Geständnis

  • Das Landgericht Lübeck hat die Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen. Der Angeklagte W. wurde zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten, der Angeklagte P. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Das sichergestellte Rauschgift wurde eingezogen. Gegen die Entscheidung legten die Angeklagten Revision ein.

    Dazu der BGH:

    Das Landgericht hat im Rahmen seiner sehr knappen Strafzumessungserwägungen nicht ausreichend den Gesichtspunkt beachtet, dass gegen Mittäter verhängte Strafen in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen sollen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 1994 – 4 StR 708/93 mwN, insoweit in BGHSt 40, 73 nicht abgedruckt; Beschluss vom 28. Juni 2011  – 1 StR 282/11 Rn. 4 und 6 mwN, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt). Wenn mehrere Angeklagte in einem Verfahren abgeurteilt werden, ist für jeden von ihnen die Strafe in individueller Würdigung des Maßes der eigenen Schuld zu bestimmen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Februar 2009  – 5 StR 8/09, NStZ 2009, 382). Dem Urteil kann kein hinreichender Grund für die nahezu gleichen Strafaussprüche entnommen werden: Im Verhältnis zum vielfach vorbestraften, zur Tatzeit unter Bewährung stehenden Angeklagten W. sprechen erhebliche Umstände deutlich zugunsten des Angeklagten P., namentlich das Fehlen von Vorstrafen, seine besondere Haftempfindlichkeit sowie sein voll umfänglich glaubhaftes Geständnis. Darüber hinaus ergeben sich aus den Feststellungen auch Hinweise auf einen geringeren Tatbeitrag des Angeklagten P. gegenüber dem Angeklagten W.; letzterer war es nämlich, der in der Zeit zwischen der Bestellung der Rauschmittel und deren Lieferung den Kontakt zu dem Lieferanten hielt. Erkennt das Tatgericht trotz dieser erheblichen Unterschiede gegen Mittäter auf nahezu gleich hohe Strafen, so bedarf dies jedenfalls einer ausdrücklichen Begründung, die dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglicht, ob die Strafzumessung auf rechtsfehlerfreien Erwägungen beruht (vgl. BGH aaO).

    Mithin ist nach Auffassung der Richter nicht erkennbar, warum die beiden Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe nahezu gleicher Höhe verurteilt wurden.

    Nach Ansicht des BGH sprechen viele Argumente für eine wesentlich mildere Strafe des Angeklagten P. – er habe keine Vorstrafen, sei besonders haftempfindlich und habe zudem ein Geständnis abgelegt. Der BGH betont, dass die Strafe bei Mittätern individuell bestimmt werden und insbesondere in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen muss. Daher hat der BGH das Urteil im Strafausspruch, soweit es den Angeklagten P. betrifft, aufgehoben.

    BGH, Beschluss vom 16.08.2011, Az.: 5 StR 237/11

  • Das Landgericht Hamburg hat die Angeklagten E. und A. wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von vier Jahren und sechs Monaten bzw. zwei Jahren und neun Monaten verurteilt.

    Der Angeklagte Z. wurde wegen sexuelle Nötigung und unter Einbeziehung anderweitig verhängter Freiheitsstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

    Gegen das Urteil legten die Angeklagten Revisionen ein.

  • Seit Monaten brannten immer wieder Autos in Berlin – wie zu letzt auch in anderen Großstädten. Das LKA in Berlin hat jetzt vor wenigen Tagen einen ersten Erfolg in der Aufklärung dieser Brandstiftungdelikte erzielen können.

    So konnte ein jetzt ein Mann festgenommen werden in Berlin, der in mehr als 100 Fällen der Brandstiftung an Autos beteiligt gewesen sein soll, von denen er 67 Autos direkt in Brand gesetzt haben soll. Ferner wurden 35 weitere Fahrzeuge durch übergreifende Flammen oder die Hitze beschädigt.

    Der Festgenommene habe demnach schon einige Tage nach der Festnahme ein Geständnis abgelegt wie vermeldet wird. Nun wird er wegen schwerer Brandstiftung angeklagt, da sich in einem Fall ein bewohntes Haus in der Nähe des Tatorts befand und dadurch eine Gefahr für dort wohnende Menschen bestand.

    Durch ein großes Polizeiangebot und der Mithilfe durch die Bundespolizei konnte der mutmaßliche Täter nach Auswertungen von Video-Überwachungen aus Bahnstationen oder Bussen ausfindig gemacht werden. Aufgefallen sei er, da er an den an den Tagen der Brandanschläge mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in die entsprechende Gegend gefahren und sich dort auffällig benommen haben soll. Kurz nach Brandsetzung fuhr er dann wieder in die andere Richtung.

    ( Quelle: FAZ, 23.10.2011 )


  • BGH, Beschluss vom 22.06.2011, Az.: 5 StR 226/11

    Das Landgericht Berlin hat den Angeklagten – nach einer Verständigung – wegen schweren Raubes in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt.
    In der Revisionsbegründung der Strafverteidigung wurde angeführt, dass der Angeklagte in der polizeilichen Vernehmung angegeben hatte, dass er an Schizophrenie leider und Medikamente benötige.

    „Die Aufklärungsrüge ist offensichtlich begründet. Die Strafkammer war nach der letztgenannten Vorschrift wegen der zweifelhaften Schuldfähigkeit des Angeklagten und einer im Raum stehenden Maßregel nach § 63 StGB an einer Verständigung – nicht anders als auch die Staatsanwaltschaft – gehindert. Es musste sich ihr aufgrund der eigenen, in die Anklageschrift aufgenommenen Hinweise des Angeklagten auf eine schwere psychische Erkrankung aufdrängen, ihn zur Frage der Schuldfähigkeit begutachten zu lassen. Dass das Tatbild der dem Angeklagten zur Last gelegten Verbrechen auf den ersten Blick eine Einschränkung seiner Schuldfähigkeit nicht nahelegt, ändert hieran angesichts des begründeten massiven Krankheitsverdachts nichts.

    Die Rüge muss angesichts der alleinigen Beweisgrundlage des Geständnisses eines möglicherweise Geisteskranken zur umfassenden Aufhebung des angefochtenen Urteils führen. Das neue Tatgericht wird zu erwägen haben, ob dem Angeklagten ein neuer Verteidiger zu bestellen ist, nachdem der bisherige sich auf die vom Gericht initiierte grob sachwidrige Verständigung eingelassen hat. Die Erwägung, dass der Verteidiger womöglich zum vermeintlich Besten seines Mandanten handeln wollte, indem er ihm einen unbefristeten Freiheitsentzug infolge einer Unterbringung nach § 63 StGB zu ersparen suchte, verbietet sich angesichts der jetzt durchgeführten Revision (vgl. § 358 Abs. 2 Satz 3 StPO).“

    Damit stellt der BGH klar, dass eine Verständigung im vorliegenden Fall nicht möglich war. Das Geständnis des Angeklagten durfte als einziger Beweis nicht verwertet werden.

    Die Erkrankung des Angeklagten war in der Anklageschrift genannt und musste vom Gericht beachtet werden. Zumindest hätte das Gericht ein Gutachten zur Schuldfähigkeit einholen müssen.


  • BGH, Beschluss vom 14.04.2011, Az.: 2 StR 34/11

    Das Landgericht Aachen hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und wegen schwerer räuberischer Erpressung unter Einbeziehung einer früheren Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Außerdem hat es den vom Angeklagten zur Tatausführung genutzten Pkw eingezogen. Gegen diese Entscheidung legte der Angeklagte Revision ein.

    Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte erhebliche Aufklärungshilfe geleistet, indem er der Polizei Daten seiner Mittäter im Rahmen der Raubtaten genannt hatte.
    Das Landgericht hat dies als  allgemeinen Strafmilderungsgrund gewertet und im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt.

