Schuldspruch hält der sachlichen Prüfung nicht stand

1 RVs 71/21 – OLG Düsseldorf verwirft Schuldspruch des LG Düsseldorfs

Das Amtsgericht Neuss sowie auch das Landgericht Düsseldorf sprachen den Angeklagten wegen Betruges in zwei Fällen sowie wegen versuchten Betruges in zwei Fällen schuldig. Die gegen seine Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten hatte mit der Sachrüge Erfolg. Der Schuldspruch des LG Düsseldorf hält der sachlichrechtlichen Prüfung insgesamt nicht stand. 

Schuldspruch hält der sachlichrechtlichen Prüfung nicht stand

Angeklagter soll durch die Bewerbung mit gefälschten Unterlagen zu Anstellungen als Vertretungslehrer an Schulen gekommen sein

Der Angeklagte arbeitete in der Vergangenheit in der ehemaligen Sowjetunion und in Deutschland als (Vertretungs-)Lehrer. In der ehemaligen Sowjetunion soll er Musik, Sport und Mathematik studiert haben, weswegen dem Angeklagten vom Ministerium für Wissenschaft und Forschung im März 1997 im Rahmen einer Anrechnung der Grad des Diplom-Sportlehrers verliehen wurde. Mit rechtskräftigem Bescheid vom Juni 1998 nahm das Ministerium die Ernennung zum Diplom-Sportlehrer zurück – der Angeklagte soll gefälschte Urkunden vorgelegt haben. In Folgezeit wurde der Angeklagte an diversen Schulen als Vertretungslehrer eingestellt – beworben haben soll er sich mit gefälschten Dokumenten. In diesem Zusammenhang verurteilte ihn das AG Siegburg im Oktober 2007 rechtskräftig wegen Betruges in zwei Fällen, versuchten Betruges in sechs Fällen, jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe. Trotzdem wurde im Land Hessen im August 2010 eine Ausbildung des Angeklagten im Bereich Mathematik für das Lehramt an Haupt- und Realschulen anerkannt, wobei die Einzelheiten dieser Ausbildung nicht näher erläutert wurden. Im Oktober 2010 folgte die Anerkennung der ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Haupt- und Realschulen in den Fächern Sport und Musik.

Spätestens Anfang 2016 soll der Angeklagte wieder den Entschluss gefasst haben, als Vertretungslehrer an Schulen zu arbeiten. Eine für den Lehrberuf notwendige Vorstrafenfreiheit sowie die entsprechenden Laufbahnqualifikationen soll er abermals mit gefälschten Dokumenten wahrheitswidrig belegt haben. Unter anderem reichte er die nicht mehr gültige Anerkennung des Grades zum Diplom-Sportlehrer aus dem Jahre 1997 ein.  Dabei erreichte er in zwei Fällen eine Anstellung an Schulen in Nordrhein-Westfalen und eine Besoldung nach der Entgeltgruppe 11 TV EntgO-L. Beide Arbeitsverhältnisse wurden nach wenigen Monaten vorzeitig beendet. Im Dezember 2016 bewarb sich der Angeklagte an einer Gesamtschule. Der von der Gesamtschule gestellten Antrag auf Einstellung des Angeklagten lehnte die zustände Bezirksregierung Düsseldorf ab.

Das LG hat das Verhalten des Angeklagten als Betrug in zwei Fällen und als versuchten Betrug gewertet. Einen Vermögensschaden soll es mindestens billigend in Kauf genommen haben. Ein Vermögensschaden wird aus dem Umstand hergeleitet, dass der erheblich vorbestrafte Angeklagte wegen fehlender persönlicher Eignung nicht als Lehrer hätte eingestellt werden dürfen.

Feststellungen belegen weder Vermögensschaden noch Schädigungsvorsatz des Angeklagten

Auf die Revision des Angeklagten hat das OLG Düsseldorf das Urteil des LG Düsseldorf aufgehoben. Das Urteil bildet für die vorbezeichneten Voraussetzungen einer Strafbarkeit des Angeklagten keine hinreichende Nachprüfungsgrundlage. Die Feststellungen belegen weder, dass und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Land Nordrhein-Westfalen ein irrtumsbedingter Vermögensschaden entstanden ist beziehungsweise nach dem Vorstellungsbild des Angeklagten entstehen sollte, noch, ob der Angeklagte mit dem erforderlichen Schädigungsvorsatz und in der Absicht rechtswidriger Bereicherung handelte.

Dass die von dem Angeklagten als Vertretungslehrer erbrachten Leistungen nicht von der geforderten Qualität waren und dies den Schluss zulässt, dass diese Gefahr bereits bei (dem erstrebten) Vertragsschluss bestand, lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen und liegt vor dem Hintergrund seines Studiums der Fächer Musik, Sport und Mathematik sowie seiner Berufserfahrung als (Vertretungs-)Lehrer auch nicht ohne Weiteres auf der Hand.

Die wahrheitswidrige Mitteilung des Angeklagten, nicht vorbestraft zu sein, kann einen Vermögensschaden nicht begründen. Der in diesem Zusammenhang zur Begründung des Vermögensschadens seitens des Landgerichts gezogene Schluss, dass die für die Erschleichung eines Beamtenverhältnisses entwickelten Grundsätze auf die Anstellungsverhältnisse des Angeklagten anwendbar seien, sind nicht ausreichend belegt. Ein Vermögensschaden könnte durch die Lüge der Vorstrafenfreiheit nur angenommen werden, wenn die Bezahlung gerade mit Rücksicht auf die besondere Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit der Lehrkraft besonders hoch festgesetzt worden wäre. Zwar erfordern die einem Lehrer übertragenden Aufgaben eine besondere Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit, eine Feststellung, ob die Vergütung gerade mit Rücksicht darauf besonders hoch festgesetzt worden ist, fehlt indes.

Das Landgericht nimmt zutreffend an, dass ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 StGB auch dann vorliegt, wenn der Täter eine Anstellung erschleicht, die ihm ohne die fälschlich vorgespiegelte Ausbildung überhaupt nicht oder nur gegen eine geringere Bezahlung übertragen worden wäre. Die (wahrheitswidrig) behauptete Ausbildung muss unerlässliche Voraussetzung für Anstellung und/oder Höhe der Besoldung sein. Diese Bedingung wird durch die unklaren, lückenhaften und widersprüchlichen Feststellungen allerdings nicht ansatzweise belegt.

Das Urteil des LG teilt nicht mit, über welche zwingenden Qualifikationen der Angeklagte für eine Anstellung als Vertretungslehrer und eine Einstufung in die Besoldungsgruppe 11 TV EntgO-L hätte verfügen müssen. Ferner fehlt es auch an klaren, vollständigen und widerspruchsfreien Feststellungen zu den in der ehemaligen Sowjetunion erlangten Abschlüssen des Angeklagten.

Wegen dieser Mängel und um widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen, ist das angefochtene Urteil nach § 353, § 354 Abs. 2 S. 1 StPO mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des LG Düsseldorf zurückzuverweisen.

Spezialisierung auf Revisionsverfahren

Das Verfahren des OLG Düsseldorf zeigt die Wichtigkeit der Revision auf. Die Revision ist Ihre letzte Chance, ein fehlerhaftes Urteil korrigieren zu lassen. Ihrem Verteidiger bleibt wenig Zeit, Ihren Fall akribisch zu überprüfen, für die Durchführung des Revisionsverfahrens hieb- und stichfest zu begründen und mit durchdachter Strategie für Sie in die Offensive zu gehen. Darum sollten Sie Ihre Zukunft ausschließlich einem Fachanwalt für Strafrecht, der sich auf die Strafverteidigung in der Revision spezialisiert hat, überlassen. Die Strafverteidigung in der Revision ist ein Spezialgebiet von Herrn Dr. Böttner. Aus diesem Grund ist Ihr Revisionsverfahren bei uns Chefsache. Dr. Böttner wird Sie in enger Zusammenarbeit mit seinem Team im Revisionsverfahren überregional persönlich vertreten.

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