Vergewaltigungsparagraph wird durch die Reform neugefasst. Zusätzlich werden zwei weitere Straftatbestände im Sexualstrafrecht geschaffen.
Der Bundestag hat die gravierendste Verschärfung des Sexualstrafrechts seit langem verabschiedet. Die Straftatbestände der sexuellen Nötigung, Vergewaltigung und des sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger werden neu gefasst. Zusätzlich kommen zwei komplett neue Straftatbestände hinzu. Neben der sexuellen Belästigung (§ 184i StGB), sollen auch Straftaten aus Gruppen (§ 184j StGB) zukünftig unter Strafe stehen. Das Gesetz muss nun noch durch den Bundesrat und wird voraussichtlich im Herbst 2016 in Kraft treten.
Das Sexualstrafrecht hat in den letzten Jahrzehnten einen Wandel erlebt. Während in der Mitte des letzten Jahrhunderts die Tatbestände des Sexualstrafrechts vor allem die öffentliche Sittlichkeit schützen sollten, dienen die Straftatbestände heutzutage dem Schutz des Rechtes auf sexuelle Selbstbestimmung. Symbolhaft stehen dafür die Abschaffung des Homosexuellen-Paragraphen im Jahr 1994 und die Einführung der Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe im Jahr 1997.
Häufig ist nicht nur die vollendete Tat mit Strafe bedroht, sondern bereits der Versuch einer Straftat. Ein strafbarer Versuch ist stets gegeben, wenn es sich bei der Tat um ein Verbrechen handelt, also um eine Straftat, die im Mindestmaß mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist, wie zum Beispiel die Vergewaltigung (§ 177 StGB), der Mord (§ 211 StGB) oder der Raub (§ 249), oder wenn die Strafbarkeit des Versuchs ausdrücklich angeordnet ist, wie beispielsweise beim Diebstahl (§ 242 StGB) oder der Körperverletzung (§ 223 StGB). Der Versuch wird regelmäßig milder bestraft als die Tatvollendung.
Vor allem bei Sexualstraftaten, wie der Vergewaltigung (§ 177 StGB) oder sexuellen Missbrauch von Kindern (§ 176 StGB) entstehen häufig Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen. In diesen Fällen ist vor allem die Glaubhaftigkeit der Aussage des mutmaßlichen Opfers entscheidend, da meist andere Beweismittel nicht zur Verfügung stehen.
Vor dem Jugendschöffengericht wurde dem 20-jährigen Angeklagten die versuchte Vergewaltigung (§ 177 StGB) einer 17-Jährigen vorgeworfen. Der Rechtsanwalt des Angeklagten erklärte im Strafprozess, dass sein Mandant damals mit der 17-Jährigen tatsächlich am Bahnhofvorplatz getrunken habe. Anschließend seien sie gemeinsam fortgegangen. Als der Beschuldigte nicht wusste, wie er die junge Frau nachhause bringen solle, rief er die Polizei an. Diese empfahl jedoch ein Taxi und so habe er die 17-Jährige in ein Taxi gesetzt. Der Rechtsanwalt führte weiter aus, dass es zu keinem Zeitpunkt einen Versuch der Vergewaltigung gegeben habe.
Ein 24-Jähriger musste sich wegen einer angeblichen Vergewaltigung zu Lasten einer 14-Jährigen vor dem Amtsgericht strafrechtlich verantworten. Dem jungen Mann wurde sexuelle Nötigung und Vergewaltigung (§ 177 StGB) vorgeworfen. Er soll eine damals 14-Jährige im Wald zum Geschlechtsverkehr gezwungen haben.
Was eine Falschaussage im Strafprozess anrichten kann, zeigt eindrucksvoll ein aktueller Fall aus Darmstadt.
Eine 48-Jährige Lehrerin hat ihrem damaligen Kollegen eine Sexualstraftat vorgeworfen. Er soll sie im Biologie-Vorbereitungsraum im Jahre 2001 vergewaltigt haben (§ 177 StGB). Das Landgericht Darmstadt verurteilte den Lehrer wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren.
Der Angeklagte bestritt die Tat bis zuletzt und wurde deswegen erst nach Verbüßen der gesamten Freiheitsstrafe entlassen. Dank seines hartnäckigen Strafverteidigers kam es 2011 jedoch zu einem Wiederaufnahmeverfahren. Im neuen Strafverfahren wurde der Lehrer sodann freigesprochen. Bereits ein Jahr später verstarb der Mann jedoch und kann nun am Prozess gegen die damalige Belastungszeugin nicht mehr teilnehmen.
Die Staatsanwaltschaft im französischen Lille kündigte die Anklageerhebung gegen den Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn an. Die Anklage soll auf schwere gemeinschaftliche Zuhälterei lauten, da Strauss-Kahn Sex-Partys mit Prostituierten initiiert haben soll. Auch in Deutschland ist die Zuhälterei (§ 181a StGB) nicht legal, es droht Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
Während sich Strafverfahren und Strafrecht primär um den Täter drehen, gibt es bei den meisten Straftaten auch ein Opfer, das nicht vergessen werden darf. Besonders die Geschädigten von Sexualstraftaten leiden häufig noch lange Zeit nach der Tat. Mit dem Gesetz zur Stärkung der Opfer sexuellen Missbrauchs (StORMG) trat nun ein Gesetz in Kraft, das die Rechte der Opfer von Sexualdelikten stärken soll.
Im Sexualstrafrecht sind die Grenzen zwischen straffreiem Verhalten und sexueller Nötigung fließend. Dabei ist nicht nur die Altersgrenze im Sexualstrafrecht ein häufiges Problem, sondern auch die Abgrenzung zum erlaubten „flirten“.
Der Angeklagte und die Zeugin hatten sich einige Wochen zuvor als Paar getrennt. Bei einem späteren Treffen in der Wohnung des Angeklagten soll es dann zur sexuellen Nötigung gekommen sein.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner