Mord

  • Quelle: Pressemitteilung Nr. 012/2012 vom 23.01.2012

    Der 5. Strafsenat des BGH bekräftigt die Verurteilung des wegen Mordes Angeklagten, der einen 19-jährigen Iraker nahe des Hauptbahnhofes in Leipzig erstach. Die Revision war somit nicht erfolgreich.

    Pressemitteilung:

    Bundesgerichtshof bestätigt Urteil wegen Mordes an einem 19jährigen Iraker in Leipzig

    Der zur Tatzeit 32 Jahre alte, beträchtlich vorbestrafte Angeklagte erstach am 24. Oktober 2010 in der Nähe des Leipziger Hauptbahnhofes einen 19jährigen Iraker. Nach den Feststellungen des Landgerichts Leipzig beging er die Tat aus Ausländerhass. Er befand sich dabei wegen starker Alkoholisierung im Zustand verminderter Schuldfähigkeit. Das Landgericht Leipzig verurteilte den Angeklagten wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren und ordnete Sicherungsverwahrung an.

    Der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision des Angeklagten durch Beschluss als unbegründet verworfen. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

    Beschluss vom 10. Januar 2012 – 5 StR 490/11

    Landgericht Leipzig – 1 Ks 306 Js 51333/10 – Urteil vom 8. Juli 2011

    Karlsruhe, den 23. Januar 2012

    Pressestelle des Bundesgerichtshofs
    76125 Karlsruhe
    Telefon (0721) 159-5013
    Telefax (0721) 159-5501


  • Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 008/2012 vom 19.01.2012

    Die Beugehaft gegen die Zeugin Christa Eckes im Strafverfahren gegen die mutmaßliche RAF-Mitwirkende Verena Becker wird auf dessen Beschwerde hin aufgehoben. Diese war zu einer Zeugenaussage nicht bereit.

    Pressemitteilung:

    Beugehaft im Strafverfahren gegen Verena Becker aufgehoben

    Der Bundesgerichtshof hat auf die Beschwerde der Zeugin Christa Eckes die Anordnung der Beugehaft aufgehoben, die das Oberlandesgericht Stuttgart in dem Strafverfahren gegen Verena Becker gegen die Zeugin verhängt hatte, da diese nicht zur Aussage bereit war.

    Der Generalbundesanwalt wirft der Angeklagten Becker vor, an der Ermordung des damaligen Generalbundesanwalts Buback und dessen Begleiter Göbel und Wurster am 7. April 1977 beteiligt gewesen zu sein. In diesem Verfahren sollte die Zeugin [Eckes] insbesondere zum Inhalt von Gesprächen mit der Angeklagten im Jahre 2008 aussagen. Sie hat jedoch das Zeugnis mit der Begründung verweigert, ihr stehe ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, weil sie sich durch ihre Antworten möglicherweise selbst der Gefahr einer Strafverfolgung aussetze. Das Oberlandesgericht hat ein solches Recht nicht anerkannt und gegen die Zeugin zur Erzwingung einer Aussage Beugehaft bis zur Dauer von sechs Monaten angeordnet.

    Diesen Beschluss hat der für Staatsschutzstrafsachen zuständige 3.
    Strafsenat des Bundesgerichtshofs aufgehoben. Er hat dabei offen gelassen, ob der Zeugin ein Auskunftsverweigerungsrecht zusteht; die Anordnung der Beugehaft verstoße jedenfalls gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

    Die Zeugin ist derzeit schwer erkrankt. Ausweislich eines fachärztlichen Attests sind sowohl die Erkrankung als auch die durchzuführenden Therapiemaßnahmen lebensbedrohend und erfordern die Behandlung in einer spezialisierten Krankenhausabteilung mit Intensivstation. Bei einer Verlegung in eine Justizvollzugsanstalt oder ein Justizvollzugskrankenhaus ist ernsthaft zu befürchten, dass die Zeugin ihr Leben einbüßen oder zumindest einen weitergehenden schwerwiegenden Schaden an ihrer Gesundheit nehmen wird.

