Mord

  • 5. Strafsenat des BGH, Az. 5 StR 132/10

    Der Angeklagte ist vom Landgericht Leipzig wegen versuchten Mordes „und“ gefährlicher Körperverletzung insgesamt zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt worden. Gegen das Urteil und den Schuldausspruch wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) und kann einen Teilerfolg erzielen.

    Wie der Strafsenat feststellt, beruht die Verurteilung des Angeklagten auf einem Fassungsversehen. Aus den Urteilsgründen geht hervor, dass die Strafkammer am Landgericht Leipzig von Tateinheit der zwei Delikte ausgegangen ist. Der Senat ändert den Tenor diesbezüglich.

    Des Weiteren hält der Strafausspruch sachlich-rechtlicher Überprüfungen aufgrund folgender Überlegungen des Senats nicht stand:

    „Im Hinblick auf die Vielzahl der dem Angeklagten zugute zu haltenden Milderungsgründe (UA S. 26, 27), namentlich auch der Umstand, dass das Tatopfer nur unerheblich verletzt wurde (vgl. zu den Anforderungen an die vorzunehmende Gesamtschau BGHR StGB § 23 Abs. 2 Strafrahmenverschiebung 9 und 12), ist die Entscheidung der Strafkammer unvertretbar, die Strafrahmenverschiebung nach den § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB zu versagen. Ferner weist der Senat abermals darauf hin (vgl. BGH, Beschluss vom 13. April 2010 – 5 StR 113/10), dass es rechtsfehlerhaft ist, innerhalb des wegen der Erfolgsnähe nicht verschobenen Strafrahmens die Erfolgsnähe neuerlich zu Lasten des Angeklagten zu gewichten.“

    Nach Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs wird nach Zurückverweisung an eine andere Kammer des Landgerichts die Strafe mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit niedriger ausfallen.


  • 5. Strafsenat des BGH, Az. 5 StR 403/09

    Der Angeklagte war vom  Landgericht wegen Mordes, wegen Brandstiftung mit Todesfolge in Tateinheit mit besonders schwerer Brandstiftung sowie wegen Diebstahls in der Gesamtstrafe zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützte Revision.

    Diese hat vor dem Bundesgerichtshof (BGH) insofern einen Teilerfolg erzielt, als dass der Angeklagte nicht wegen Diebstahl verurteilt werden kann, da das Opfer – wie vom Landgericht zu Gunsten des Angeklagten angenommen – zum Zeitpunkt des Diebstahls bereits vom Angeklagten für tot gehalten wurde. Insofern scheidet das Tatbestandsmerkmal des Bruchs fremden Gewahrsams aus, denn Tote können kein Gewahrsam an einer Sache besitzen.

    Hierzu führt der 5. Strafsenat aus:

    “Nicht aufrecht erhalten bleiben kann auch der Schuldspruch wegen Diebstahls. Da die Strafkammer zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen ist, dass er J. bei der Brandlegung bereits für tot hielt, fehlte es ihm zum Zeitpunkt der Mitnahme der Kleider und des Fotoapparates der Getöteten am erforderlichen Vorsatz, fremden Gewahrsam zu brechen. Nach seiner Vorstellung waren die Sachen vielmehr gewahrsamslos, da eine Tote keinen Gewahrsam gehabt hätte (vgl. BGHR StGB § 242 Abs. 1 Gewahrsam 1). Anstelle einer Schuldspruchänderung und Einzelstrafkorrektur hat der Senat – dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend – von der Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO Gebrauch gemacht.“

    Zudem ändert der 5. Strafsenat des BGH den Schuldausspruch hinsichtlich der vom Landgericht erklärten Tatmehrheit zwischen Mord und Brandstiftung mit Todesfolge im Ablauf des Tatgeschehens.

    Auszug aus dem Wortlaut der Entscheidung:

    „Indes bedarf der Schuldspruch der Korrektur. Die Strafkammer ist von Tatmehrheit zwischen Mord (aus sonst niedrigen Beweggründen) und Brandstiftung mit Todesfolge (in Tateinheit mit besonders schwerer Brandstiftung) ausgegangen. Da die Geschädigte nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen jedoch infolge der Kombination aller gegen sie gerichteten Gewalthandlungen, auch des Brandes, verstarb, verbindet der einheitliche Erfolg der Handlungen – der Tod der Geschädigten – die Straftatbestände des Mordes und der qualifizierten Brandstiftung zur Tateinheit. Dies lässt die Einzelfreiheitsstrafe von zwölf Jahren für die qualifizierte Brandstiftung entfallen.“


  • 4. Strafsenat des BGH, Az. 4 StR 280/09

    Der Angeklagten ist vom Landgericht Dessau-Roßlau wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit einer gefährlichen Körperverletzung zu mehreren Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die zwei Angeklagten wandten sich daraufhin gegen das Urteil mit ihrer Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH).

