Hat ein Tatrichter einen Betroffenen anhand von Lichtbildern identifiziert, muss das Urteil Feststellungen zur Geeignetheit des Beweisfotos treffen.
Das Amtsgericht Linz am Rhein verhängte gegen den Betroffenen eine Geldbuße in Höhe von 240 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat, da er außerhalb einer geschlossenen Ortschaft die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 46km/h überschritten haben soll. Dagegen wehrte er sich mit der Rechtsbeschwerde.
Die Verurteilung stützt sich vor allem auf den Vergleich vom Betroffenen mit dem Foto der Radarkontrolle. Ein Sachverständiger konnte, trotz Teilverdeckung des Gesichts durch Hand und Innenspiegel, anhand von 21 Merkmalsausprägung den Betroffenen auf dem Foto identifizieren. Als Unähnlichkeit konnte lediglich die Brille des Fahrers erkannt werden, da der Betroffene kein Brillenträger sei. Der Sachverständige ordnete die Wahrscheinlichkeit bei einer siebenstufigen Skala zwischen Stufe vier und fünf ein. Dies reichte dem Gericht, um zur Überzeugung zu gelangen, dass der Betroffene der Fahrer sei.
Das Oberlandesgericht Koblenz (OLG Koblenz) kritisiert jedoch, dass das Gericht zwar Ausführungen zu dem Sachverständigengutachten gemacht habe, jedoch nicht dazu, ob das Lichtbild des Fahrers überhaupt als Beweisfoto geeignet sei.
„Hat der Tatrichter den Betroffenen anhand eines bei einer Verkehrsüberwachungsmaßnahme gefertigten Lichtbildes als Fahrer identifiziert, müssen die Urteilsgründe so gefasst sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht prüfen kann, ob das Beweisfoto überhaupt geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen (Senat a.a.O., Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 71 Rdnr. 47a m.w.N.)“
Die Urteilsgründe beinhalten jedoch kein Wort zur Bildqualität. Ebenfalls wird die Person auf dem Foto nicht so detailliert beschrieben, dass das Rechtsbeschwerdegericht die Identifizierung nachprüfen kann. Auch wurde lediglich angegeben, dass das Gesicht zum Teil verdeckt war, es wurde jedoch nicht angegeben, welcher Teil des Gesichts konkret nicht zu erkennen war.
Aus diesem Grund verweist der Senat die Sache zu neuer Entscheidung an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts zurück.
OLG Koblenz, Beschluss vom 21. September 2012, Az.: 2 SsBs 54/12
Eine allgemeine Personenbeschreibung und zweifelnde Zeugen reichen nicht zur Identifizierung eines Täters.
Der Angeklagte wurde vom Landgericht Berlin wegen besonders schweren Raubes, wegen Amtsanmaßung in Tateinheit mit Diebstahl und wegen Amtsanmaßung in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit versuchtem Diebstahl zu sieben Jahren Haft verurteilt.
Gegen das Urteil legte die Strafverteidigung die Revision ein.
Der Angeklagte war wegen Dienstahls verurteilt worden und wendet sich in der Revision mit seiner Sachrüge gegen die Beweiswürdigung der Strafkammer. Diese hatte den Angeklagten unter anderem aufgrund einer Zeugenaussage nach wiederholtem Wiederkennen verurteilt. Seitens der Strafkammer wurde jedoch nicht berücksichtigt, dass die Zeugin bei der Täteridentifizierung Unsicherheiten aufzeigte und in der Hauptverhandlung auch geäußert hatte, dass sie sich nicht ganz sicher sei, ob der Angeklagte der Täter wäre.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner