Strafverfahren

  • Werden Beamte in einem Strafprozess verurteilt, trifft sie in der Regel nicht nur die Verurteilung durch das Strafgericht, sondern ihnen drohen auch zusätzliche dienstrechtliche Konsequenten. Im schlimmsten Fall,verlieren Beamte ihren Pensionsanspruch gegen den Dienstherren. Daher muss ein Strafverteidiger in einem Strafverfahren auch immer diese Nebenfolgen im Blick haben. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht entschied nämlich nun erneut, dass die Aberkennung des Ruhegehalts eines Bundespolizisten, der wegen Kinderpornografie verurteilt wurde, rechtens ist (OVG Lüneburg, Urteil vom 12. März 2013, Az.: 6 LD 4/11).

  • Sobald drei oder mehr Personen an einer Straftat beteiligt sind, steht schnell die Frage der Bandenmäßigkeit im Strafverfahren im Raum. Ist eine Begehung als Bande gesondert sanktioniert, zum Beispiel bei der Bestechlichkeit, dem Diebstahl oder dem Betrug , so führt dies in der Regel zu einer stark erhöhten Strafandrohung.
    Daher wird ein Strafverteidiger in einem Strafprozess regelmäßig versuchen, dass der Vorwurf der Bandenbegehung fallen gelassen wird. Dabei bietet der Bandenbegriff unterschiedliche Ansatzpunkte für die Verteidigung, zum Beispiel auch bezüglich der Frage, ob überhaupt eine Mitgliedschaft besteht.

  • Rigoros ist der Bundesgerichtshof (BGH), wenn es um die Fehlbesetzung beim Eröffnungsbeschluss eines Strafverfahrens geht. In der Revision gegen die Verurteilung wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln und dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln hatte die Revision der Strafverteidigung daher aus folgenden Gründen Erfolg (BGH, Beschluss vom 4. Februar 2013, Az.: 3 StR 481/12).

    Der Anwalt des Angeklagten hatte angebracht, dass bei der Eröffnung des Verfahrens die Kammer falsch besetzt war. Tatsächlich hatte das Landgericht Bückeburg während einer laufenden Hauptverhandlung das Hauptverfahren bezüglich der Betäubungsmitteldelikte eröffnet und mit dem laufenden Verfahren verbunden.

  • Das „wesentliche“ Leiten einer Firma reicht nicht zur Annahme der faktischen Geschäftsführung aus.

    Der Angeklagte war laut dem Landgericht Augsburg faktischer Geschäftsführer eines Unternehmens. Dieser konnte seine Verbindlichkeiten schon 2007 nicht mehr bedienen und war praktisch zahlungsfähig. Jedoch wurde der Insolvenzantrag erst im März 2008 gestellt. Bereits 2006 soll der Angeklagte Kredite für das Unternehmen bei unterschiedlichen Banken beantragt haben. Dabei bürgte er persönlich und gab wahrheitswidrig an, dass er über ein Guthaben von über 300.000 Euro verfügen würde. Tatsächlich war das Guthaben jedoch bereits verpfändet. Das Landgericht Augsburg verurteilte den Angeklagten strafrechtlich unter anderem wegen Bankrotts und Betrugs.

  • Die Anklage eines eingestellten Verfahrens kann nicht erneut zugelassen werden.

    Das Oberlandesgericht Koblenz (OLG Koblenz) hatte ein Urteil vom Amtsgericht Sinzig aufgehoben und das Verfahren am 13.10.2012 gemäß § 206a StPO eingestellt. Es fehlte an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss, da der Richter lediglich einen Entwurf bei der Geschäftsstelle anforderte, den Beschluss jedoch nie selbst ausfertigte.

  • Ein 20-Jähriger musste sich vor der Jugendrichterin wegen mehrerer Delikte im Straßenverkehr verantworten. Er soll andere Verkehrsteilnehmer mit ausgeschaltetem Licht ausgebremst und ihnen den Mittelfinger gezeigt haben. Ebenfalls wird ihm vorgeworfen, dass er bei einem illegalen Straßenrennen versucht habe, einen anderen Teilnehmer abzudrängen.
    Zum Verfahren waren 14 Zeugen geladen. Auf diese kam es jedoch nicht mehr an. Gericht, Staatsanwaltschaft und Strafverteidigung einigten sich in einer Absprache auf eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung von 600 Euro an die Kreisverkehrswache Freudenstadt.

