Einverständnis

  • Das Einvernehmen des Opfers mit sexuellen Handlungen schließt einen sexuellen Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses nicht aus.

    Dem 57-jährigen Angeklagten wurde vorgeworfen, als Heilpraktiker sexuelle Handlungen an einer Patientin vorgenommen zu haben. Die Frau gab sich beim Heilpraktiker aufgrund eines unerfüllt gebliebenen Kinderwunsches in Behandlung. Dabei wurde der „Vaginalraum“ der Patientin durch Finger des Heilpraktikers „mobilisiert“. Zusätzlich versuchte der Heilpraktiker sein Glied in den Mund der Patientin einzuführen. Die Frau war damit jedoch nicht einverstanden und drehte den Kopf weg. Einer anderen Patientin, die wegen Migräne kam, biss der Angeklagte völlig unerwartet in die unbekleidete linke Brust. Mit einer weiteren Patientin führte der Angeklagte mehrfach einvernehmlich ungeschützten Geschlechtsverkehr durch.

    Das Landgericht Münster verurteile den Angeklagten wegen dem versuchten Oralverkehr und dem Biss in der Brust wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses. Bezüglich der restlichen Taten (Geschlechtsverkehr) mochte das Landgericht keine Strafbarkeit erkennen, da die Frauen ihr Einverständnis erteilt hätten.

    Gegen die Verurteilung legte sowohl die Strafverteidigung als auch die Staatsanwaltschaft Revision ein.

  • Ein Einverständnis der Gesellschafter ist unwirksam, wenn unter Verstoß gegen Gesellschaftsrecht die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährdet wird.

    Der Angeklagte überwies mehrfach Summen an seine Tochter und seine Ehefrau aus dem Vermögen der Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Dabei war die Ehefrau Alleingesellschafterin der Gesellschaft. Das Landgericht Düsseldorf sah in diesem Handeln den Tatbestand der Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB erfüllt. Deswegen verurteilte das Landgericht den Angeklagten, neben anderen Straftaten im Bezug zur Gesellschaft, auch wegen Untreue. Der BGH sah bei dieser Verurteilung jedoch einige Punkte anders bezüglich der Untreue. Der BGH stellt fest, dass das Einverständnis des Inhabers des betreuenden Vermögens den Tatbestand der Untreue grundsätzlich ausschließen würde:

    „Da die Pflichtwidrigkeit des Handelns Merkmal des Untreuetatbestands ist, schließt das Einverständnis des Inhabers des zu betreuenden Vermögens die Tatbestandsmäßigkeit aus (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 – 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 342; Beschluss vom 31. Juli 2009 – 2 StR 95/09, BGHSt 54, 52, 57; Urteil vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 278). Bei juristischen Personen tritt an die Stelle des Vermögensinhabers dessen oberstes Willensorgan für die Regelung der inneren Angelegenheiten, bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung die Gesamtheit ihrer Gesellschafter.“

    Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung zählt dies aber nicht ausnahmslos:

    „Aus dem Einverständnis der Gesellschafter folgt indessen nicht in jedem Fall der Ausschluss der Tatbestandsmäßigkeit. Zwar können der Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Zustimmung ihrer Gesellschafter grundsätzlich Vermögenswerte entzogen werden, weil sie gegenüber ihren Gesellschaftern keinen Anspruch auf ihren ungeschmälerten Bestand hat. Ein Einverständnis der Gesellschafter ist allerdings unwirksam und die Vermögensverfügung des Geschäftsführers deshalb missbräuchlich, wenn unter Verstoß gegen Gesellschaftsrecht die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährdet wird, etwa durch Beeinträchtigung des Stammkapitals entgegen § 30 GmbHG, durch Herbeiführung oder Vertiefung einer Überschuldung oder durch Gefährdung der Liquidität (BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 – 5 StR 73/03, BGHSt 49, 147, 157 ff.; Beschluss vom 10. Februar 2009 – 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225, 2227; Beschluss vom 31. Juli 2009 – 2 StR 95/09, BGHSt 54, 52, 57 ff.).“

    Damit stellt der BGH fest, dass eine Untreu trotz Einverständnis der Gesellschafter vorliegen kann.

    BGH, Beschluss vom 30. August 2011, Az.: 3 StR 228/11


  • Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in drei Fällen sowie wegen Untreue in 33 Fällen und wegen Bankrotts zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Weiter hat es ausgesprochen, dass von der verhängten Freiheitsstrafe neun Monate als vollstreckt gelten. Gegen diese Entscheidung legte der Angeklagte Revision ein.

  • 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs, Az.: 2 StR – 111/09

    Das Landgericht hat den Angeklagte F. wegen Beihilfe zur Untreue in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und angeordnet, dass hiervon neun Monate wegen überlanger Verfahrensdauer als vollstreckt gelten. Den Angeklagten M. hat es wegen Beihilfe zur Untreue in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt, wovon wegen überlanger Verfahrensdauer acht Monate als vollstreckt gelten.
    Dagegen legte beide Angeklagten Revision ein. Diese wurde vom 2. Strafsenat als unbegründet verworfen.

    Der 2. Strafsenat erachtete die Feststellungen des Landgerichts als zutreffend und die Verurteilung der Angeklagten tragend.

    „Das Landgericht hat das Handeln die Angeklagten jeweils als Beihilfe zur Untreue des Haupttäters T. zum Nachteil der T. GmbH bzw. der T. AG bewertet. Dieser habe seine gegenüber der Treugeberin bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzt, indem er die einzelnen Zahlungen zur Einrichtung und Auffüllung der schwarzen Kasse bei der S. AG in der Schweiz ohne Einverständnis der Mitgesellschafterin RWE bewirkt habe, um die transferierten Gelder eigenmächtig und unkontrolliert nach seinem persönlichen Gutdünken unter Ausschluss der gesellschaftsrechtlichen Kontrollmechanismen verwenden zu können. Hierdurch habe er dem Unternehmen beträchtliche Vermögenswerte entzogen und sie so in die konkrete Gefahr eines endgültigen Verlustes gebracht.

    Diese Gefahr habe sich zum einen aus den vielfachen unkontrollierten Zugriffmöglichkeiten dritter Personen ergeben, zum anderen aus dem Umstand, dass ein etwaiger Verlust wegen der fehlenden bzw. absichtlich unzutreffenden Dokumentation der Zahlungsabflüsse und wegen etwaiger steuerstrafrechtlicher Konsequenzen mit rechtlichen Mitteln kaum erfolgreich habe verfolgt werden können. Den Betrieb der schwarzen Kasse hätten die Angeklagten durch konkrete eigene Untersuchungshandlungen individuell gefördert. Dabei sei es unerheblich, dass die Mittel nach der Vorstellung T. und der Angeklagten letztlich dem T.-Konzern über die Generierung von Umständen durch „nützliche Aufwendungen“ zugute kommen sollten, weil dadurch die Möglichkeit eines endgültigen Vermögensverlusts nicht berührt und zudem ein nicht unbeachtlicher Teil der Gelder durch die Kosten aufgezehrt worden sei.  [..]

    Die Einrichtung und Unterhaltung einer „Kriegskasse“ im Ausland verletzte in gravierender Weise die von T. zu beachtende Sorgfalt in beiderlei Hinsicht.
    Zugleich verletzte T. damit die ihm nach § 41 GmbHG, § 91 AktG obliegende Verpflichtung, für die ordnungsmäßige Buchführung der Muttergesellschaft zu sorgen, was auch die Konzernbuchhaltung für die zum Konsolidierungskreis des T.-Konzerns gehörenden Tochterunternehmen U. und I. einschloss (§ 290 HGB).
    An einer wirksamen Einwilligung der Treugeberin, welche eine Pflichtwidrigkeit möglicherweise hätte ausschließen können (vgl. BGHSt 52, 323, 335 Rn. 40), fehlte es.

    Die Revisionen meinen, schon allein das Einverständnis des Mehrheitsgesellschafters in die pflichtwidrige Handlung des Geschäftsführers entfalte eine den Tatbestand der Untreue ausschließende Wirkung unabhängig davon, ob überhaupt eine Willensbildung aller Gesellschafter erfolgt sei; sie folgern dies aus den auch sonst dem Mehrheitsprinzip folgenden Willensbildungsregeln des GmbH-Rechts (§ 47 Abs. 1 GmbHG). Nach der neueren Rspr. des BGH kommt jedoch nur dem Einverständnis sämtlicher Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft oder einem (Mehrheits)-Beschluss des die Gesamtheit der Gesellschafter repräsentierenden Gesellschaftsorgans (so BGHsT 50, 331, 342 [= StV 2006, 301] betr. die Aktiengesellschaft; noch enger Krekeler/Werner, Unternehmer und Strafrecht, 2006: stets Einverständnis aller Gesellschafter erforderlich) Tatbestandsausschließende Wirkung zu. Ob nur Mehrheitsentscheidungen der Gesellschafter tatbestandsausschließende Wirkung beigemessen werden kann, die im Wege eines förmlichen Beschlusses herbeigeführt worden sind oder ob tatbestandsausschließende Wirkung auch solchen Mehrheitsentscheidungen zukommt, die nicht unter Einhaltung der Formalien der §§ 47 ff, GmbHG getroffen worden sind bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. [..]“

    Der Senat hat die Revisionen verworfen und das Urteil aufrechterhalten.


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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