    Unter diesen Umständen muss das ­ als solches anzuerkennende – Interesse an der möglichst vollständigen Aufklärung der Tat zurücktreten. Die gerichtliche Fürsorgepflicht gegenüber der Zeugin gebietet es, bereits von der Anordnung der Beugehaft abzusehen. Diese bewirkt hier einen schweren Eingriff in die durch das Grundgesetz geschützten Rechte der Zeugin auf Freiheit sowie auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Auch deren Schutz ist dem Staat aufgegeben. Der Zweck des Strafverfahrens würde daher verfehlt, wenn es den Strafverfolgungsorganen gestattet wäre, unbegrenzt in andere Individual- oder Gemeinschaftsrechtsgüter einzugreifen. Deshalb gilt ­ auch in Fällen sehr schwerer Straftaten wie terroristisch motivierter Tötungsdelikte ­ der Grundsatz, dass die Wahrheit nicht um jeden Preis ­
    hier: um den Preis der hohen Gefährdung des Lebens einer schwer erkrankten Zeugin ­ erforscht werden darf.

    Strafprozessordnung § 70 Abs. 2

    Grundgesetz Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2

    Bundesgerichtshof – Beschluss vom 10. Januar 2012 ­ StB 20/11

    Oberlandesgericht Stuttgart – Beschluss vom 1. Dezember 2011 ­ 6-2 StE 2/10

    Karlsruhe, den 19. Januar 2012


  • Im so genannten Hamburger Taxifahrer-Fall legte der 57-jährige angeklagte Taxifahrer zum Prozessauftakt vor dem Hamburger Landgericht ein Geständnis ab. So erklärte der wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung angeklagte Mann durch seinen Strafverteidiger, er habe die Tat aus ihm unerklärlichen Gründen begangen und hätte vorher zehn Whiskey getrunken. Auch entschuldigte er sich für das Verhalten.

  • Vor dem Landgericht Itzehoe muss sich ein 25-jähriger Mann verantworten. Er soll im April 2011 eine 78-jährige Dame in ihrer Wohnung erschlagen haben. Die Staatsanwaltschaft geht dabei von Habgier aus und hat der Mann wegen Mordes angeklagt.

    Laut Anklage sei der Mann in die Erdgeschosswohnung der Dame eingedrungen und hatte dort nach Geld und Wertgegenständen gesucht. Allerdings traf er direkt auf das mutmaßliche Opfer und habe diese angegriffen. Die Frau soll noch versucht haben, sich zu wehren.

  • Im Juli wurde in Bayern eine Leiche gefunden, worauf kurz danach vier Verdächtige festgenommen worden sind. Nun hat die Staatsanwaltschaft Ansbach Anklage wegen Mordes erhoben.
    Die drei Männer und die Frau hatten nach der Tat einen Mietwagen als gestohlen gemeldet. In diesem Auto wurden dann Blutspuren des Opfers gefunden.
    Nach Aussage der Staatsanwaltschaft liegt zwar kein Geständnis der Angeschuldigten vor, allerdings sprechen deren Aussagen sowie diverse Indizien für die Täterschaft. Nur das Motiv konnte noch nicht geklärt werden.
    Das Verfahren wird im nächsten Jahr beginnen. Im Falle eine Verurteilung droht den Angeschuldigten eine lebenslange Freiheitsstrafe.

    ( Quelle: Main Post online vom 05.12.2011 )


  • Der Bundesgerichtshof über den Tag, an dem an Stelle eines scheinbar erwarteten Bandidos-Mitglieds ein scheinbar nicht erwartetes SEK-Einsatzkommando (zur falschen Zeit) vor der (falschen) Tür eines Mitglieds der Hells Angels erschien, wodurch offenbar versehentlich ein Polizist erschossen wurde – über die angenommene irrtümliche Rechtfertigung der Notwehr bei der Tötung eines Polizeibeamten (Totschlag) und dem daraus schließlich resultierenden (nachträglichen) Freispruch von der wohl irrtümlich in der vorangegangenen Instanz verhängten Freiheitsstrafe.

  • Im Fall der Erschießung in Bottrop-Boy auf einem ALDI Parkplatz ist nun ein Urteil gefallen. Der Angeklagte wurde jetzt wegen versuchten zweifachen Totschlags zu 12 Jahren Haft verurteilt.

    Er hatte am 2. April seiner Ex-Freundin und ihrem Bruder aus kürzester Distanz nach einer kleinen Auseinandersetzung jeweils in den Kopf geschossen. Dank einer Not-Op konnten beide Opfer gerettet werden.

    Die Richter sprachen indes von einem kaltblütigen Vorgehen und verglichen die Schüsse mit einer Hinrichtung. Der Anwalt der Nebenklägerin forderte sogar Mord. Die Richter sahen jedoch das Mordmerkmal der Heimtücke als nicht erfüllt an, da das Opfer aufgrund der Vorgeschichte und Androhungen nicht arglos gewesen sei.

    Der Angeklagte hat mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin 3 gemeinsame Kinder. Nach zahlreichen Streitigkeiten und Unstimmigkeiten in der Familie verließ sie ihn im Dezember letzten Jahres und flüchtete kurzerhand in ein Frauenhaus. Der aus Mazedonien stammende Angeklagte fühlte sich anscheinend in seiner Ehre gekränkt und spürte sie auf. Kurze Zeit später kam es zu dem folgenschweren Treffen.

    ( Der Westen, 25.10.2011 )

  • Das Landgericht Oldenburg hat den Angeklagten Vitalij J. des Mordes in Tateinheit mit einem Wohnungseinbruchsdiebstahl schuldig gesprochen. Das Gericht verurteile den Mann zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe.

    Er sei in die Wohnung der 93-jährigen Frau eingebrochen und habe sie ermordet. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass der Mann das Opfer, welches ihn bei dem Einbruch überraschte, zunächst die Treppe herunter stieß und sie später noch weiter verletzte. Unter anderem habe er starken Druck auf den Hals der Frau ausgeübt.

    Die Verteidigung hatte zuvor auf verminderte Schuldfähigkeit auf Grund einer erheblichen Einschränkung der Steuerungsfähigkeit plädiert und eine Strafe von unter zehn Jahren gefordert. Dies lehnte die Kammer mit der Begründung ab, dass der Angeklagte trotz seines Drogenkonsums noch in der Lage war, bei Glatteis Fahrrad zu fahren und die Tat planvoll durchzuführen. Außerdem konnte er sich an viele Einzelheiten zur Tat erinnern.

    ( Quelle: Nordwest-Zeitung online vom 12.10.2011 )


  • BGH, Beschluss vom 09.11.2010, Az.: 3 StR 357/10

    Nach Feststellungen des Landgerichts zwangen den Zeuge H. und zwei Mittäter den Angeklagten mit ihnen in einen Wald zu fahren. Dabei hielten sie ihm Waffen vor. Im Wald drohten sie dem Angeklagten, ihn umzubringen. Sie schlugen auf ihn ein, so dass er zwei Zähne verlor. Anschließend zwang H. den Angeklagten, ihn oral zu befriedigen und ihm 20.000 Euro zu zahlen. Der Angeklagte erlitt durch das Geschehen Angstzustände.

    Einige Zeit später trafen der Angeklagte und H. zufällig aufeinander, wobei der Angeklagte ihn erkannte. Daher folgte er ihm in der Absicht ihn zu töten. Er hielt mit seinem Fahrzeug neben dem des H. an und schoss viermal auf den Hals- und Oberkörperbereich des in seinem Fahrzeug sitzenden Geschädigten H., der durch drei der Schüsse potentiell lebensbedrohliche Verletzungen erlitt. Der Angeklagte, der glaubte, den apathisch zusammengesackten Geschädigten getötet zu haben, fuhr mit quietschenden Reifen davon.

