Video-Überwachung

  • Ein Horror für jede Eltern: Im Hildesheimer Hallenbad soll ein Mann am Sonnabend ein neunjähriges Mädchen schwer sexuell missbraucht haben. Zuvor sprach der Täter beide Kinder an einer Wasserrutsche an und überredete diese, ihn zu den Unkleidekabinen zu begleiten. Dort soll er sich an einem der beiden Mädchen vergangen haben. Die Eltern waren zum Tatzeitpunkt nicht in der Nähe.

  • Kaum ein Thema ist in den Medien derzeit präsent wie die Gewalt in den Fußballstadien. Nach zahlreichen Ausschreitungen in der Fußball Bundesliga wurden strengere Regelungen und schärfere Gesetze gefordert.

    Im Rahmen der dreitägigen Innenministerkonferenz im Land Fleesensee, auf welcher unter anderem das Thema „Gewalt im Zusammenhang mit Fußballspielen“ zur Diskussion stand, äußerte sich Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kritisch und erhöhte den Druck auf Fans und Vereine. Sogar der Einsatz von Fußfesseln sei denkbar.

    Einerseits wurde gefordert, dass die Deutsche Fußball Liga (DFL) noch mehr den Anforderungen der „Task Force Sicherheit“ gerecht wird. Dazu zählen schärfere Eingangskontrollen, qualifiziertere Ordnungskräfte sowie eine verbesserte Videoüberwachung. Des Weiteren sollen auch Pyrotechniken stärkere sanktioniert werden.

    Vertreter der Bundesligavereine und der Fanbeauftragen waren hingegen der Auffassung, dass die Stadien allen Sicherheitsanforderungen gerecht kommen würden. Ein überstürztes Handeln und eine von Populismus getragene Diskussion wären ihrer Meinung nach falsch.

    ( Hamburger Abendblatt, 01.06.2012 )


  • Bundesverwaltungsgericht, Az: BVerwG 6 C 9.11

    Seit einigen Jahren steht die offene Videoüberwachung von öffentlich zugänglichen Orten durch die Polizei zur Diskussion. Betroffen sind solche Orte, an denen wiederholt Straftaten begangen worden sind und darüber hinaus Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass auch künftig mit Straftaten an diesen Plätzen zu rechnen sei.

    In Hamburg stehen solche Kameras auf der Reeperbahn. Dort installierte die Hamburger Polizei insgesamt 12 Videokameras zur ständigen Überwachung. Verfolgt werden die Aufzeichnungen an Bildschirmen in der Polizeieinsatzzentrale.

    Vor einigen Jahren hatte eine Klägerin, die in einer Mietswohnung in einem Haus an der Reeperbahn wohnt und deren Eingang im so genannten Schwenkbereich einer dieser Kameras liegt. Sie sieht sich daran gestört und klagte vor dem Verwaltungsgericht und später vor dem Oberverwaltungsgericht Hamburg. Das Gericht untersagte daraufhin die Videoüberwachung, soweit dadurch Eingangsbereich und Zugänge zu Wohnräumen zu sehen sind und somit auch gefilmt werden.

    Vor einigen Tagen entschied das Bundesverwaltungsgericht nun, dass die Videoüberwachung des öffentlichen Straßenraums auf Grundlage des in Hamburg geltenden Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei rechtmäßig sei. Das Gesetz diene der Gefahrenabwehr sowie der Strafverfolgung.

    Im letzteren Falle liegt die Kompetenz aufgrund der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit zwar beim Bund, doch mangels konkreter Vorschriften in der StPO entsteht keine Sperrwirkung für das Landesrecht. Insoweit liegt kein Verstoß gegen die Gesetzgebungskompetenz vor.

    Auszug aus der Pressemitteilung:

    „Im Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ging es deshalb nur noch um die Videoüberwachung des öffentlichen Straßenraums durch die gegenüber dem Wohnhaus der Klägerin installierte Kamera. Insoweit sah das Bundesverwaltungsgericht die Videowachung als rechtmäßig an.

    Insbesondere besaß der Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz zum Erlass der hier einschlägigen Vorschrift. Die Videoüberwachung nach dem Hamburgischen Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei dient der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgungsvorsorge. Soweit die Strafverfolgungsvorsorge betroffen ist, unterfällt diese zwar der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das Strafverfahren.

    Der Bund hat aber in der Strafprozessordnung keine Vorschriften erlassen, die den hier inmitten stehenden Sachverhalt abschließend regeln und deshalb einen Zugriff der Länder verhindern. Namentlich die Vorschriften der Strafprozessordnung über die Anfertigung und Aufbewahrung von Lichtbildern zu erkennungsdienstlichen Zwecken sowie über die Observation Tatverdächtiger weisen nach Einsatzzweck und Voraussetzungen bedeutsame Unterschiede zur offenen Videoüberwachung auf. Dass die aufgezeichneten Bilder, soweit nötig, im Strafverfahren verwendet werden können und sollen, macht die offene Videoüberwachung nicht zu einer Maßnahme der Strafverfolgung. In der Sache verfolgt der Gesetzgeber mit der offenen Videoüberwachung von Brennpunkten der Straßenkriminalität legitime Ziele, nämlich derartige Delikte zu verhüten und Vorsorge für ihre strafrechtliche Verfolgung zu treffen. Diese Ziele rechtfertigen einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in dem hier allein noch streitigen Umfang.“

    Somit dürften mit gewissen Einschränkungen die Videokameras auf der Reeperbahn und in Zukunft an weiteren „Brennpunkten“ nicht nur bestehen bleiben, sondern wohl weiter ausgebaut werden. Ob die Strafverfolgung dadurch abnimmt, ist bislang jedenfalls nicht erwiesen.


  • 4. Strafsenat, Az. 4 StR 254/09

    In dem vom 4. Strafsenat des BGH zu entscheidenden  Sachverhalt hatte sich der Angeklagte in zwei unterschiedlichen Konstellationen des Selbstbedienungstankens ohne zu zahlen strafbar gemacht. Im ersten Fall betankte der Angeklagte am 12.08.2008 seinen PKW gegen 0:23 Uhr an einer Tankstelle mit Dieselkraftstoff in Wert von rund 100 Euro und fuhr anschließend – wie vorher geplant – ohne zu zahlen davon. Zwei Tage später tankte er das Auto (einer anderen Person in dessen Anwesendheit) bei einer anderen Tankstelle auf, versuchte kurze darauf die Kassiererin im Verkaufsraum abzulenken und rannte, als diese misstrauisch wurde, sofort zum Auto und fuhr schnell davon.

    Das LG Essen hatte in beiden Fällen einen Diebstahl gem. § 242 I StGB sowie einen Betrug nach § 263 StGB angenommen und den Angeklagten hiernach verurteilt. Hiergegen wand sich der Angeklagte mit seiner Revision, in der er die Verletzung des materiellen Rechts rügt.

    Der BGH befasste sich sodann mit dem vorangegangenen Urteil und stellte dazu fest, dass beide Fälle keinen vollendeten Betrug darstellen. Begründet wurde dies damit, dass ein entscheidendes Tatbestandsmerkmal des Betrugs in beiden Konstellationen fehlte. Der Betrug nach §263 StGB setzt voraus, dass ein Irrtum bei einer anderen Person hervorgerufen werden muss und diese anschließend und aufgrund des Irrtums eine Vermögensverfügung vornimmt.

    In beiden Situationen kam es nach Feststellung des Gerichts jedoch gar nicht zu einer irrtumsbedingten Täuschung, da der Angeklagte im ersten Fall bereits ohne Wahrnehmung der Kassiererin davon fuhr und im zweiten Fall auch die Ablenkung der Kassiererin nicht zwingend zu einer Täuschungshandlung gegenüber dieser führte.

    „In den Fällen des Selbstbedienungstankens setzt die Annahme eines vollendeten Betruges voraus, dass der Täter durch (konkludentes) Vortäuschen von Zahlungsbereitschaft bei dem Kassenpersonal einen entsprechenden Irrtum hervorruft, der anschließend zu der schädigenden Vermögensverfügung (Einverständnis mit dem Tankvorgang) führt. An der erforderlichen Irrtumserregung fehlt es, wenn das Betanken des Fahrzeugs vom Kassenpersonal überhaupt nicht bemerkt wird. Ist dies der Fall, liegt jedoch regelmäßig ein Betrugsversuch vor (vgl. Senat NJW 1983, 2827 mit Anm. Gauf/Deutscher NStZ 1983, 505; OLG Köln NJW 2002,1059).“

    Allerdings war es theoretisch denkbar, dass der Angeklagte bereits durch die Video-Überwachung für das Kassenpersonal wahrnehmbar war und somit der Betrug durch die Vortäuschung der Zahlungsbereitschaft gegenüber der Video-Überwachung konstruiert werden könnte.

    Hierzu stellte der BGH indes klar, dass allein die technische Möglichkeit einer Video-Überwachung für eine solche Annahme nicht ausreicht, sondern vielmehr die jeweiligen Umstände zu berücksichtigen sind:

    „Die Urteilsfeststellungen belegen hier nicht, dass die Tankvorgänge von dem jeweiligen Kassenpersonal wahrgenommen worden sind. Zwar wird dies unter den heutigen Verhältnissen (Video-Überwachung, Kontrollpulte im Kassenraum etc.) vielfach der Fall sein. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Tankvorgänge vom Kassenpersonal nicht bemerkt werden, insbesondere bei weitläufigen Tankstellen mit zahlreichen Zapfsäulen, bei großem Kundenandrang oder bei Inanspruchnahme durch Kassier- oder sonstige Verkaufstätigkeiten. Dass das Betanken im ersten Fall zur Nachtzeit stattfand, dass heißt zu einem Zeitpunkt, zu welchem üblicherweise mit geringerem Kundenaufkommen zu rechnen ist, rechtfertigt daher für sich gesehen nicht bereits den Schluss, die Kassiererin habe das Betanken des Fahrzeugs des Angeklagten auch tatsächlich wahrgenommen“.

    Nach Ansicht des Senats liegt daher kein vollendeter Betrug in zwei Fällen vor. Die verhängten Einzelstrafen sowie die Gesamtstrafe sind daher aufzuheben und die neue Strafkammer wird neu zu entscheiden haben. Insbesondere wird nach Auffassung des BGH diese „bei erneuter Verurteilung mit Blick auf die Regelungen der §§ 263 Abs. 4, 248 a StGB zu Fall II. 3 der Urteilsgründe auch Feststellungen zu dem Wert des erlangten Treibstoffes zu treffen haben“.

  • BVerfG, 2 BvR 941/08 vom 11.8.2009

    Das Bundesverfassungsgericht hatte im vorliegenden Fall über die Rechtmäßigkeit einer Video-Überwachung durch das Verkehrskontrollsystems Typ VKS zu entscheiden. Der Beschwerdeführer wurde im Januar 2006 auf der BAB 19 durch das VKS System im Rahmen einer Geschwindigkeitsmessung  aufgenommen und rügt infolge dessen diese Aufzeichnung, die ein Eingriff in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung darstellt.

    Zudem war die Rechtsgrundlage des Eingriffes zu prüfen, auf die sich die zuständige Stelle in dem Bußgeldverfahren gegen den Beschwerdeführer berief. So hatte das Amtsgericht „im angefochtenen Urteil die mittels einer Videoaufzeichnung vorgenommene Geschwindigkeitsmessung auf den Erlass zur Überwachung des Sicherheitsabstandes nach § 4 StVO des Wirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern vom 1. Juli 1999 (Az.: V 652.621.5-2-4) gestützt und damit diesen als Rechtsgrundlage für Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung herangezogen“.

    Hierzu stellten die Richter des BVerfG fest:

    „In der vom Beschwerdeführer angefertigten Videoaufzeichnung liegt ein Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dieses Recht umfasst die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, und daher grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen (vgl. BVerfGE 65, 1 <42 f.>). Durch die Aufzeichnung des gewonnenen Bildmaterials wurden die beobachteten Lebensvorgänge technisch fixiert. Sie konnten später zu Beweiszwecken abgerufen, aufbereitet und ausgewertet werden. Eine Identifizierung des Fahrzeuges sowie des Fahrers war beabsichtigt und technisch auch möglich. Auf den gefertigten Bildern sind das Kennzeichen des Fahrzeuges sowie der Fahrzeugführer deutlich zu erkennen. Das Amtsgericht hat im angegriffenen Urteil ebenfalls festgestellt, dass ausreichende Konturen auf den Bildern vorhanden sind, und den Beschwerdeführer als die abgebildete Person identifiziert. Dass die Erhebung derartiger Daten einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt, entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2009 – 1 BvR 2492/08 -, Umdruck, S. 26; BVerfGE 120, 378 <397 ff.>; BVerfGK 10, 330 <336 f.>).“

    So sei zwar eine solche Video-Überwachung im Verkehrsrecht nicht generell unzulässig, jedoch stellt die Rechtsgrundlage des herangezogenen Erlasses des Wirtschaftministeriums Mecklenburg-Vorpommern keine geeignete Rechtsgrundlage für einen derartigen Eingriff dar:

    „Eine solche Rechtsauffassung ist verfehlt und unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar. Es handelt sich bei dem Erlass – ausweislich der einleitenden Bemerkung – um eine Verwaltungsvorschrift und damit um eine verwaltungsinterne Anweisung. Derartige Regelungen, durch die eine vorgesetzte Behörde etwa auf ein einheitliches Verfahren oder eine einheitliche Gesetzesanwendung hinwirkt, stellen kein Gesetz im Sinn des Art. 20 Abs. 3 sowie des Art. 97 Abs. 1 GG dar und sind grundsätzlich Gegenstand, nicht Maßstab der richterlichen Kontrolle (vgl. BVerfGE 78, 214 <227> [BVerfG 31.05.1988 – 1 BvR 520/83]). Eine Verwaltungsvorschrift kann für sich auch keinen Eingriff in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung rechtfertigen, da es einer formell-gesetzlichen Grundlage bedarf. Der parlamentarische Gesetzgeber hat über einen derartigen Eingriff zu bestimmen und Voraussetzungen sowie Umfang der Beschränkungen klar und für den Bürger erkennbar festzulegen (vgl. BVerfGE 65, 1 <44>)“

    Aus diesem Grund verwiesen die Richter die Klage zurück an das zuständige Amtsgericht zur erneuten Entscheidung. Die Verfassungsbeschwerde war im Übrigen unzulässig.

    Es bleibt jedoch abzuwarten, ob eine eigenständige Rechtsgrundlage für eine solche Video-Überwachung im Straßenverkehr in Zukunft geschaffen wird und wie die Gerichte dann zu entscheiden haben.

    Das vollständige Urteil findet sich auf der Seite des Bundesverfassungsgerichts.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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