sexueller Missbrauch von Kindern

  • Beruft sich ein Zeuge in der Hauptverhandlung nach erstmaliger Belehrung auf sein Zeugnisverweigerungsrecht, dürfen frühere Vernehmungen nur dann verwertet werden, wenn der Zeuge dem ausdrücklich zustimmt.

    Vor dem Landgericht Gera wurde dem Angeklagten schwerer sexueller Missbrauch von Kindern in 111 Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, vorgeworfen. Das Landgericht sah seine Schuld als bewiesen an und verurteilte ihn zu 13 Jahren Freiheitsstrafe.

    Das Landgericht hatte dazu auch die drei Töchter des Angeklagten, die nach der Urteilsfeststellung die Geschädigten sind, als Zeuginnen vernommen. Die Töchter beriefen sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 52 StPO. Nach Entlassen der Zeuginnen wurde die richterliche Vernehmung der Zeuginnen verlesen.

    Hiergegen richtet sich die Revision der Strafverteidigung.

  • Das freiwillige Einräumen von Falschbeschuldigungen erhöht nicht die Glaubwürdigkeit.

    Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, seine Tochter unter dem T-Shirt an die Brust und in die Schlafanzughose im Schambereich gegriffen zu haben. Ebenfalls soll er das Mädchen aufgefordert haben, sich komplett auszuziehen. Dies hatte die Tochter bei der Polizei ausgesagt. In der Hauptverhandlung verweigerten die geschädigte Tochter, ihre Mutter, Großmutter und Schwester die Aussage.

    Bei der ermittlungsrichterlichen Vernehmung zuvor gestand die Tochter, dass die bei der Polizei erhobenen Vorwürfe zum Teil erlogen wären. Dies tat sie, um sich an ihren Vater zu rächen. Trotzdem glaubte das Landgericht Chemnitz der Zeugin in den restlichen Fällen und verurteilte den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Dagegen legte die Strafverteidigung die Revision ein.

    Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt fest, dass bei einer „Aussage gegen Aussage“-Situation das urteilende Gericht alle Umstände, die für die Entscheidung erheblich sind, einbeziehen muss. Das Landgericht wertete die Angabe des Mädchens so, dass es teilweise gelogen hatte, so dass dadurch erst recht die Glaubwürdigkeit bezüglich der restlichen Vorwürfe steigen würde. Dies sieht der BGH anders:

    „Diese Erwägungen greifen zu kurz. Die – vom Landgericht unterstellte – Lüge gerade hinsichtlich der gewichtigsten bei der Polizei erhobenen Vorwürfe stellte die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin insgesamt in schwerwiegender Weise in Frage. Das Landgericht hat schon nicht geprüft, ob das Motiv der Rache auch für eine mögliche Falschbelastung des Angeklagten im Verurteilungsfall in Betracht kam. Wesentlich erschwerend tritt hinzu, dass das Tatgericht sich keinen unmittelbaren Eindruck von der Zeugin verschaffen und eine fundierte Glaubhaftigkeitsprüfung auf der Grundlage aussagepsychologischer Methoden nicht durchführen konnte, da hierfür im Hinblick auf die Geltendmachung des Zeugnisverweigerungsrechts durch die Zeugin zu wenig Aussagematerial zur Verfügung stand.“

    Daher hätten weitere Gründe für die Glaubwürdigkeit der Zeugin vorliegen müssen. Diese hat das Landgericht in seiner Urteilsbegründung jedoch nicht erwähnt. Der BGH geht nicht davon aus, dass ein neues Tatgericht zu einer Verurteilung des Angeklagten gelangen könnte. Aus diesem Grund hat die Revision der Strafverteidigung Erfolg und der Angeklagte wird vom Senat freigesprochen.

    BGH, Beschluss vom 12. September 2012, Az.: 5 StR 401/12

  • Der Täter muss für den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern gemäß § 176a wissen, dass es sich um ein Kind handelt.

    Der Angeklagte wurde vom Landgericht Bielefeld wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 42 Fällen sowie wegen sexuellen Missbrauches eines Kindes in 31 Fällen zu neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wehrte sich die Strafverteidigung mit der Revision.

  • Vor dem Landgericht Itzehoe ging ein Verfahren zu Ende, das selbst den Richter entsetzte. Angeklagt waren ein 48-jähriger Vater und sein 18-jähriger Sohn. Über Jahre hinweg sollen sie, gemeinsam mit einem weiteren 16-jährigen Sohn, drei Töchter der Familie sexuell missbraucht haben.

  • Dies gilt vor allem bei einer Aussageänderung nach Einleitung von Ermittlungen wegen falscher uneidlicher Aussage.

    Bei Sexualdelikten gibt es neben der Aussage des Opfers häufig keine weiteren Beweise. Dies erschwert die Aufklärung der Tat für den erkennenden Richter. Solch eine „Aussage gegen Aussage“ -Situation hatte auch das Landgericht Bonn in einem Verfahren zu beurteilen. Der Angeklagte wurde wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in vier Fällen zu sieben Jahren Haft verurteilt. Die Strafverteidigung hatte anschließend das Urteil mit der Revision angefochten.

  • Möchte das Gericht dem Sachverständigen nicht folgen, muss es sich mit dessen Aussagen trotzdem auseinandersetzen.

    Der Angeklagte wurde vom Landgericht Saarbrücken unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Der Angeklagte soll seine damals 11-jährige Tochter mit seinem Finger im Scheidenbereich berührt haben.

  • Dem Beschuldigten wurden mehrere Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern vorgeworfen.

    Die Jugendkammer des Landgerichts Frankenthal setzte den Haftbefehl außer Vollzug, mit der Auflage, dass sich der Beschuldigte regelmäßig bei einer Polizeidienststelle zu melden und Kindergärten und Schulen zu meiden habe.

    Auch nachdem das Hauptverfahren vor dem Landgericht Frankenthal startete und dem Angeklagten eröffnet wurde, dass auch eine Anordnung zur Unterbringung in der Sicherungsverwahrung möglich wäre, wurde der Haftbefehl weiter außer Vollzug gesetzt.

    Im Verfahren wurde der Angeklagte dann zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und die Sicherungsverwahrung angeordnet. Aufgrund der hohen Strafe bejahte das Landgericht die Fluchtgefahr und setzte den Haftbefehl nun nicht mehr außer Vollzug. Der Angeklagte wehrte sich gegen das Urteil im Wege der Revision und legte durch die Strafverteidigung Beschwerde bezüglich der Inhaftierung ein.

  • Ein Horror für jede Eltern: Im Hildesheimer Hallenbad soll ein Mann am Sonnabend ein neunjähriges Mädchen schwer sexuell missbraucht haben. Zuvor sprach der Täter beide Kinder an einer Wasserrutsche an und überredete diese, ihn zu den Unkleidekabinen zu begleiten. Dort soll er sich an einem der beiden Mädchen vergangen haben. Die Eltern waren zum Tatzeitpunkt nicht in der Nähe.

  • Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 084/2012 vom 11.06.2012

    Wie der Bundesgerichtshof gestern per Pressemitteilung bekannt gab, müssen im Prozess vor dem Landgericht Bochum gegen einen Lehrer einer Realschule, der sich wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in zwölf Fällen zu verantworten hat, die Missbrauchsvorwürfe erneut verhandelt werden. Die bisher getroffenen Feststellungen genügen demnach für eine Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen nicht. Die Entscheidung wird an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

    Auszug aus der Pressemitteilung:

    Missbrauchsvorwürfe gegen Realschullehrer müssen neu verhandelt werden

    Das Landgericht Bochum hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.

    Nach den Urteilsfeststellungen war der Angeklagte Lehrer an einer Realschule, an der er außerdem für das Deutsche Rote Kreuz Schülerinnen und Schüler im Rahmen einer freiwilligen Arbeitsgemeinschaft zu Schulsanitätern ausbildete. Daneben leitete er außerhalb der Schulzeit bis Ende 2010 für das Deutsche Jugend-Rot-Kreuz (DJRK) Gruppenstunden. Zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten, die Schülerin an derselben Realschule war, die der Angeklagte aber weder als Klassen- noch als Fachlehrer, sondern nur in Vertretungsfällen unterrichtete und die sowohl an der vom Angeklagten angebotenen schulischen Arbeitsgemeinschaft als auch an den von ihm geleiteten Gruppenstunden des DJRK teilnahm, entwickelte sich im Jahre 2010 eine enge persönliche Beziehung. Zwischen Oktober 2010 und März 2011 kam es in zwölf Fällen zu einvernehmlichen sexuellen Handlungen zwischen dem Angeklagten und der damals 14 bzw. 15 Jahre alten Geschädigten.

    Auf die Revision des Angeklagten hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs das Urteil mit Ausnahme der zu den einzelnen sexuellen Handlungen getroffenen Feststellungen aufgehoben und das Verfahren an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die bisherigen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen nicht. Zwar ist das Landgericht im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass sich das für die Tatbestandsverwirklichung erforderliche Obhutsverhältnis eines Lehrers zu seiner Schülerin nicht nur aus der Stellung als Klassen- oder Fachlehrer ergeben, sondern auch durch Aufsichtstätigkeiten oder die Betreuung im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften entstehen kann; der Bundesgerichtshof hat jedoch seine Rechtsprechung bekräftigt, dass maßgebend für das Vorliegen eines solchen Verhältnisses die konkreten Umstände im Einzelfall sind, aus denen sich die Zuweisung eines Schülers an einen bestimmten Lehrer ergeben muss. Die hierzu vom Landgericht getroffenen Feststellungen, aus denen weder der Umfang der Vertretungstätigkeit des Angeklagten in der Klasse der Geschädigten noch Art, Ausmaß und Dauer der Betreuung im Rahmen des Schulsanitätsdienstes oder Einzelheiten zur – ohnehin nur bis Ende 2010 geleiteten – DJRK-Jugendgruppe erkennbar sind, reichen danach nicht aus. Die Sache bedarf daher einer erneuten Verhandlung.

    4 StR 74/12 – Beschluss vom 25. April 2012

    Landgericht Bochum – II 5 KLs 36 Js 115/11 46/11 – vom 5. September 2011


  • Nach den Feststellungen des Landgerichts Magdeburg nahm der Angeklagte den von ihm begangenen schweren sexuellen Missbrauch seiner dreijährigen Enkeltochter mit seiner Videokamera auf, um die Aufnahme später für sich verwenden zu können. Zudem lud der Angeklagte diverse kinderpornographische Bilddateien, die ein tatsächliches Geschehen wiedergeben, auf seinen Laptop und speicherte diese.

    Das Landgericht hat den Angeklagten wegen zweifachen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, davon in einem Fall in Tateinheit mit Besitz kinderpornographischer Schriften sowie wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften unter Freisprechung im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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