    Im Rahmen der erfolgreichen Revision hat der 2. Strafsenat des BGH nunmehr ausgeführt, dass dies sei nicht ausreichend ist, sondern vielmehr eine Milderung gem. § 46b Abs. 1 Satz 1 StGB zu prüfen ist, auch wenn der Angeklagte seine eigene Tatbeteiligung leugnet:

    „Damit hat es das Landgericht rechtsfehlerhaft unterlassen zu prüfen, ob die zu erkennenden Strafen gemäß § 46b Abs. 1 Satz 1 StGB zu mildern sind. Nach den getroffenen Feststellungen lagen die Voraussetzungen des § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB i.V.m. § 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. k StPO vor. Der Umstand, dass der Angeklagte seine eigenen Tatbeiträge geleugnet hat, steht der Anwendung der Vorschrift des § 46b Abs. 1 StGB nicht entgegen (vgl.  Fischer StGB 58. Aufl. § 46b Rn. 13 mwN), sondern ist im Rahmen der für die Ausübung des Ermessens nach § 46b Abs. 2 StGB vorzunehmenden Gesamtwürdigung zu berücksichtigen. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht zu niedrigeren Einzelfreiheitsstrafen und zu einer insgesamt niedrigeren Gesamtfreiheitsstrafe gelangt wäre, wenn es § 46b StGB in seine Erwägungen einbezogen hätte.“

    Ebenfalls hat das Landgericht in den schriftlichen Urteilsgründen nicht mitgeteilt, welchen Wert der im Eigentum des Angeklagten stehende und eingezogene PKW hat, so dass das Revisionsgericht nicht prüfen kann, ob die Einziehung zu Unrecht im Rahmen der Strafzumessung unberücksichtigt geblieben ist:

    „Das Landgericht hat zudem bei der Strafzumessung nicht erörtert, ob die Einziehung des dem Angeklagten gehörenden Pkws strafmildernd zu berücksichtigen ist. Ein erheblicher wirtschaftlicher Verlust durch Einziehung kann strafmildernd zu berücksichtigen sein (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 1 – Strafzumessung 1, 16 und 39). Einer ausdrücklichen Erörterung bedarf es zwar dann nicht, wenn angesichts des Wertes die Einziehung die Bemessung der Strafe nicht wesentlich zu beeinflussen vermag (Senat, NStZ 1985, 362; BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 39). Ob diese Voraussetzungen hier gegeben sind, kann der Senat aber nicht beurteilen, da das Landgericht den Wert des eingezogenen Pkws nicht mitgeteilt hat.“

    Damit hat der BGH klar gestellt, dass – sofern die Voraussetzungen vorliegen – das Gericht eine Strafmilderung nach § 46b I 1 StGB zumindest erörtern und bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ggf. anwenden muss. Zudem könne das Vorliegen der Voraussetzungen des § 46b I StGB nicht allein deshalb verneint werden, weil die eigenen Tatbeiträge geleugnet werden. Somit ist ein Geständnis nicht zwingend für die Strafmilderung erforderlich.

    Daher wurde Urteil im Ausspruch über die Einzelstrafen sowie über die Gesamtstrafe aufgehoben.


  • BGH, Beschluss vom 28. Juli 2011, Az.: 4 StR 283/11

    Das Landgericht Essen hat die Angeklagte wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer anderen Verurteilung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt.

    Wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen hat es gegen die Angeklagte unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer Entscheidung  ebenfalls eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verhängt.
    Darüber hinaus ist der Verfall von Wertersatz in Höhe von 11.000 Euro angeordnet worden.
    Auf die Revision der Strafverteidigung des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen aufgehoben, soweit der Angeklagten die Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist.

    Dazu der BGH:

    „Die Strafkammer hat sich in den Urteilsgründen mit der Frage, ob die Vollstreckung der beiden – jeweils aussetzungsfähigen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 1984 – 5 AR (VS) 20/84, BGHSt 33, 94, 96) – Gesamtfreiheitsstrafen von einem Jahr und neun Monaten gemäß § 58 Abs. 1, § 56 Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden kann, nicht befasst. Unabhängig von der verfahrensrechtlichen Vorschrift des § 267 Abs. 3 Satz 4 StPO sind aus materiell-rechtlichen Gründen Ausführungen im Urteil zur Strafaussetzung zur Bewährung erforderlich, wenn eine Erörterung dieser Frage als Grundlage für die revisionsgerichtliche Nachprüfung geboten ist (BGH, Beschlüsse vom 8. Juni 2011 – 4 StR 111/11; vom 5. März 1997 – 2 StR 63/97; vgl. auch BGH, Beschluss vom 18. Oktober 1985 – 4 StR 559/85, StV 1986, 58; Urteile vom 21. April 1986 – 2 StR 62/86, NStZ 1986, 374; vom 29. April 1954 – 3 StR 898/53, BGHSt 6, 167, 172). Dies ist hier der Fall, weil angesichts der konkreten Umstände des Falles eine Strafaussetzung zur Bewährung nicht so fern liegt, dass eine ausdrückliche Erörterung der Aussetzungsfrage entbehrlich erscheint. Die – von den hier abgeurteilten Taten abgesehen – nur geringfügig strafrechtlich in Erscheinung getretene Angeklagte hat ein umfassendes Geständnis abgelegt, mit dem sie sich nach Ansicht des Landgerichts erkennbar von dem von ihr begangenen Unrecht distanziert hat. Ausweislich der Feststellungen ermöglichte sie durch ihre bereits im Zuge des Ermittlungsverfahrens gemachten Angaben erhebliche Ermittlungserfolge, die zur Aufklärung bislang unbekannter Straftaten aus dem Betäubungsmittelbereich führten.“

    Damit legt der BGH fest, dass sich das Gericht mit der Frage der Aussetzung aussetzungsfähiger Strafe befassen muss. Es bedarf dabei einer Erörterung bzw. Begründung, sofern die Gründe nicht direkt ersichtlich sind.


  • Im Rahmen der Ausschreitungen in Großbritannien kommt es derzeit zu unzähligen Schnellverfahren. Dabei werden die Festgenommenen von der Polizei dem Haftrichtern vorgeführt.

    In Deutschland wäre dies so nicht möglich. Denn anders als in Deutschland ist in Großbritannien nicht die Staatsanwaltschaft die „Herrin über das Ermittlungsverfahren“, sondern die Polizei. Daher erhebt auch die Polizei zunächst eine vorläufige Anklage kurz nach einer Festnahme, welche später jedoch durch eine zweite endgültige Anklage am Ende der Ermittlungen konkretisiert wird. Erst dann wird die Sache an die Staatsanwalt abgegeben. In Deutschland gibt die Polizei die Sache bereits wesentlich früher an die Staatsanwaltschaft ab, welche dann die Ermittlungen leitet und überwacht. Nach Abschluss der Ermittlungen erhebt die Staatsanwaltschaft (gegebenenfalls) Anklage gemäß § 152 I StPO, beantrag einen Strafbefehl oder stellt das Verfahren ein.

    Außerdem wird der Angeklagte in Großbritannien bereits zu Beginn eines Prozesses zu seiner Schuld befragt. Gesteht der Angeklagte darauf die Tat, kommt es direkt zu einer Verurteilung. In Deutschland wäre auch dies undenkbar. Hier hat das Gericht – auch im Falle eines Geständnisses – noch die Beweisaufnahme durchzuführen. Ein Geständnis führt demnach nicht zwingend zu einer Verurteilung, sofern das Gericht Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der Aussage hat.
    ( Quelle: Hamburger Abendblatt online vom 12.08.2011 )


  • OLG Köln, Beschluss vom 19.04.2011, Az.: III – 1 – RVs 68/11

    Das OLG Köln hob in der Revision ein landgerichtliches Urteil im Strafausspruch auf. Grund hierfür war ein Fehler bei der Strafzumessung.

    Das Landgericht Köln urteilte:

    „Im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne ist zugunsten des Angeklagten sein umfassendes, auch bereits in erster Instanz abgelegtes Geständnis zu berücksichtigen, durch das er eine umfangreiche Beweisaufnahme erspart hat. Eine echte Reue und Einsicht in das Unrecht der Taten vermag die Kammer trotz der erfolgten Schadenswiedergutmachung erst ansatzweise bei dem Angeklagten festzustellen und ihm nur im geringen Umfang zugutezuhalten. Dass er die Dimension seiner Taten noch nicht richtig erkannt hat, wurde auch dadurch deutlich, dass er durch seinen Verteidiger in der Hauptverhandlung geltend machen ließ, das Unrecht der Taten könne nunmehr mit einer Einstellung nach § 153 a StPO hinreichend geahndet werden.“

    Auf die erfolgreiche Revision des Anklagten hat das  OLG Köln  zutreffend ausgeführt, dass die Anregung zu einer Verfahrenseinstellung gemäß § 153a StPO nicht die innere Haltung des Angeklagten wiedergeben. Erst Recht könne daraus nicht geschlossen werden, dass bei dem Täter Einsicht und Reue fehlen würden. Zudem kam die Anregung im vorliegenden Fall vom Strafverteidiger des Angeklagten und nicht von diesem selbst.

    Das OLG führte dazu aus:
    „Im Hinblick darauf, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist, ein umfassendes Geständnis abgelegt hat und eine vollständige Schadenswiedergutmachung anstrebt, sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Taten – wie auch das Ergebnis der Strafzumessung des Landgerichts erweist – noch dem Bereich der mittleren Kriminalität zugeordnet werden können und eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung eingetreten ist, lässt die Anregung einer Einstellung nach § 153 a StPO keine innere Einstellung erkennen, die auf fehlende Reue und Einsicht hindeutet. Sie ist erkennbar von dem – wenn auch unrealistischen – Wunsch nach günstiger Verfahrensgestaltung geprägt und überschreitet die Grenze angemessener Verteidigung nicht.”

    Eigentlich eine selbstverständliche Entscheidung, die auch mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Einklang steht, dass einem Strafbefehl nicht ohne weitere eine Geständnisfunktion innewohnt und deshalb nicht nur unter Verweis auf einen Einspruch gegen den Strafbefehl mit der Begründung, es entfalle eine Geständnisfiktion, die Strafe erhöht werden kann.


  • Zunächst hatte das Amtsgericht den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten ohne Bewährung verurteilt.

    Gegen das Urteil legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein, welche sich auf das Strafmaß beschränkte. Das Landgericht verurteile den Angeklagten daraufhin zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten. Die Verteidigung des Angeklagten hatte in der Verhandlung einen Beweisantrag gestellt. Danach sollten die Verfahrensbeteiligten der ersten Instanz vernommen werden.

  • Strafsenat des OLG Celle, Az.: 32 Ss 152/10

    Der Angeklagte K. wurde wegen Anstiftung zu einer durch den Mitangeklagten Z. begangener versuchten Nötigung in drei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung, in Tatmehrheit mit Nötigung in Tateinheit mit Störung des öffentlichen Friedens in Tatmehrheit mit Brandstiftung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten auf Bewährung verurteilt worden.

    Das Schöffengerichts stellte fest, dass der frühere Mitangeklagte Z. auf Veranlassung des Angeklagten und des früheren Mitangeklagten C. mehrere Straftaten, die sich gegen den Geschäftsbetrieb der in W. gelegenen, von dem Pächter B. betriebene Diskothek gerichtet hätten. Wegen dieser Taten wurde der frühere Mitangeklagte Z. wegen versuchter Nötigung in drei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung, in Tatmehrheit mit Nötigung in Tateinheit mit Störung des öffentlichen Friedens in Tatmehrheit mit Brandstiftung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt.

    Dem Urteil lag eine Verständigung gemäß § 257c StPO zugrunde.

