Der gesetzliche Richter ist ein wichtiges Element des Rechtsstaates. Ein Angeklagter soll einem neutralen Richter gegenüber stehen und dieser steht im Optimalfall schon fest, bevor die Anklage erhoben wurde. Sollte trotzdem einmal die Besorgnis der Befangenheit bestehen, so kann ein Richter, Schöffe oder Gutachter abgelehnt werden.
Stellt ein Schöffe Nikoläuse auf den Sitzungstisch der Staatsanwaltschaft, kann dies die Besorgnis der Befangenheit begründen.
Das Oberlandesgericht Koblenz (OLG Koblenz) musste sich mit einem Befangenheitsantrag gegen einen Schöffen beschäftigen. Der Antragssteller war Angeklagter vor einer großen Strafkammer des Landgerichts Koblenz. Ihm wurde im Wesentlichen eine Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Am 27. Verhandlungstag brachte der Angeklagte durch Schriftsatz seines Verteidigers den Befangenheitsantrag gegen den Schöffen an. Dieser soll zuvor zwei Schokoladenikoläuse auf den Tisch der Staatsanwaltschaft gestellt haben. Mit dem Befangenheitsgesuch ist der Angeklagte erfolgreich.
Erhebt der Vorsitzende den Vorwurf, dass die Staatsanwaltschaft den Sachverhalt nur einseitig erforscht habe, so kann dies ein Ablehnungsgesuch begründen.
Am Rande eines Verfahrens wegen Untreue, Betrug und Bestechung kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem vorsitzendem Richter und einem Oberstaatsanwalt. Zuvor wurde ein Freispruch durch das Landgericht vom Bundesgerichtshof (BGH) aufgehoben und das Verfahren erneut an das Landgericht Hildesheim verwiesen.
Basiert das Gutachten auf persönlichen Erfahrungen und Einschätzungen, sind an dem Sachverständigen strenge Maßstäbe der Befangenheit anzulegen.
In einem Betrugsverfahren vor dem Landgericht Baden-Baden musste der Wert von Diamanten festgestellt werden. Dazu wurde ein von der Industrie- und Handelskammer öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger gehört. Dieser Sachverständige soll gegenüber einem weiteren Sachverständigen folgenden Satz über den Strafverteidiger geschrieben haben:
Der Angeklagte ist vom Amtsgericht Görlitz wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt worden.
Hiergegen haben der Angeklagte sowie die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, welche allerdings abgelehnt wurde. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, die vor dem OLG Dresden aus nachstehenden Gründen Erfolg hat:
Der Bundesgerichtshof hat entschieden (Az.: 2 StR 595/09), dass ein Schöffe wegen Befangenheit abgelehnt werden kann, wenn er sich offen zu Methoden der Selbstjustiz bekennt.
Dem Strafverfahren, an dem der Schöffe beteiligt war, lag eine mittelbare Verbindung zum Angeklagten zugrunde. Der im Strafverfahren Angeklagte wurde durch einen Anwalt vertreten, der auch einen Schuldner des Schöffen, der im Hauptberuf Inkassounternehmer ist, vertritt. Der Schöffe schrieb an den Schuldner, dass dieser sich nicht mehr an den Anwalt wenden solle, sondern das Problem mit ihm „unter Männern klären“ solle.
(BGH, 2. Strafsenat, Az. 2 StR 595/09)
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner