Erpressung

  • Das Landgericht Baden-Baden hat den Angeklagten unter anderem wegen versuchter Erpressung und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem wurden diverse Gegenstände eingezogen und der Verfall von Wertersatz in Höhe von 1490 € angeordnet, §§ 73 ff. StGB.

    Weiter hat das Landgericht wegen vorsätzlichen Führens eines Kraftfahrzeugs unter dem Einfluss eines berauschenden Mittels gemäß § 24a II StVG eine Geldbuße in Höhe von 500 € verhängt und ein Verbot, für die Dauer eines Monats im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen ausgesprochen.

    Dagegen legte der Angeklagte erfolgreich Revision ein.

  • BGH, Beschluss vom 28.Juni 2011, Az.: 3 StR 167/11

    Das Landgericht Kleve hat den Angeklagten S. wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Zudem hat es den Mitangeklagten P. zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Angeklagten S.

    Der BGH hat daraufhin das Urteil,  auch soweit es den Mitangeklagten P. betrifft, aufgehoben.

    Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

    Die Angeklagten wollten dem Opfer eine Lehre erteilen, da dieser seine Drogenschulden nicht beglichen hatte. Dazu fuhren sie mit dem Opfer in ein Waldgebiet, um ihn mit Gewalt dazu zu bringen. Dieser hatte allerdings kein Geld bei sich, woraufhin die Angeklagten den Mann wieder freigelassen haben.

    Das Landgericht nahm gefährliche Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung an. Dazu der BGH:

    „Diese Feststellungen belegen nicht, dass der Versuch der besonders schweren räuberischen Erpressung fehlgeschlagen und damit ein Rücktritt des Angeklagten vom (unbeendeten) Versuch dieser Tat ausgeschlossen war. Denn ein Versuch ist nicht – wovon das Landgericht möglicherweise rechtsfehlerhaft ausgegangen ist – bereits dann fehlgeschlagen, wenn der Angeklagte – wie hier – seinen Tatplan nicht verwirklichen konnte. Maßgeblich ist hierfür vielmehr, ob ihm infolge einer Veränderung der Handlungssituation oder aufkommender innerer Hemmnisse das Erreichen seines Ziels nicht mehr möglich erschien. War der Angeklagte hingegen noch Herr seiner Entschlüsse und hielt er – wenngleich mit anderen Mitteln – die Ausführung seiner Tat noch für möglich, liegt ein unbeendeter und kein fehlgeschlagener Versuch vor. Entscheidend ist dabei die Sicht des Täters nach Ende der letzten Ausführungshandlung (BGH, Beschluss vom 26. September 2006 – 4 StR 347/06, NStZ 2007, 91; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 24 Rn. 6 ff.). Zu dem für die Abgrenzung eines fehlgeschlagenen von einem unbeendeten Versuch maßgeblichen Rücktrittshorizont des Angeklagten im Zeitpunkt seiner letzten Ausführungshandlung verhält sich das Urteil nicht. Mit Blick auf die Drohung des Angeklagten, erneut gewaltsam gegen das Tatopfer vorzugehen, wenn es seine Schulden nicht alsbald begleichen sollte, erscheint es jedoch nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte die Ausführung der Tat noch für möglich hielt. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Angeklagte an einer Fortführung seines Vorhabens, die Bezahlung der Drogenschulden beim Tatopfer zu erzwingen, gehindert sah, enthalten die Urteilsgründe nicht.“

    Der BGH beanstandet folglich, dass das Landgericht einen Rücktritt vom Versuch der besonders schweren räuberischen Erpressung nicht geprüft hat. Dies betreffe auch den Mitangeklagten und Tatbeteiligten P., da die beiden einvernehmlich nach dem unbeendeten Versuch mit den Handlung aufhörten.


  • BGH, Beschluss vom 26.05.2011, Az.: 3 StR 318/10

    Das Landgericht Wuppertal hat die Angeklagten jeweils wegen „schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Nötigung“ zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.

    Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
    Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten im Autohandel tätig. Die Geschädigten betrieben einen Kfz-Ersatzteilhandel. Die Beteiligten kannten sich über ihre Geschäftsbeziehungen.
    Die Angeklagten suchten die Geschädigten auf, um einen von ihnen für 250 Euro erworbenen defekten Airbag umzutauschen. Zudem wollten sie sich aus einem anderen Geschäft 100 Euro zurückzahlen lassen. Dabei gab es Probleme, sodass die Angeklagten stattdessen ein Lenkgetriebe im Wert von 450 Euro mitnehmen wollten. Sodann gingen die Angeklagten zu ihrem Auto, angeblich um die fehlenden 100 Euro zu holen. Die Geschädigten vertrauten auf den Zahlungswillen. Als die Geschädigten feststellten, dass die Angeklagten das Gelände ohne zu zahlen verlassen wollen, wollten sie diese daran hindern. Sie gingen zu dem Auto der Angeklagten und es entstanden neue „Verhandlungen“. Dabei allerdings zog einer der Angeklagten während der Drehbewegung sein Messer, mit dem er in Kopfhöhe in Richtung eines Geschädigten stach.

    Der BGH sah hier entgegen des Landgerichts keine schwere räuberische Erpressung und führte dazu aus:

    „Zwar hat der Geschädigte K. einen Vermögensnachteil erlitten, indes beruhte dieser nicht erst auf der körperlichen Einwirkung durch die Angeklagten. Er war vielmehr schon in dem Augenblick eingetreten, als der Geschädigte irrtumsbedingt den Kaufvertrag abschloss und das Lenkgetriebe übereignete. Erst als er den fehlenden Zahlungswillen entdeckt hatte und die Wegfahrt der Angeklagten zu verhindern suchte, wendeten diese Gewalt an, um ihn zum Verzicht auf seine Forderung zu bewegen. Es liegt deshalb eine so genannte Sicherungserpressung vor, d.h. ein Betrug (§ 263 Abs. 1 StGB) mit anschließender – nach Entdeckung begangener – Nötigung (§ 240 StGB) zum Zwecke der Sicherung des betrügerisch erlangten Vermögensvorteils.“

    „Die Feststellungen legen es vielmehr nahe, dass das Nötigungsmittel erst aufgrund eines nach Abschluss der betrügerischen Handlung und nach Eintritt des Betrugsschadens spontan gefassten Entschlusses eingesetzt wurde. In einem solchen Fall ist die Tat weder von Anfang an durch nötigende Elemente geprägt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Oktober 1983 – 4 StR 405/83, NJW 1984, 501) noch führt die spätere Nötigungshandlung zu einer Vertiefung des bereits eingetretenen Vermögensnachteils; es fehlt damit an der Kausalität zwischen der Nötigungsfolge und dem Nachteilseintritt, denn der Vermögensschaden ist bereits zuvor durch den Gewahrsamswechsel eingetreten, dem anschließenden (vorläufigen) Verzicht auf die Geltendmachung von (Rück-) Forderungsansprüchen kommt dabei keine eigenständige Bedeutung zu (BGH, Urteil vom 22. September 1983 – 4 StR 376/83, NJW 1984, 500; AG Tiergarten, Urteil vom 16. Oktober 2008 – (257 Ls) 52 Js 4301/08 (16/08), NStZ 2009, 270; LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 253 Rn. 25 mwN). Die Gewaltanwendung beeinflusste die Vermögenssituation des Geschädigten K. als solche nicht. Da ihm die Person seines Schuldners bekannt war, wurde auch die Möglichkeit der gerichtlichen Geltendmachung der Forderung durch die Schläge nicht beeinträchtigt.“

    Somit liegt im vorliegenden Fall nach der Entscheidung des 3. Strafsenats des BGH keine räuberische Erpressung vor. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Gewalt nicht unmittelbar nach der Täuschung eingesetzt worden ist, um das Opfer zu nötigen, die Vermögensschädigung abschließend hinzunehmen.


  • 5. Strafsenat des BGH, Az.: 5 StR 86/11

    Die Angeklagten sind vom Landgericht wegen Raubes und räuberischer Erpressung in zwei Fällen verurteilt. Die hiergegen gerichtet Revision hat auf Seiten des Angeklagten Z. Erfolg.