    Der Angeklagte gestand das Tatgeschehen. Allerdings sagte er abweichend von den Feststellungen aus, dass H. ihn auch erkannt und ihm gedroht habe. Dadurch habe er geglaubt, H. werde ihm etwas tun und deshalb habe er aus tiefer Verzweiflung den H. kampfunfähig machen wollen.
    Das Landgericht Hannover hat den Angeklagten wegen versuchtenMordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen aus einem rechtskräftigen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und einem Monat verurteilt. Gegen diese Entscheidung legte der Angeklagte Revision ein.

    Die Revision hatte mit der ausgeführten Sachrüge (Darlegungsrüge) Erfolg und der BGH hat die Schuldfeststellungen aufgehoben, da das Landgericht Hannover wesentliche Teile der Zeugenaussagen und die darauf beruhender Beweiswürdigung dargelegt hat was zu einem Verstoß gegen § 261 StPO führt:

    „Das Landgericht hat seine Überzeugung, der Angeklagte habe den Geschädigten H. an der Kreuzung erkannt, während ihn dieser nicht gesehen habe, auf die gleichlautenden Aussagen der Zeugen H. und I. gestützt. Deren Glaubhaftigkeit hat es damit begründet, die Zeugen hätten ruhig und sachlich ohne Belastungstendenzen ausgesagt, Widersprüche zwischen ihren polizeilichen Aussagen und ihren Angaben in der Hauptverhandlung beträfen nur die Tatvorgeschichte und sie seien erkennbar bemüht gewesen, sich an Details zu erinnern; hinzu komme, dass die Aussagen der Zeugen H. und I. ihrerseits Unterstützung fänden in den Angaben der Zeugen Hi. , E. , B. , S. , He. , K. , So. und Sch. , soweit sie jeweils ihren eigenen Wahrnehmungen unterlagen, in den Ausführungen des Sachverständigen Dr. G. , in den in Augenschein genommenen Lichtbildern von den Fahrzeugen sowie in den aufgefundenen Spuren (Einschusslöcher, Glasbruchspuren, Anzahl und Lage der Patronenhülsen) und den weiteren ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung erhobenen Beweisen. Die Aussagen der Zeugen H. und I. würden auch nicht durch das Gutachten des Sachverständigen M. in Frage gestellt.“

    Weiter heisst es:

    „Das Landgericht ist indes auch zu dem Tatvorgeschehen den Angaben der Zeugen H. und I. gefolgt, dass sie den Angeklagten vor der Schussabgabe nicht bemerkt hätten; diese seien unter anderem deswegen glaubhaft, weil sie in Teilbereichen durch sonstige Beweisergebnisse bestätigt worden seien. Ob diese Überlegung des Landgerichts rechtsfehlerfrei ist, kann der Senat jedoch nicht überprüfen. Denn das Landgericht hat es unterlassen darzulegen, in welchen Punkten die weiteren Zeugen und sonstigen Beweismittel die Angaben der Zeugen H. und I. zum Tatvorgeschehen bestätigt haben bzw. zu einer derartigen Bestätigung überhaupt in der Lage gewesen sind. Das Urteil teilt das insoweit gewonnene Beweisergebnis nicht einmal in Ansätzen mit. Dies war hier aber unerlässlich. Denn auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe kann hierzu nichts hergeleitet werden; dieser spricht im Gegenteil dafür, dass die Aussagen der Zeugen H. und I. zum Tatvorgeschehen nicht durch weitere Beweisergebnisse bestätigt worden sind.“

    Das Landgericht hat sich bei seiner Entscheidung maßgeblich von den Aussagen des zentrale Zeugen leiten lassen. Diese wurde von weiteren Zeugen bestätigt. Dabei ist das Landgericht von der Glaubhaftigkeit der Zeugen ausgegangen. Allerdings ist es erforderlich, dass das Urteil diese Aussagen wiedergibt, sodass das Revisionsgericht sich ein Bild davon machen kann. Daher hat der BGH das Urteil des Landgerichts mit den Feststellungen aufgehoben.


