellt. Als Verfahrenshindernis sah das Gericht hier die unzureichenden Angaben in der Anklage, welche den Anforderungen des § 200 I 1 StPO nicht gerecht wurden.

    Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft Revision ein, woraufhin der BGH das Urteil zum Teil aufhob und es in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts zurück verwies.

    Der BGH hatte sich dabei mir der Frage befasst, wie detailliert Einzelakte beschrieben werden müssen, wenn es sich um eine Vielzahl gleichartiger Delikte – hier Betrug – handelt, welche zu einer Tateinheit verbunden werden.

    Grundsätzlich sind an eine Anklage hohe Anforderungen zu stellen, da es sich dabei um wichtige Informationen für den Angeklagten und dessen Verteidigung handelt. Um also eine gute und umfassende Verteidigung gewährleisten zu können, sind eben diese detaillierten Informationen erforderlich.

    Dazu führte der BGH aus:

    Bei einer Vielzahl gleichartig begangener Betrugsdelikte müssen zu deren Konkretisierung grundsätzlich auch die Geschädigten der einzelnen Fälle benannt und diese so dargestellt werden, dass sie von etwaigen weiteren Fällen durch nähere Einzelheiten oder Begleitumstände unterscheidbar sind (vgl. BGH StV 2007, 171 f.; KK-Schneider 6. Aufl. § 200 StPO Rn. 11 mwN). Dies gilt jedoch nur, wenn die Serienstraftaten je für sich prozessual als selbständige Taten zu werten sind, etwa weil sie auch materiell-rechtlich in Realkonkurrenz stehen (vgl. BGH NJW 2008, 2131, 2132; NStZ 2008, 352). Wird dagegen eine Vielzahl gleichartiger Einzelakte durch dieselbe Handlung des Beschuldigten zu gleichartiger Tateinheit und damit auch prozessual zu einer Tat verbunden, genügt die Anklage ihrer Umgrenzungsfunktion, wenn die Identität dieser Tat klar gestellt ist. Einer individualisierenden Beschreibung ihrer Einzelakte bedarf es bei einer solchen Fallgestaltung nicht, um den Prozessgegenstand unverwechselbar zu bestimmen.

    Das heißt, dass es für den BGH in erster Linie auf die Abgrenzbarkeit der Taten voneinander ankommt. Stehen die Taten allerdings in Tateinheit, so müsse die Umgrenzung der Taten in der Anklage ausreichend sein.

    Aus diesem Grund hatte die Revision der Staatsanwaltschaft gegen die Einstellung des Landgerichts auch teilweise Erfolg.

  • Das Landgericht München I verurteile den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten.

    Nach Beschluss des BGH vom 14.12.2010  ist die vom Angeklagten eingelegte Revision nach § 349 II StPO unbegründet (Az.: 1 StR 275/10).

    Der BGH hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Strafbarkeit gemäß § 370 I Nr. 1 AO auch gegeben ist, wenn die Finanzbehörden Kenntnis des zu Grunde liegenden Sachverhalts und zudem Zugang zu den Beweismitteln hatten.
    Das Landgericht hielt diesen Umstand für irrelevant, da es bei der Strafbarkeit nach § 370 I Nr. 1 AO nicht darauf ankäme, dass die Behörden getäuscht werden. Die Täuschung ist folglich – anders als es beim Betrug der Fall ist – keine Tatbestandsvoraussetzung. Es geht lediglich um die falschen Angaben, wobei es also egal ist, ob die Behörden die Unrichtigkeit kennen oder nicht.

    Diese Rechtsprechung bestätigte der BGH.


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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