    Als Begründung in der Sachrüge führen sie aus, dass sie in ihrem Anspruch auf ein faires Verfahren bzw. in ihren Rechten auf eine effektive Verteidigung gemäß § 338 Nr. 8 StPO i.V.m. Art. 6 Abs. 1, Abs. 3 c EMRK verletzt worden sind, indem ihnen nicht der gewünschte Verteidiger als Pflichtverteidiger beigeordnet worden sei.

    Zu dieser Rüge gibt der der 4. Strafsenat des BGH folgende Bemerkung ab:

    „Es erscheint nicht unbedenklich, dass die Jugendkammer ihre Entscheidung, dem Angeklagten nicht den von ihm gewünschten Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger beizuordnen, auf dessen Belastung mit Terminswahrnehmungen aus anderweitig übernommenen Mandatsverpflichtungen gestützt hat, ohne zuvor die Verfügbarkeit für die im vorliegenden Verfahren in Aussicht genommenen Hauptverhandlungstermine mit ihm geklärt zu haben. Im Übrigen kann das von § 142 Abs. 1 Satz 1 StPO geschützte Kosteninteresse nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei erheblichen Tatvorwürfen im Rahmen der gebotenen Abwägung aller Umstände hinter dem Interesse des Beschuldigten auf Verteidigung durch einen Rechtsanwalt seines Vertrauens zurücktreten (vgl. dazu BGHSt 43, 153, 155 f.; zur Maßgeblichkeit der Entfernung zwischen Gerichtsort und dem Sitz des Rechtsanwalts; vgl. Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 142 Rdn. 12 m.w.N.).“

    Aus diesen Erwägungen ergibt sich der Erfolg des Rechtsmittels der beiden Angeklagten.

    Auch hinsichtlich des Tathergangs und der Feststellungen des Landgerichts fügt der Senat weitere Ergänzungen hinzu. Denn nachdem die beiden Angeklagten auf das Opfer mit einem ca. 25cm langen Messer einstechen konnten und dieses sich dann mit Tritten und lauten Schreien zu wehren versuchte, nahmen beide Angeklagten abstand vom eigentlichen Plan und flohen aus der Wohnung.  Fraglich ist, ob die beiden Täter zu diesem Zeitpunkt der Tat annahmen, alles Erforderliche zur Verwirklichung der Straftat begangen zu haben. Danach richtet sich die Frage nach einem Rücktritt vom Versuch. So hätte das Landgericht vor allem den Rücktritt vom unbeendeten Versuch prüfen müssen.

    Wortlaut der Ausführungen des Senats:

    „Dass die Täter nach Durchführung der Tathandlung annahmen, alles Erforderliche getan zu haben, ist auch deshalb nicht nahe liegend, hätte aber in jedem Fall besonderer Begründung bedurft, weil sie nach den Feststellungen die Schwere der Verletzungen bei dem mit einem T-Shirt und einer Jacke bekleideten Geschädigten nicht wahrnahmen. Auch der Rettungsassistent P. , der mit dem herbeigerufenen Krankenwagen erst später in der Wohnung des Geschädigten erschien, konnte zunächst mit Ausnahme einer Schnittverletzung an der Wange keine weiteren äußeren Verletzungen beim Geschädigten erkennen. Die von der Jugendkammer getroffenen Feststellungen lassen daher einen freiwilligen Rücktritt beider Angeklagter als möglich erscheinen. Dies wird der neue Tatrichter im Einzelnen aufklären und dabei auch prüfen müssen, ob die Angeklagten wegen der Schreie und der Gegenwehr des Tatopfers annahmen, die Tat werde alsbald entdeckt werden, und deshalb wegen eines beträchtlich gesteigerten Entdeckungsrisikos nicht mehr freiwillig von der Tat Abstand nahmen. Dagegen spricht insbesondere, worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat, dass der Angeklagte H. den Angeklagten F. trotz der Gegenwehr noch dazu aufforderte, nun seinerseits auf das Opfer einzustechen. Dies legt die Annahme nahe, dass er eine Vollendung der Tat trotz Abweichung vom ursprünglichen Tatplan noch nicht für unvertretbar riskant erachtete, zumal der Geschädigte im Hausflur erst um Hilfe schrie, als sich beide Angeklagten vom Tatort bereits entfernt hatten.“

    Aus diesem Grund wird der neue Tatrichter die Sache erneut zu verhandeln und diese Feststellungen zu berücksichtigt haben. Das Urteil ist somit aufgrund der erfolgreichen Revision aufgehoben und an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückgewiesen worden.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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