    Im vorliegenden Fall haben die drei Angeklagten in drei Fällen Kaufinteressierte von einem PKW überfallen, wobei die genaue Mittäterschaft der drei Angeklagten nicht ganz aufzuklären war. Die Strafkammer stützte sich unter anderem auf die Aussage des Angeklagten L sowie die Vernehmung eines Polizeibeamten, der am Tatort eingetroffen und seiner Aussage nach von drei männlichen Tätern überfallen worden war. Dabei hat der Geschädigte über die Beteiligung der drei Angeklagten nur gemutmaßt, dass „wegen eines vermeintlichen Raschelns in einem naheliegenden Gebüsch eine dritte Person an dem Überfall beteiligt gewesen sein könnte“.

    Wie der Strafsenat des Bundesgerichtshof (BGH) ausführt, fehle es an genauen Urteilsfeststellungen und konkreten Täterbeschreibungen, die eine Beteiligung des Angeklagten Z beweisen würden.

    Auszug aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die bei der Ablehnung von Beweisanträgen wegen Erwiesenseins von Tatsachen entsprechend gilt (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 1988 – 1 StR 410/88, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 erwiesene Tatsache 1), ist eine Auseinandersetzung mit als wahr unterstellten Tatsachen unter anderem dann erforderlich, wenn die Beweiswürdigung ohne deren Erörterung lückenhaft bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1979 – 2 StR 749/78, BGHSt 28, 310, 311; BGH, Beschluss vom 28. August 1991 – 5 StR 303/91 mwN). So liegt der Fall hier.
    Bloße Mutmaßungen in Richtung auf einen dritten Täter aufgrund eines Raschelns im Gebüsch sind namentlich mit der dezidierten Schilderung eines gewalttätigen Angriffs jenes dritten Täters nicht in Einklang zu bringen. Die Existenz eines dritten Täters wäre dabei trotz der sonst gegen den Angeklagten Z. sprechenden Indizien im Hinblick auf die zentrale Bedeutung dieses Aspekts geeignet, die Glaubhaftigkeit der Aussage des Angeklagten L. hinsichtlich der (Mit-)Täterschaft des Angeklagten Z. in Frage zu stellen. Den hierin liegenden Widerspruch im Aussageverhalten des Geschädigten durfte das Landgericht deshalb nicht einfach übergehen.

    Das Gleiche gilt für den durch die Strafkammer in demselben Beschluss als erwiesen angesehenen, im Urteil aber nicht angesprochenen Umstand, dass der Zeuge A. gegenüber der Polizei zum Aussehen des zweiten Täters Folgendes angegeben hat: „ca. 1,80 m bis 1,90 m groß, leicht gewelltes schulterlanges schwarzes Haar, ausländischer Typ (osteuropäische Richtung), braungebrannter Typ“, „schlanke Gestalt“ (Sachakten Bl. 1172). Demgegenüber ist der Angeklagte Z. nach den Urteilsfeststellungen 1,96 m groß, wog zur Tatzeit 101,9 kg (UA S. 12) und trug (wohl) kurzes blondes Haar (vgl. UA S. 9).“


  • 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs, Az.: 2 StR 523/10

    Das LG Marburg hat den Angeklagten wegen versuchten Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung weiter in Tateinheit mit Raub und weiter in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt. Dagegen legte der Angeklagte Revision ein.

    Der 2. Strafsenat erachtet die Revision begründet, da sich das LG Marburg im Rahmen seiner Aufklärungspflicht nach § 244 II StPO dazu gedrängt gewesen wäre, den Staatsanwalt zu vernehmen und das Protokoll der Haftbefehlsverkündung zu verlesen.

    Aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Es ist nicht auszuschließen, dass der Strafausspruch auf der unterbliebenen Beweiserhebung beruht, denn eine Aufklärungshilfe des Angeklagten wäre im Rahmen der Strafzumessung zu seinen Gunsten zu berücksichtigen gewesen.“

    Der Strafsenat hob das Urteil im Strafausspruch auf und verwies die Sache an das LG Marburg zurück.


  • 5. Strafsenat des BGH, Az.: 5 StR 507/09

    Der Angeklagte ist vom Landgericht wegen „besonders schwerer räuberischer Erpressung (Einsatzstrafe von einem Jahr und neun Monaten Freiheitsstrafe), unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahre in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in drei Fällen (Einzelfreiheitsstrafen von acht und zweimal sechs Monaten) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt“ worden. Von der Gesamtfreiheitsstrafe galten drei Monate wegen überlanger Verfahrensdauer als vollstreckt. Zusätzlich wurde der Verfall von Wertersatz in Höhe von 10 Euro angeordnet. Hiergegen wandte sich der Angeklagte mit seiner Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH).