    Das Schöffengericht würdigte im Rahmen der Strafzumessung die umfassenden Geständnisse zugunsten aller drei Angeklagten. Zu Lasten des Angeklagten und des früheren Mitangeklagten C. wurde in die Strafzumessung einbezogen, dass beide durch die Taten einen Konkurrenten als Betreiber einer Diskothek aus dem Geschäft hätten verdrängen wollen und ein erhebliches Ausmaß an krimineller Energie angesichts der langen, professionellen Vorbereitung der Taten an den Tag gelegt hätten. Das Schöffengericht verhängte für die einzelnen Anstiftungshandlungen Einzelstrafen zwischen 2 Monaten sowie 1 Jahr und 1 Monat und bildete daraus die Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten.
    Der frühere Verteidiger des Angeklagten verzichtet in der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht auf Rechtsmittel.
    Nun richtet sich der Angeklagte gegen das Urteil mit der Revision. Er stellt darauf ab, dass die §§ 261, 267 StPO verletzt worden sind da die Feststellungen nicht in genügender Weise mit Tatsachen unterlegt worden sind. Insbesondere lasse das Geständnis nicht in einer für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Weise erkennen, dass die getroffenen Feststellungen durch das Geständnis getragen werden.

    Die Revision hatte vor dem OLG Celle Erfolg. Das amtsgerichtliche Urteil lasse nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise erkennen, auf welcher Grundlage die zugrunde gelegten Feststellungen getroffen worden seien und stehe deshalb nicht mit § 261 StPO in Einklang. Das Amtsgericht hat rechtsfehlerhaft auf eigene Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen verzichtet.

    Aus dem Wortlaut des Beschlusses:

    „Ungeachtet der in die StPO eingefügten Vorschriften über die Verständigung mit ihrer Kernregelung in § 257c StPO sind die Tatgerichte auch bei einem auf einer Verständigung im Sinne der vorgenannten Vorschrift beruhenden Urteil nicht berechtigt, diesem einen Sachverhalt zugrunde zu legen, der nicht auf einer Überzeugungsbildung unter vollständiger Ausschöpfung des Beweismaterials beruht (vgl. BGH StV 2009, 232).
    Der Gesetzgeber ist bei der Einführung der gesetzlichen Regelungen über die Verständigung im Strafverfahren davon ausgegangen, dass eine Verständigung stets lediglich unter Berücksichtigung aller ansonsten auch geltenden Verfahrensregeln einschließlich der Überzeugung des Gerichts vom festgestellten Sachverhalt und der Glaubhaftigkeit eines Geständnisses stattfinden darf (BTDrucks. 16/12310, S. 8).
    Das zentrale Ziel des Strafprozesses bleibt, auch in einem Strafverfahren, das durch ein auf einer Verständigung beruhendem Urteil abgeschlossen wird, den wahren Sachverhalts als notwendige Grundlage einer gerechten Entscheidung der Strafsache zu ermitteln (BGHSt [GS] 50, 45, 48). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs über die Zulässigkeit von Absprachen über den Inhalt von Urteilen, die auch nach der gesetzlichen Regelung über die Verständigung Bedeutung behält, untersteht die Ermittlung des wahren Sachverhalts durch den Tatrichter dem aus § 244 Abs. 2 StPO abzuleitenden und verfassungsrechtlich geforderten „Gebot bestmöglicher Sachaufklärung“ (BGHSt [GS] 50, 45, 48 unter Bezugnahme auf BVerfGE 63, 45, 61, BVerfG NJW 2003, 2444). Wegen des in § 261 StPO statuierten Gebots, die für das Urteil relevanten Feststellungen aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung zu gewinnen, muss die eigentliche Feststellung der Ergebnisse der Beweisaufnahme der Urteilsberatung vorbehalten bleiben (BGHSt 43, 460. BGHSt [GS] 50, 45, 48 f.).“

    Der Senat hob das Urteil soweit es den Angeklagten betraf auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurück.


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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