Schädigungsvorsatz

  • Richtet ein Täter Bankkonten ein, um damit weitere Betrugstatbestände zu begehen, so erstreckt sich der Vorsatz nicht auf die Schädigung der Banken.

    Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Vermögensschaden für eine Bank bereits dann eingetreten ist, wenn lediglich ein Dispositionskredit aufgrund der Täuschung eingeräumt wurde. Das Landgericht Traunstein bejahte dies und verurteilte den Angeklagten, der mit gefälschten Ausweisen Bankkonten eröffnete, unter anderem wegen Betrugs.

  • 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs, Az.: 3 StR 576/08

    Ein interessanter Fall des Wirtschaftsstrafrecht: Dem Angeklagten wurde von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegt, als zuständiges Vorstandsmitglied der WestLB durch die Vergabe eines Großkredits an die britische Unternehmensgruppe B. seine Pflicht, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kreditnehmerin und deren Marktchancen sorgfältig zu prüfen, gravierend verletzt und dadurch einen hohen Schaden verursacht zu haben. Das LG sprach ihn vom Vorwurf der Untreue freigesprochen, weil es keinen Schädigungsvorsatz erkennen konnte.

    Daraufhin legte die Staatsanwaltschaft Revision ein.

    Der 3. Strafsenat ist der Ansicht, dass die Revision der Staatsanwaltschaft erfolgreich sei, da der Freispruch der rechtlichen Überprüfung nicht standhalte. Die Auffassung des Landgerichts, dass der Angeklagte bereits mit der Herausgabe des Commitment Letter seine Vermögensbetreuungspflichten gegenüber der WestLB verletzt und dadurch einen Vermögensnachteil für die Bank herbeigeführt habe, mit der Folge, dass für die Prüfung des Schädigungsvorsatzes auf diesen Zeitpunkt abzustellen sei, begegne durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

    Aus dem Wortlaut des Urteils:

    „Regelmäßig ist bei einer Untreue durch die Vergabe eines Kredits ein Vermögensnachteil für die Bank frühestens dann eingetreten, wenn die Vermögensminderung durch die Auszahlung der Darlehenssumme einerseits und der Anspruch auf Rückzahlung des Kredits andererseits in einem wirtschaftlichen Missverhältnis zueinander stehen. Dies liegt meist vor, wenn der Vertragsschluss und die sich daran anschließende Darlehensauszahlung nach einer unzureichenden Bonitätsprüfung vorgenommen worden sind und dies dazu geführt hat, dass die Rückzahlung des Darlehens über das allgemeine Kreditrisiko hinaus gefährdet ist (vgl. BGHSt 40, 287, 294 ff.; 46, 30; 47, 148; BGH wistra 2000, 60, 61; NJW 2008, 2451, 2452; NStZ 2009, 330, 331; BVerfG NJW 2009, 2370, 2373). Es bedarf im Urteil näherer Darlegung und Begründung, wenn bei der Bewilligung eines Großkredits an ein Wirtschaftsunternehmen für die Verwirklichung des objektiven und subjektiven Untreuetatbestandes ein Zeitpunkt vor der Kreditauszahlung als maßgeblich erachtet wird. Durch die Urteilsfeststellungen und die Beweiswürdigung ist nicht belegt, dass die für den objektiven Untreuetatbestand maßgebliche Vermögensverfügung bereits durch die Herausgabe des „Commitment Letter“ etwa sechs Monate vor Abschluss des Kreditvertrages und der sich anschließenden Darlehensauszahlung getroffen wurde.
    Nach dem im Urteil wiedergegebenen Inhalt des „Commitment Letter“ ist es daher möglich, dass die Bank durch dessen Herausgabe noch keine unwiderrufliche Verpflichtung einging, weil sie sich bei einem negativen Ausgang einer „Due-Diligence“-Prüfung oder weiterer Verhandlungen noch von der grundsätzlich gegebenen Kreditzusage lösen konnte, so dass diese im Ergebnis einer Absichtserklärung nahe kommen kann. Auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen sieht sich der Senat indes nicht in der Lage, diese dem englischem Recht unterliegende Frage abschließend zu beurteilen.“

    Die Revision der Verteidigung hatte Erfolg: Das Urteil wurde durch den Senat mit seinen Feststellungen aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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