    Im Hinblick auf die Gesamtstrafe bestehen beim Strafsenat durchgreifende Bedenken. So hat das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung für die besonders schwere räuberische Erpressung den Sonderstrafrahmen des § 250 Abs. 3 StGB angenommen und dabei die Strafmilderungsgründe des § 21 StGB herangezogen, „ohne den nach Auffassung des Landgerichts ein minder schwerer Fall nicht hätte bejaht werden können, so dass eine weitere Strafmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB nicht mehr in Frage kam (§ 50 StGB)“.

    In der Gesamtwürdigung seien sowohl Aspekte der Tatdurchführung dem Angeklagten zu Lasten gelegt, aber auch ihm zugute gehalten, dass er nicht vorbestraft gewesen wäre sowie die Tat über vier Jahre zurückliege. Insgesamt erweckt dies nach Ansicht des Senats jedoch den Eindruck, das Landgericht habe weitere strafmildernde Umstände außer Acht gelassen, die ohne Heranziehung des § 21 StGB zu einem minder schweren Fall führen könnten:

    Auszug aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „So handelte es sich um eine spontane, aus der Situation heraus entstandene Tat, der ein gruppendynamisches Geschehen zugrunde lag. In die Würdigung maßgebend einzubeziehen war ferner der Umstand, dass es sich um eine Tat innerhalb des Drogenmilieus mit bereits geringer Beuteerwartung handelte. Das Messer, mit dem das Opfer aus einem Meter Entfernung bedroht wurde, war nicht vom Angeklagten, sondern von einem Mittäter geführt worden. Keine negativen Feststellungen hat das Landgericht schließlich zur strafrechtlichen Entwicklung des Angeklagten seit den im Zeitpunkt des Urteils vier (Raubtat) bzw. knapp drei (Betäubungsmittelstraftaten) Jahre zurückliegenden Taten getroffen. Der Ausspruch über die Einsatzstrafe kann danach keinen Bestand haben; dabei verkennt der Senat deren verhältnismäßig milde Bemessung im Ergebnis nicht.“

    Folglich führt dies zur Aufhebung der Gesamtstrafe. Die Sache ist zur neuen Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Außerdem weißt der Senat hinsichtlich der Verfallsentscheidung auf die Normen des §§ 430, 442 StPO hin.


  • Der Angeklagte ist vom Landgericht Hannover wegen schwerer räuberischer Erpressung, Raubes in zwei Fällen, räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit Körperverletzung, Erpressung, Diebstahls und gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Strafen aus dem Urteil des Landgerichts Hannover vom 4. Juni 2009 unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtsstrafe zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt worden.

    Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) und kann einen Teilerfolg erzielen.

    Nach Feststellungen des Landgerichts ist der Sachverhalt wie folgt:

    Der Zeuge sollte dem Angeklagten sein Mobilfunktelefon zeigen. Als der Angeklagte dieses an sich nahm, verlangte er für die Rückgabe des Geräts 20 Euro. Er zielte somit auf das Geld und nicht auf das Handy ab. Da sich der Zeuge weigerte, diese Summe zu zahlen, fasste der Angeklagte den Entschluss, das Handy zu behalten und entfernte sich nach Rückgabe der SIM-Karte an den Zeugen mit dem Mobiltelefon in seiner Tasche. Daraufhin folgte ihm der Zeuge und verlangte sein Eigentum zurück. Der Angeklagte schlug dem Zeugen mit der flachen Hand ins Gesicht und drohte ihm ferner mit Schlägen, falls er ihn weiter verfolgen würde.

    In diesem Tathergang sah das Landgericht einen räuberischen Diebstahl.

