Hamburg

  • Das Hamburger Landgericht hat ein Urteil gegen die zwei sog. U-Bahn-Schläger gesprochen. Patrick W. und Nehad H. sollen am 29.05.2010 gegen 23.50 Uhr an der U-Bahn-Haltestelle Niendorf-Markt in Hamburg auf ihr Opfer Matthias R. und seine Freundin getroffen sein. Dabei sollen die beiden zunächst die Freundin von Matthias R. belästigt haben, so dass dieser dazwischen ging. Daraufhin sollen die beiden Angeklagten auf ihn eingeschlagen und eingetreten haben. Matthias R. fiel auf den Hinterkopf und zog sich eine multiple Schädelverletzung zu. Danach sollen die beiden Angeklagten ihr Opfer im Stich gelassen haben und verschwunden sein. Matthias R. hat schwere Verletzungen davongetragen ist seit dem schwerbehindert.
    Das Urteil der Hamburger Richter lautete auf unterlassene Hilfeleistung. Die Täter müssen zwischen 1000 und 5250 Euro Geldstrafe zahlen.
    Nach dem Urteilsspruch verließen einige Zuschauer aufgebracht und schreiend den Gerichtssaal.
    Auch die Richter bezeichnen das Urteil als „unbefriedigend“. Die Beweisaufnahme sei insbesondere deshalb problematisch gewesen, weil sogar die Freundin von Matthias R. sich kaum noch an das Tatgeschehen erinnere. Auch die elf Sekunden lange Aufzeichnung der Überwachungskamera könne keine weiteren Beweise liefern. Zudem konnte den Angeklagten nicht nachgewiesen werden, dass sie die Freundin von Matthias R. tatsächlich belästigt haben. Vielmehr stellten diese den Sachverhalt derart dar, dass Matthias R. sie angegriffen habe und die sich daher verteidigen hätten müssen. Das Matthias R. so unglücklich fallen würde hätten die Angeklagten nicht abschätzen können, so ein medizinischer Sachverständiger. Es handele sich daher um einen Unglücksfall.
    (Quelle: Hamburger Abendblatt vom 07.12.2010, S. 10)


  • In dem Prozess um den sog. Messerstecher vom Jungfernstieg, dem 16-jährigen Elias A, der an der U-Bahnstation Jungfernstieg in Hamburg einen 19-jährigen erstochen haben soll, haben nun sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Nebenklage ihre Schlussanträge gestellt.
    Die Staatsanwaltschaft forderte sechs Jahre und sechs Monate Jugendstrafe. Die Nebenklage gab keine solch präzisen Werte an, sondern forderte eine Strafe im „oberen Drittel“. Dies dürfte in den Bereich einzuordnen sein, den auch die Staatsanwaltschaft angesetzt hatte, da das Höchstmaß für Jugendstrafe bei zehn Jahren liegt.
    (Quelle: Hamburger Abendblatt vom 02.12.2010, S. 12)


  • Prozessauftakt vor dem Landgericht Hamburg gegen zehn somalische Piraten, die am Ostermontag dieses Jahres das Containerschiff MS Taipan zu entführen versuchten. Dies gelang den Piraten jedoch nicht, da eine niederländische Fregatte der MS Taipan zu Hilfe geeilt war und die Piraten festsetzen konnte.
    Unter den zehn Piraten befinden sich sieben Erwachsene, zwei Heranwachsende und ein Jugendlicher. Sie werden von 20 Rechtsanwälten verteidigt. Das Gericht hat insgesamt 13 Verhandlungstage anberaumt. Zunächst sind 22 Zeugen geladen.
    Die zehn Piraten müssen sich wegen Angriffs auf den Seeverkehr und erpresserischen Menschenraubes verantworten. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Piraten in der Absicht gehandelt haben, die Besatzung der MS Taipan gefangen zu nehmen und Lösegeld zu erpressen.
    (Hamburger Abendblatt vom 22.11.2010, S. 7)

  • Vor dem Amtsgericht Hamburg-Wandsbek ist ein 19jähriger Mann aus Brandenburg wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen angeklagt. Der Mann soll sich mit 17 „Kameraden“ im Jacobipark im Hamburger Stadtteil Eilbek in Gruppenformation auf einer Treppe postiert und den rechten Arm zum Hitlergruß erhoben haben. Zudem soll der Mann dabei ein T-Shirt mit der Aufschrift von rechtsextremistischen Parolen getragen haben.

    Der Mann ist der Justiz nicht unbekannt, bereits nach einem Fußballspiel der Deutschen Nationalelf gegen die Türkei wurde er wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt.
    (Quelle: Hamburger Abendblatt vom 11.11.2010, S. 15)

  • Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Sicherheitsfirma Prevent, die bei der HSH Nordbank tätig ist. Im Zuge der Ermittlungen wurden Büros von Prevent in München und Norderstedt und auch Büros der Tochterfirma Validd in Hamburg und Mainz durchsucht. Zudem wurden Privatwohnungen der Prevent-Gründers und des Vorstands durchsucht.
    Prevent-Mitarbeitern wird vorgeworfen dem ehemaligen Leiter der HSH Nordbank-Niederlassung New York bei seiner Kündigung kinderpornographische Schriften untergeschoben zu haben. Jedoch seinen nach Aussage der Staatsanwaltschaft keine Hinweise darauf ersichtlich, dass dies von der HSH beauftragt wurde.

    Prevent wies diese „Unterstellungen“ zurück. Diese Stellungnahme gab Prevent bereits zu Ermittlungen der  Staatsanwaltschaft Kiel ab, als diese dem Verdacht nachgingen, dass einem ehemaligen Vorstandsmitglied ebenfalls fingierte Beweise untergeschoben worden sein sollten, um ihn entlassen zu können.
    (Quelle: Hamburger Abendblatt vom 04.11.2010, S. 1)


  • Der Geschäftsführer der Arge Thomas B. wurde vom Bund der Steuerzahler Hamburg angezeigt, da mindestens in 107 Fällen jahrelang überhöhte Mieten für Wohnungen von Hartz-IV-Empfängern gezahlt worden seien. So seien die Wohnungen im Mietvertrag wesentlich größer angegeben worden, als diese tatsächlich bemessen gewesen wären. Obwohl bereits Hinweise eingegangen seien, habe die Verwaltung angeblich nichts unternommen.
    Ein Sprecher der Arge äußerte sich über die Strafanzeige überrascht, da „von Anfang an auf alle Verdachtsfälle mit rechtlichen Schritten reagiert“ worden sei.
    (Hamburger Abendblatt vom 29.10.2010, S. 7)

  • Strafrecht / Aktuelle Nachrichten / erpresserischer Menschenraub

    Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat gegen die somalischen Piraten, die den Tanker „York“ vor der Küste Kenias entführt haben, ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dabei wird wegen erpresserischen Menschenraubs und wegen Angriffs auf den Seeverkehr ermittelt.
    Der Tanker „York“ war im Auftrag einer griechischen Reederei unterwegs, die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt jedoch, weil der Kapitän der „York“ aus Hamburg stamme.
    (Quelle: Hamburger Abendblatt vom 27.10.2010, S. 7)

  • Es hat der Prozess vor dem Hamburger Landgericht gegen die zwei sog. U-Bahn-Schläger begonnen. Patrick W. und Nehad H. sollen am 29.05.2010 gegen 23.50 Uhr an der U-Bahn-Haltestelle Niendorf-Markt in Hamburg auf ihr Opfer Matthias R. und seine Freundin getroffen sein. Dabei sollen die beiden zunächst die Freundin von Matthias R. belästigt haben, so dass dieser dazwischen ging. Daraufhin sollen die beiden Angeklagten auf ihn eingeschlagen und eingetreten haben. Die Staatsanwaltschaft beschreibt die Folgen der Tat so: „durch den Angriff wurde seine motorische, geistige und psychische Leistungsfähigkeit unumkehrbar eingeschränkt.“ Die Anklage lautet auf schwere Körperverletzung.
    (Hamburger Abendblatt vom 25.10.2010, S. 10)

  • Der Geist des Obrigkeitsstaats im Revisionsrecht

    Freie Advokatur als Feindbild der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
    von Herrn Dr. Böttner, Strafverteidiger aus Hamburg

    Im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft konnte zutreffend festgestellt werden, dass kein Mittel der Strafprozessordnung seit deren Inkrafttreten einem so gravierenden Wandel unterlag, wie das Rechtsmittel der Revision.
    Während im Bereich der Sachrüge maßgeblich durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Möglichkeiten der revisionsrechtlichen Kontrolle deutlich ausgeweitet worden ist und sogar die Tatsachenfeststellung, Beweiswürdigung und Strafzumessung in erheblichem Umfang der revisionsrechtlichen Kontrolle unterliegen wird die Möglichkeit, Verfahrensfehler geltend zu machen, erheblich eingeschränkt.Nicht nur überzogene Anforderungen an die Begründung von Verfahrensrügen, sondern auch die Erhöhung der Begründungsanforderungen für Beweisanträge lassen Formfehler und Verfahrensrügen immer weiter als „stumpfes Schwert“ erscheinen.

    Die Strafverteidiger werden durch Beanstandungs- sowie Widerspruchspflichten nicht nur dazu angehalten, sondern letztlich verpflichtet, das Gericht auf mögliche Fehler zu überwachen und diese unmittelbar rügen zu müssen. Der Beschuldigte ist damit im Hinblick auf die Revision nicht nur der Qualität des Gerichts, sondern auch der seines Verteidigers ausgeliefert, die Möglichkeiten des Rechtsmittels der Revision werden werter herabgesetzt. Ein weiteres Problem stellt die sog. „Rügeverkümmerung“ dar: Durch eine nachträgliche Änderung des Sitzungsprotokolls bzw. durch die Aufstellung des Erfordernisses der Darlegung von negativen Tatsachen führt dazu, dass Verfahrensrügen die tatsächliche Grundlage entzogen wird.

    M. E. handelt es sich hierbei um eine Tendenz, die ihren Grund und Ursprung in Einsparungen im Rahmen der Strafrechtspflege unter der leeren Floskel der ,,Effektivität der Strafrechtspflege“ hat. Die Strafverteidigung wird nur noch als notwendiges Übel angesehen, die Revision lediglich als (unnötiger) Kostenfaktor.

    Dem treten die Strafverteidigervereinigungen entgegen: Dazu heißt es in dem Ergebnispapier des 34. Strafverteidigertages:

    „Das Revisionsgericht ist – trotz seines erweiterten Prüfungsbereichs – kein „Tatrichter hinter dem Tatrichter“, der pragmatisch auf die strikte Einhaltung der Justizförmlichkeit des Verfahrens in den Vorinstanzen verzichten könnte. Seine Aufgabe ist die Rechtsprüfung in formeller und sachlicher Hinsicht.
    Die Analyse der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Prozessrecht zeigt, dass eine Reihe wichtiger Entscheidungen, die in das strafprozessuale Gefüge eingreifen (Stichworte: Widerspruchslösung, Konnexität, Fristsetzung für Beweisanträge), unter gravierenden Begründungsmängeln leiden. Dies gilt auch für Entscheidungen des Großen Senats. Wesentliche Gegenargumente werden nicht oder nebenbei erwähnt, eine nochvollziehbare Auseinandersetzung findet nicht statt.
    Dieser Zustand ist unhaltbar. Zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist der Bundesgerichtshof zur vollständigen, rational nachvollziehbaren Argumentation rechtlich verpflichtet. Beachtet das Revisionsgericht die argumentative Struktur nicht, dann besteht die Gefahr, dass Ergebnisse erzielt werden, die letztlich nicht begründbar sind. Dies sind dann reine „Machtsprüche“.“

    Allerdings ist m. E. bei ablehnenden Entscheidungen des Revisionsgerichts eine dann trotzdem erfolgende Begründung anstatt eines „OU-Beschlusses“ gefährlich: Kann doch die erfolgte Begründung von der Bundesanwaltschaft auch bei aus deren Sicht ähnlich gelagerten Fällen herangezogen und gegen den Angeklagten verwandt werden.

    Zudem ist angesichts der Tatsache, dass es nach der Revision kein Rechtsmittel, sondern lediglich die Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde gibt, die Begründung der Ablehnung einer Revision für den Mandanten nur von geringem Nutzen. Ich stimme jedoch insofern überein, als dass eine letztlich argumentativ in objektiver Hinsicht kaum begründbare Entscheidung schwerer fällt, wenn man eine Begründung abgeben muss. Im Mindestmaß sollte der Bundesgerichtshof auch in einem ablehnenden Beschluss deutlich machen, ob er sich der Auffassung des Generalbundesanwalts angeschlossen oder mit abweichender Begründung entschieden hat.

    Die Arbeitsgruppe ist weiter zu dem Ergebnis gekommen, dass es Aufgabe der Strafverteidigung ist, den Bundesgerichtshof durch gut begründete Revisionen auf Fehler im Urteil hinzuweisen und sich auf diese Art rechtliches Gehör zu verschaffen.
    Selbstverständlich ist die nicht weiter ausgeführte allgemeine Sachrüge dafür wenig geeignet. Auch ist dem Ergebnis der Arbeitsgruppe 1 zuzustimmen, dass bei erkennbarer Übergehung der Rügen oder Argumentationen der Verteidigung von § 356a StPO Gebrauch gemacht werden sollte, wobei bei einer Verletzung auch eine Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht bzw. eine Menschenrechtsbeschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Betracht zu ziehen ist.

    Abschließend fordert die Arbeitsgruppe schließlich die Einführung einer gesetzlichen Verpflichtung zur Begründung des Beschlusses gem. § 349 II StPO, mit dem eine Revision ohne Hauptverhandlung verworfen wird. Dieser Forderung ist m. E. nur eingeschränkt zuzustimmen, da – wie dargelegt – die Gefahr besteht, dass Pseudobegründungen sich in anderen Verfahren zum dortigen Nachteil der Angeklagten auswirken können. In den meisten Fällen dürfte der Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs mehr Chancen einzuräumen sein, als einer Verfassungsbeschwerde gegen eine unzulässige Begründung durch den Bundesgerichtshof.

    Meiner Auffassung nach ist die Problematik der negativen Entwicklungen im Revisionsrecht insbesondere dem Umstand der Kostenersparnis geschuldet. Während im Zivilverfahren die Zulassungsvoraussetzungen für das Rechtsmittel der Berufung bzw. der Revision „verschärft“ worden sind, hat man sich im Strafrecht gegen eine Beschränkung in Form von Zulassungsvoraussetzungen entschieden.
    Dementsprechend wird nun durch die Gerichte versucht, der Arbeitsüberlastung auf anderem Wege Herr zu werden.

    Letztlich wird man sich fragen müssen, ob die Bundesrepublik Deutschland es sichleisten kann, an der Strafjustiz als einem wesentlichen Grundpfeiler einer modernen Gesellschaft zu sparen.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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