  • Auf dem Rechner des Angeklagten wurden kinderpornographische Dateien gefunden. Der 35-Jährige, der sich selbst als pädophil bezeichnet, kann sich jedoch nicht erklären, wie diese „Kinderpornos“ auf seinen Rechner gekommen sind. Vor dem Amtsgericht erklärte er, dass er häufig Daten anderer Leute kopiere, hierbei können möglicherweise die Fotos mit überspielt worden sein. Der Mann selbst wurde auffällig, als er Kinder im Freibad gefilmt haben soll.

  • Das Bundeskabinett hat einen Gesetzesentwurf zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren auf den Weg gebracht. Damit soll das Strafverfahrensrecht an EU Mindeststandards angepasst werden. Dazu wird es in einigen Bereichen der Strafprozessordnung (StPO) Anpassungen geben.

    So werden Beschuldigte zukünftig umfangreichere Rechte auf Dolmetscherleistungen im Verfahren haben. Alle verfahrenswichtigen Dokumente müssen schriftlich übersetzt werden, insbesondere auch die Strafurteile. Ebenfalls müssen Beschuldigte zukünftig umfangreicher über ihre Rechte belehrt werden.

    Bei Festnahmen soll der Beschuldigte zukünftig schriftlich über die Möglichkeit der Bestellung eines Pflichtverteidigers informiert werden. Ebenfalls soll die Belehrung den Hinweis auf das Recht auf Auskunft und Akteneinsicht beinhalten. Zusätzlich werden die Behördlichen einer Dokumentationspflicht hinsichtlich der vorgenommenen Ermittlungshandlungen haben.


  • Es liegt auch dann eine notwendige Verteidigung iSd § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO vor, wenn die Untersuchungshaft in einem anderen Verfahren vollzogen wird.

    Gegen den Angeklagten erhob die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth Anklage. Während der Hauptverhandlung befand sich der Angeklagte in Untersuchungshaft aufgrund eines anderen Vorwurfs. Der Strafverteidiger des Angeklagten beantragte die Beiordnung als Pflichtverteidiger, dies lehnte das Amtsgericht Fürth ab. Die Strafverteidigung legte dagegen Beschwerde ein.

  • Wird eine Ausweiskontrolle nur deswegen durchgeführt, weil jemand eine dunkle Hautfarbe besitzt, handelt es sich um einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot

    Darf die Hautfarbe eines Menschen der Grund für eine Polizeikontrolle sein? Diese Frage musste das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG Rheinland-Pfalz) beantworten. Auslöser war eine Bahnfahrt im Dezember 2010. Dort wurde ein dunkelhäutiger Student von zwei Bundespolizisten kontrolliert. Dabei soll der Student die Polizisten beleidigt haben. Im Strafverfahren gegen den Studenten gestand ein Beamter, dass er gezielt dunkelhäutige Passagiere kontrolliere.
    Das Verwaltungsgericht Koblenz hielt dieses Vorgehen für rechtmäßig. Da die Beamten nur Stichproben durchführen könnten, müssten sie sich am Aussehen der Passagiere orientieren. Das OVG Rheinland-Pfalz sieht dies dagegen anders und stellt daher die Rechtswidrigkeit dieser Kontrolle fest. Eine Kontrolle, die alleine auf der Hautfarbe basiere, sei daher ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 GG.

    Das Verfahren selbst wurde dann jedoch im Einvernehmen beendet. Nachdem die beiden Polizisten sich beim Kläger entschuldigt hatten, erklärten alle Verfahrensbeteiligten den Rechtsstreit für erledigt. Das erstinstanzliche Urteil wurde aufgehoben, die Kosten des Verfahrens muss die Beklagte tragen.

    OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29. Oktober 2012, Az.: 7 A 10532/12.OVG


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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