    Nach Ansicht des Strafsenats des BGH hält der Schuldausspruch bezüglich des räuberischen Diebstahls aus den folgenden Gründen einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

  • Ein Rotterdamer Gericht hat fünf Seeräuber zu jeweils fünf Jahren Freiheitsstrafe wegen Seeräuberei verurteilt.
    Die zwischen 25 und 45 Jahre alten Angeklagten haben a, 02.01.2009 versucht einen unter der Flagge der Niederländischen Antillen segelnden türkischen Frachter zu kapern, um im Anschluss Lösegeld zu erpressen. Dabei haben sie den Frachter mit einem Raketenwerfer und automatischen Waffen beschossen. Die Frachterbesatzung schaffte es das Boot der Seeräuber mit Leuchtmunition in Brand zu setzten, so dass es letztlich unterging. Die Angeklagten hingegen gaben an, dass sie in Seenot geratene Fischer gewesen sein, die sich Hilfe vom Frachter erhofft hatten.
    (FAZ vom 18.06.2010 Nr. 138, S. 5)

  • Der Angeklagte ist vom Landgericht Dresden wegen Urkundenfälschung in insgesamt acht Fällen und versuchter Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Mit der hiergegen gerichteten Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) erzielt der Angeklagte einen Erfolg.

    Der Angeklagte hatte durch Offenbarung seines Wissens über den an ihm selbst verübten erpresserischen Menschenraub nach § 239a StGB in Tateinheit mit der räuberischen Erpressung nach § 255 StGB wesentlich bei der Aufklärung dieser Straftat mitgewirkt. Die Strafkammer des Landgerichts Dresden hatte jedoch die Regelung des § 46 StGB nicht angewendet, da es sich beim Angeklagten ihrerseits nach nicht um einen Tatbeteiligten, sondern um das Tatopfer handele. Außerdem seien die Aussagen des Angeklagten als Zeuge nicht freiwillig erfolgt.

    Diese Erwägungen halten nach Ansicht des Strafsenats des BGH der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

  • 5. Strafsenat des BGH, Az. 5 StR 478/09

    Der Angeklagte ist vom Landgericht Bremen „wegen räuberischer Erpressung (Einzelfreiheitsstrafe sieben Monate), wegen Freiheitsberaubung in zwei Fällen (Einzelfreiheitsstrafen je zwei Monate), wegen unerlaubten Überlassens von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch in zwei Fällen (Einzelfreiheitsstrafen zwei Monate und ein Monat) und wegen Beleidigung (Einzelfreiheitsstrafe ein Monat) unter Einbeziehung der vom Landgericht Bremen in dessen Urteil vom 9. Oktober 2008 verhängten und zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von zwei Jahren zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt und von weiteren Vorwürfen freigesprochen“ worden. Die hiergegen vor dem Bundesgerichtshof (BGH) eingewandte Revision führt zu keiner Abänderung des Schuldspruches. Jedoch bedarf das Urteil nach Ansicht des Strafsenats eines Härteausgleiches aufgrund der entgangenen anderweitigen Gesamtstrafbildung.

    Demnach wird der Strafausspruch dahingehend ergänzt, dass vier Monate der verhängten Gesamtstrafe als bereits vollstreckt gelten und diese somit um diesen Zeitraum verkürzt wird, so dass die Revision insoweit einen Teilerfolg hatte.

    Dem Urteil geht folgender Sachverhalt voraus:  Der Angeklagte hatte zwischen Ende Februar und dem 26. März 2007 mehrere Straftaten begangen. Als die Bildung einer Gesamtstrafe aufgrund einer Nachverurteilung durch Strafbefehl des zuständigen Amtsgerichts Bremen vom 2. August 2007 wegen vollständiger Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe zehn Tage vor in diesem Urteil vollzogenen Verurteilung nicht mehr möglich war, erkannte das Landgericht mangels anderer Alternativen mit der nächsten noch nicht erledigten Strafe auf eine zweijährige, zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe. Folglich bildete das Gericht angesichts der zeitlichen Zäsur diese verhängte Gesamtstrafe.

    Diesen Schritt begründete das Landgericht folgendermaßen:

    „Andererseits war nicht zu übersehen, dass die Aussetzung der Vollstreckung der zweijährigen Freiheitsstrafe zur Bewährung zwar somit keinen Bestand mehr haben konnte, die jetzt erforderliche Gesamtstrafenbildung dem Angeklagten wiederum aber insoweit zugute kommt, als bei Einbeziehung allein der Geldstrafe aus dem Strafbefehl vom 02.08.2007 die dann bestehend bleibende zweijährige Einzelstrafe sowie die im Übrigen zu bildende Gesamtstrafe der Summe nach zu einer höheren Gesamtsanktion geführt hätte“

    Der Strafsenat des BGH sieht hierin einen Rechtsfehler, denn ohne die Vollstreckung der vollständigen Ersatzfreiheitsstrafe hätte die Strafaussetzung aufgrund anderweitiger Gesamtstrafbildung und der Bewährung bestehen bleiben können, was letztlich zu einem Nachteil für den Angeklagten führt.

    Dazu der 5. Strafsenat im Wortlaut:

    „Die hier erfolgte Gesamtstrafenbildung ist nur aufgrund vollständiger Ersatzfreiheitsstrafenvollsteckung notwendig geworden, die den Wegfall einer den Angeklagten begünstigenden Zäsur zur Folge hatte. Die zitierte Erwägung des Landgerichts lässt diese Besonderheit des Verlusts der gewährten Strafaussetzung zur Bewährung hinsichtlich der zweijährigen Freiheitsstrafe aus dem Urteil vom 9. Oktober 2008 – die Widerrufsvoraussetzungen des § 56f Abs. 1 StGB lagen nicht vor – unberücksichtigt. Der Angeklagte hat die ausgeurteilten Taten nicht nach der Aussetzungsentscheidung, sondern weit über ein Jahr zuvor begangen. Ohne die vollständige Ersatzfreiheitsstrafenvollstreckung wäre die Strafaussetzung infolge anderweitiger Gesamtstrafenbildung bestehen geblieben. Damit wirkt sich die Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe unter Heranziehung einer erheblichen, zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe als Einsatzstrafe für den Angeklagten überaus nachteilig aus (vgl. BGH, Beschluss vom 2. März 1994 – 2 StR 740/93); dies erfordert die Gewährung eines besonders nachhaltigen Härteausgleichs (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 15 m.w.N.). Diesen nimmt der Senat zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerung in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst vor.“

    Angesichts dieser Umstände, die sich aufgrund der vom Landgericht vorgenommen Strafzumessung bzw. der entgangenen Bewährung zu Lasten des Angeklagten auswirken, hält der Strafsenat im Hinblick auf den Härteausgleich die Anwendung des Vollstreckungsmodells aus den folgenden Erwägungen für vorzugwürdig:

    „Die Überlegenheit dieser Vorgehensweise gegenüber der herkömmlich vorgenommenen Herabsetzung der (Gesamt-)Strafe hat der Große Senat für Strafsachen in BGHSt 52, 124, 136 der Sache nach anhand von Fällen notwendigerweise systemwidriger Eingriffe in die Strafzumessung zur Verwirklichung des Härteausgleichs (BGHSt 31, 102 – Unterschreiten der Untergrenze des § 54 Abs. 1 StGB; BGHSt 36, 270 – Milderung von Einzelstrafen) anerkannt. Seine Anwendung ist aber darüber hinaus auch sonst sachlich geboten. Die Verwirklichung des Härteausgleichs knüpft nicht an der maßgeblichen Grundlage der Strafhöhe, der Tatschuld (§ 46 Abs. 1 StGB) an, sondern erstrebt die Festsetzung eines gerechten Ausgleichs dafür, dass aufgrund verfahrensrechtlicher Zufälligkeiten eine den Angeklagten beschwerende getrennte bzw. – hier – zusammengefasste Strafbemessung stattgefunden hat (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2009 aaO). Die Anwendung des Vollstreckungsmodells erleichtert die Straffestsetzung ferner, weil bisher zu berücksichtigende, getrennt zu bewertende Umstände nicht mehr berührt werden. Dies erleichtert zudem maßgeblich die in Fällen dieser Art besonders sachgerechte abschließende Entscheidung durch das Revisionsgericht. Zudem wird die Transparenz hinsichtlich des gewährten Härteausgleichs, aber auch bezüglich der Straffestsetzung erhöht (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2009 aaO m.w.N.)“.

    Aus diesem Grund hält der Senat die Anrechnung von vier Monaten als bereits vollstreckt für angemessen und ändert das Urteil entsprechend dem Tenor ab.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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