Versammlung

  • Die Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG schützt nicht Gegenstände, die lediglich der Bequemlichkeit dienen.

    Mehrere Personen haben sich aus der gesamten Republik auf den Weg nach Berlin gemacht, um gegen die unmenschlichen Asylzustände in Deutschland zu protestieren. Unter dem Motto „Bleiberecht für alle, Abschaffung der Residenzpflicht“ halten sie eine Dauermahnwache vor dem Brandenburger Tor ab.

    Der Polizeipräsident in Berlin verbot den Veranstaltern der Mahnwache die Nutzung von „dem Witterungsschutz dienenden“ Gegenständen. Darunter fallen Zelte, Schlafsäcke, Isomatten, aber auch Planen und Pappen. Da gegen diese Anordnung verstoßen wurde, nahmen Polizeibeamten den Demonstranten die Gegenstände ab.

    In einem Eilverfahren beschloss die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin nun, dass dieses Vorgehen rechtmäßig war. Das Gericht führt aus, dass die grundgesetzlich gewährleistete Versammlungsfreiheit nur die Verwendung solcher Gegenstände schützt, die unmittelbar für die Versammlung wesensnotwendig seien.

    Bei den beschlagnahmten Sachen handele es sich aber lediglich um Gegenstände, die der Bequemlichkeit der Teilnehmer dienen. Nur bei längeren Versammlungen könnte ein zeitweiliges Ausruhen der Versammlungsteilnehmer von Art. 8 GG geschützt sein. Da das Bezirksamt Berlin-Mitte jedoch vier Wärmebusse duldet, sei der Schutz vor der Kälte ausreichend gewährleistet.

    Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zulässig.

    VG Berlin, Beschluss vom 2. November 2012, Az.: VG 1 L 299.12


  • Az.: 1 Ss 401/08

    Der Angeklagte ist vom Amtsgericht Leipzig wegen Tragens von Schutzwaffen zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 26,00 Euro nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 17 a Abs. 1 VersG verurteilt worden. Außerdem ist die Einziehung der sichergestellten Schlagschutzhandschuhe angeordnet worden.

    Hiergegen hat der Angeklagte Sprungrevision zu OLG Dresden eingelegt.

    Das Rechtsmittel ist aus folgenden Erwägungen erfolgreich gewesen:

    Der Angeklagte trug während einer Spontanversammlung spezielle Handschuhe. Diese waren „im Bereich der Fingerknöchel mit Quarzsand verstärkt“. Fraglich ist, ob die Spezialhandschuhe somit unter den Begriff der Schutzwaffen im Sinne von § 17 a Abs. 1 1. Alternative VersG fallen.

    Hierzu führt das Revisionsgericht aus:

    Hierunter sind Gegenstände zu verstehen, die zur Verteidigung gegen Angriffe dienen und diese Zweckbestimmung in der Regel bereits bei ihrer Herstellung beigelegt bekommen haben (vgl. Ott/Wächtler, Gesetz über Versammlungen und Aufzüge, 6. Aufl., § 17 a Rdnr. 7; Dietel/Gintzel/Kniesel, Demonstrations- und Versammlungsfreiheit, 12. Aufl., § 17 a Rdnr. 14; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl. § 17 a Rdnr. 2). Ein solcher Gegenstand liegt hier – wie das Amtsgericht zu Recht ausgeführt hat – nicht vor.

    Des Weiteren ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass die Handschuhe im Sinne des § 17 a Abs. 1 2. Alternative VersG als Schutzwaffe geeignet sind:

    Hierunter sind alle Gegenstände zu verstehen, deren Zweckbestimmung nicht, wie die Schutzwaffen, ausschließlich im Schutz ihres Trägers vor polizeilichen Zwangsmaßnahmen liegt, mit denen die Versammlungsteilnehmer vielmehr auch andere Zwecke verfolgen können, die aber zum Schutz jedenfalls geeignet sind, weil sie denselben Zweck wie die Schutzwaffen erfüllen können (vgl. OLG Hamm NStZ-RR 1998, 87; Köhler/Dürig-Friedl a. a. O. Rdnr. 3). Da die vom Angeklagten bei sich geführten Handschuhe im Knöchelbereich mit Quarzsand verstärkt waren, sind diese objektiv geeignet, zur Verteidigung gegen Angriffe zu dienen. So kann der Träger der seine so geschützten Hände vor den Kopf hält, sich auf diese Weise auch gegen Schläge Richtung Kopfbereich schützen.

    Entscheidend ist aber der erkennbare Wille des Betroffenen, den Gegenstand hierfür überhaupt zu verwenden und so der Anwendung unmittelbaren Zwangs widerstehen zu können. Dies muss sich jedoch aus den bestimmten Umständen des Einzelfalls ergeben und orientiert sich an dem erklärten oder offenkundigen Willen des Trägers.

    Allerdings fehlt es in den Feststellungen des Amtsgerichts diesbezüglich. Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass der Angeklagte die Handschuhe von einem solchen Willen getragen verwendete und während der Veranstaltung trug. Vielmehr äußerte er sich, dass er die Handschuhe bei der Fahrt mit dem Motorrad zur Veranstaltung getragen habe.

    Folglich bedarf es nach zutreffender Ansicht des OLG weiterer Feststellungen, ob und inwieweit der Angeklagte die Handschuhe getragen habe. Aus diesem Grund hebt der Senat die Entscheidung auf und verweist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück an das Amtsgericht.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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