Die Unmöglichkeit der Beitragsentrichtung wirkt bei § 266a Abs. 2 StGB regelmäßig nicht tatbestandsausschließend.
Der Angeklagte beschäftigte mehrere Personen in einer „Drückerkolonne“. Das Landgericht Coburg verurteilte ihn wegen Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelten.
Dagegen wehrte sich der Angeklagte mittels Revision und führt an, dass ihm die Beitragsentrichtung unmöglich gewesen wäre. Dies sieht der BGH anders:
OLG Celle, Beschluss vom 19.07.2011, Az.: 1 Ws 271-274/11
Den Angeklagten wurde vorgeworfen, den Einzugsstellen Sozialversicherungsbeiträge in Millionenhöhe vorenthalten und somit eine Steuerhinterziehung begangen zu haben. Dabei sollen sie 179 Arbeitnehmer als lediglich „geringfügig beschäftigt“ gemeldet haben, obwohl diese als Toilettenreinigungskräfte an Autobahnraststätten in größerem Maße beschäftigt waren. Zudem wurde ihnen vorgeworfen Umsatz- und Lohnsteuer hinterzogen zu haben.
Laut Anklage haben sie sich damit des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in elf Fällen, des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelten in 25 Fällen, der Verkürzung von Umsatzsteuer in zehn Fällen, der Verkürzung von Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag in 35 Fällen, sowie den Angeklagten A. und T. Verkürzung von Einkommenssteuer in zwei bzw. vier Fällen schuldig gemacht.
Das Landgericht Hildesheim hat daraufhin das Hauptverfahren wegen einiger Anklagevorwürde eröffnet und bezüglich anderen abgelehnt.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft.
Dazu führte das OLG Celle aus, dass im Wirtschaftsstrafrecht eine Schätzung der Höhe hinterzogener Steuern und anderer Beträge dem Tatrichter grundsätzlich erlaubt ist. Allerdings müssten bestimmte Voraussetzungen vorliegen, insbesondere dürfe es keine andere sicherere Methode geben. Dann dürfe sich das Gericht sogar an Schätzungen anderer Stellen – wie z.B. des Finanzamts – halten.
„Allerdings darf bei der Ermittlung der Schwarzlohnsumme „nicht vorschnell auf eine Schätzung ausgewichen werden, wenn eine tatsachenfundierte Berechnung anhand der bereits vorliegenden und der erhebbaren Beweismittel möglich erscheint“ (BGH NStZ 2010, 635). Die zuverlässige Klärung, ob eine für die Berechnung verlässliche Tatsachengrundlage beschafft werden kann, ist dabei auch und besonders Aufgabe der Ermittlungsbehörden. Deshalb wäre es verfehlt und würde die Hauptverhandlung mit unnötigem Aufklärungsaufwand belasten, wenn die Ermittlungsbehörden sich darauf beschränkten, die Lohnsumme zu schätzen, ohne zuvor ausermittelt zu haben, ob eine tatsachenfundierte Berechnung möglich ist.“
Nach Ansicht des OLG lag es hier aber so, dass zuvor noch Arbeitnehmer hätten vernommen werden können. Dies wäre auch kein unverhältnismäßiger Aufwand gewesen. Zwar ist diese Ermittlung nicht zwangsweise vom Gericht selbst durchzuführen, vielmehr könnte das Gericht eine Beweiserhebung anordnen. Allerdings sind Ermittlungen dieses Umfangs von der Staatsanwaltschaft durchzuführen. Daher war die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts gerechtfertigt.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner