Angeklagter

  • Nach den Feststellungen des LG München I beschlossen die Angeklagten W. und B. sowie der gesondert verfolgte M. im Jahr 2004 über das Internet Benzodiazepine an ausländische Kunden zu vertreiben. Dies jedoch ohne über die für die Ausfuhr dieser Medikamente nach dem Betäubungsmittelgesetz erforderlichen Erlaubnisse zu verfügen. Der Versandhandel sei maßgeblich über die von M. gegründete Medikamentengroßhandelsfirma abgewickelt worden, deren faktischer Geschäftsführer seit dem Jahr 2002 der Angeklagte B. gewesen sei. Der Angeklagte W. sei ebenfalls in der Firma beschäftigt gewesen. 2003 zunächst als ein in die Geschäftsleitung eingebundener Angestellter und ab August 2005 als weiterer Geschäftsführer.

    Die Medikamentenbestellungen wurden über diverse Internetplattformen abgewickelt, die von einer von M. gegründeten Firma betrieben wurden.

  • 1. Strafsenat des OLG Dresden, Az.: 1 Ss 866/10

    Der Angeklagte wurde vom AG Dresden wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln ( Betäubungsmittelstrafrecht ) und unerlaubter Einreise nach Abschiebung in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt nach Abschiebung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Dagegen wandte er sich mit dem Rechtsmittel der Berufung. Diese hat das LG Dresden gem. § 329 StPO verworfen, da der Angeklagte ohne genügende Entschuldigung der Berufungshauptverhandlung fern geblieben war. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit der Revision.

    Der 1. Strafsenat des OLG Dresden hat der Revision der Verteidigung stattgegeben. Der Angeklagte sei im Wege der öffentlichen Zustellung wirksam geladen worden, jedoch habe das LG den Rechtsbegriff der genügenden Entschuldigung gem. § 329 I 1 StPO verkannt.

    Aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils war der Angeklagte zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung nach Algerien abgeschoben. In der Regel entschuldigt die Abschiebung eines Angeklagten aus Deutschland sein Ausbleiben in der Hauptverhandlung über seine Berufung (vgl. KG Berlin StV 1992, 567; BayObLG StV 2001, 339; OLG Stuttgart StV 2005, 657 f.).
    Lediglich wenn dem rechtskräftig Ausgewiesenen durch die zuständige Ausländerbehörde eine Betretenserlaubnis erteilt worden sei, kann etwas andere gelten (vgl. OLG Stuttgart StV 2005, 657 f.). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
    Ein solcher Antrag wurde nicht gestellt. Zudem steht nicht sicher fest, dass die Erlaubnis, deren Erteilung im Ermessen der zuständigen Verwaltungsbehörde liegt, dem Angeklagten erteilt worden wäre. Insofern war dem Angeklagten unter Berücksichtigung aller Umstände ein Erscheinen in der Hauptverhandlung nicht zumutbar, so dass ihm wegen seines Fernbleibens der Vorwurf schuldhafter Pflichtverletzung nicht gemacht werden kann.“

    Die Revision hatte somit Erfolg und führte zur Aufhebung des Urteils. Der Senat verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück an das Landgericht.


  • Die Staatsanwaltschaft erhob am 08.04.2010 Anklage gegen einen Angeklagten mit Wohnhaft in Frankreich. Am 05.05.2010 ließ das AG die Anklage zu, eröffnete das Hauptverfahren und verfügte die Terminsladung für den 25.05.2010.

    Die Ladung des Angeklagten wurde per Einschreiben mit Rückschein versandt. Dieser kam als unzustellbar zurück.

    Durch die Geschäftsstelle wurde diese Ladung – angesichts des zwischenzeitlich eingegangen Rückbriefes und entgegen einer Verfügung des zuständigen Richters – nicht an den Angeklagten, sondern gegen Empfangsbekenntnis an dessen Verteidiger zugestellt. Der Verteidiger war nach seiner Strafprozessvollmacht zur Empfangnahme von Ladungen ausdrücklich ermächtigt.

  • 5. Strafsenat des OLG Hamm, Az.: III 5 Ws 364/10

    Die Staatsanwaltschaft Essen erhob Anklage gegen einen Angeklagten als Jugendlichen, gegen drei Angeklagten als Heranwachsende sowie gegen einen Angeklagten als Erwachsenen vor der Jugendstrafkammer des Landgerichts Essen. Den Angeklagten wurde vorgeworfen sich in insgesamt 43 Fällen des schweren Bandendiebstahls schuldig gemacht zu haben.
    Die Jugendstrafkammer des LG Essens trennte das Verfahren gegen den Angeklagten, der als Erwachsener angeklagte worden war, ab und eröffnete das Hauptverfahren vor einer allgemeinen großen Strafkammer des Landgerichts Essen. Die Verfahren der übrigen Angeklagten wurden weiter vor der Jugendstrafkammer verhandelt.
    Gegen den Beschluss hinsichtlich der Abtrennung des Verfahrens wandte sich die Staatsanwaltschaft mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde.

    Der 5. Strafsenat erachtet die Beschwerde als begründet. Die Anklage der Staatsanwaltschaft sei insgesamt zur Hauptverhandlung vor der Jugendkammer zuzulassen.

    Die Abtrennung widerspreche der Bestimmung des § 103 Abs. 1 JGG, nach der Strafsachen gegen Jugendliche und Erwachsene nach den Vorschriften des allgemeinen Verfahrensrechts verbunden werden können, wenn dies zur Erforschung der Wahrheit oder aus anderen wichtigen Gründen geboten ist. Nach § 112 S. 1 JGG gelte dies entsprechend für Verfahren gegen Heranwachsende. § 103 JGG sei im vorliegenden Fall erfüllt.

    Auszug aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Zwar soll eine Verbindung von Strafsachen gegen Jugendliche/Heranwachsende und Erwachsene nur ausnahmsweise erfolgen (vgl. nur Eisenberg, JGG, 14. Aufl., § 103 Rdnr. 7, 9). Sie soll nur dann in Betracht kommen, wenn im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensentscheidung die besseren Gründe für eine Verbindung sprechen (vgl. KG Berlin, NStZ 2006, 521; OLG Köln, NStZ-RR 2000, 313). [..]

    Dies ist hier jedoch der Fall. Weiter heißt es:

    Es liegen gewichtige Gründe vor, nach denen die weitere gemeinsame Verhandlung und Entscheidung der Strafsachen geboten ist. Bereits nach allgemeinem Verfahrensrecht (§§ 2, 3 StPO) sind die Voraussetzungen für eine Verfahrensverbindung gegeben. Es besteht ein sachlicher und auch persönlicher Zusammenhang i.S.d. § 3 StPO bei den den Angeklagten zur Last gelegten Taten. Ihnen wird vorgeworfen, jeweils als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung entsprechender Taten zusammengeschlossen hatte, in einer Vielzahl von Fällen in Wohnungen eingebrochen zu sein und dort Diebstähle begangen zu haben.
    Eine einheitliche Verhandlung vor dem Jugendgericht liegt vor allem dann im Interesse einer geordneten Rechtspflege, wenn dem jugendlichen/heranwachsenden sowie dem erwachsenen Angeklagten gemeinschaftlich begangene Straftaten zur Last gelegt werden und voraussichtlich eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich wird. Sowohl bei der Aufklärung der Rolle der Angeklagten im Gesamtgeschehen als auch bei der Strafzumessung kann man bei einer gemeinschaftlichen Begehung von Straftaten den Angeklagten regelmäßig nur in einer gemeinsamen Hauptverhandlung gerecht werden. Zudem lassen sich hierdurch divergierende Entscheidungen vermeiden (vgl. KG Berlin NStZ 2006, 521; OLG Köln, NStZ-RR 2000, 313; OLG Celle, NdsRPfl. 2008, 194; OLG Karlsruhe, MDR 1981, 693).
    Es ist auch nicht ersichtlich, dass die weitere Verbindung der Strafsachen eine jugendgemäße Verhandlung beeinträchtigt. Insoweit fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten.“

    Die Beschwerde hatte Erfolg, das Verfahren gegen den erwachsenen Angeklagten wurde ebenfalls vor der Jugendkammer des Landgerichts Essens eröffnet.


  • Das Hamburger Landgericht hat ein Urteil gegen die zwei sog. U-Bahn-Schläger gesprochen. Patrick W. und Nehad H. sollen am 29.05.2010 gegen 23.50 Uhr an der U-Bahn-Haltestelle Niendorf-Markt in Hamburg auf ihr Opfer Matthias R. und seine Freundin getroffen sein. Dabei sollen die beiden zunächst die Freundin von Matthias R. belästigt haben, so dass dieser dazwischen ging. Daraufhin sollen die beiden Angeklagten auf ihn eingeschlagen und eingetreten haben. Matthias R. fiel auf den Hinterkopf und zog sich eine multiple Schädelverletzung zu. Danach sollen die beiden Angeklagten ihr Opfer im Stich gelassen haben und verschwunden sein. Matthias R. hat schwere Verletzungen davongetragen ist seit dem schwerbehindert.
    Das Urteil der Hamburger Richter lautete auf unterlassene Hilfeleistung. Die Täter müssen zwischen 1000 und 5250 Euro Geldstrafe zahlen.
    Nach dem Urteilsspruch verließen einige Zuschauer aufgebracht und schreiend den Gerichtssaal.
    Auch die Richter bezeichnen das Urteil als „unbefriedigend“. Die Beweisaufnahme sei insbesondere deshalb problematisch gewesen, weil sogar die Freundin von Matthias R. sich kaum noch an das Tatgeschehen erinnere. Auch die elf Sekunden lange Aufzeichnung der Überwachungskamera könne keine weiteren Beweise liefern. Zudem konnte den Angeklagten nicht nachgewiesen werden, dass sie die Freundin von Matthias R. tatsächlich belästigt haben. Vielmehr stellten diese den Sachverhalt derart dar, dass Matthias R. sie angegriffen habe und die sich daher verteidigen hätten müssen. Das Matthias R. so unglücklich fallen würde hätten die Angeklagten nicht abschätzen können, so ein medizinischer Sachverständiger. Es handele sich daher um einen Unglücksfall.
    (Quelle: Hamburger Abendblatt vom 07.12.2010, S. 10)


  • Der Angeklagte ist wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes verurteilt worden.

    Hiergegen wendet er sich mit seiner Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Das Verfahren ist beim 4. Strafsenat anhängig. Auf Vorlage des 5. Strafsenats hatte der große Strafsenat des BGH über die Frage zu entscheiden, „ob die Abwesenheit des gemäß § 247 StPO für die Dauer der Vernehmung eines Zeugen ausgeschlossenen Angeklagten während der anschließenden Verhandlung über die Entlassung des Zeugen eine Verletzung seines Anwesenheitsrechts bedeutet und einen absoluten Revisionsgrund darstellt.“

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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