  • BGH, Beschluss vom 04.05.2011, Az.: 5 StR 65/11

    Das Landgericht Kiel hat den nach einem Verkehrsunfall dauerhaft arbeitsunfähigen Angeklagten wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und das asservierte Tatmesser eingezogen. Gegen die Entscheidung legte der Angeklagte Revision ein.

    Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
    Die 15 Jahre jüngere Ehefrau des Angeklagten wollte sich seit spätestens Herbst 2008 scheiden lassen. Im August 2009 lerne die Frau das spätere Tatopfer kennen und begann eine Beziehung mit ihm zu führen. Nach einer Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und der Frau, nahmen  Polizeibeamte den Mann mit und brachten ihn in die Psychiatrie, wo er stationär behandelt wurde.
    Um das Sorgerecht zu klären, vereinbarte er einige Zeit später einen „Gesprächstermin“ mit seiner Frau. Dazu nahm er ein Küchenmesser mit, welches eine Klingenlänge von ca. 20 cm hatte.
    Als die Frau während des Gesprächs kurz das Zimmer verließ, ging der Angeklagte auf den neuen Mann seiner Frau los. Der Angeklagte hatte mit dem mitgebrachten Messer eine mindestens 25 cm tief in den Oberkörper eindringende Verletzung zugefügt, in deren Folge es zu Verletzungen der Leber, des Dünndarms, der Milzvene und einer Nierenvene sowie der rechten Beckenschlagader kam. Darüber hinaus stach der Angeklagte in die linke Brustseite, was zu einer Verletzung der Lunge führte, und fügte ihm zwei weitere Stichverletzungen im Bereich der Extremitäten zu. Aufgrund der Verletzungen verstarb der Mann am folgenden Morgen im Krankenhaus.

    Das Landgericht bejahte das Merkmal Heimtücke und nach Anhörung eines Sachverständigen die volle Schuldfähigkeit.
    Der BGH sah die Festellungen und Schlussfolgerungen des Landgerichts im Hinblick auf das Mordmerkmal Heimtücke und eine mögliche Schuldunfähgikeit als nicht ausreichend an und gab der Revision insoweit statt:

    „Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt heimtückisch, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Arglos ist ein Tatopfer, wenn es bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs weder mit einem lebensbedrohlichen, noch mit einem gegen seine körperliche Unversehrtheit gerichteten schweren oder doch erheblichen Angriff rechnet (BGH, Urteil vom 26. November 1986 – 3 StR 372/86, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 2 mwN). Arg- und Wehrlosigkeit können auch gegeben sein, wenn der Tat eine feindselige Auseinandersetzung vorausgeht, das Tatopfer aber nicht mit einem erheblichen Angriff gegen seine körperliche Unversehrtheit rechnet (BGH, Urteil vom 30. Mai 1996 – 4 StR 150/96, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 21 mwN).“

    „Voraussetzung heimtückischer Begehungsweise ist, dass der Täter die von ihm erkannte Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tatbegehung ausnutzt. Dafür ist erforderlich, dass er die Umstände, welche die Tötung zu einer heimtückischen machen, nicht nur in einer äußerlichen Weise wahrgenommen, sondern in dem Sinne in ihrer Bedeutung für die Tatbegehung erfasst hat, dass ihm bewusst geworden ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber dem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen (BGH, Urteile vom 26. November 1986 und vom 30. Mai 1996 aaO; BGH, Urteil vom 20. Januar 2005 – 4 StR 491/04, NStZ 2005, 691 jeweils mwN). Dabei kann die Spontaneität des Tatentschlusses im Zusammenhang mit der Vorgeschichte der Tat und dem psychischen Zustand des Täters ein Beweisanzeichen dafür sein, dass ihm das Ausnutzungsbewusstsein fehlte (BGH, Urteil vom 13. August 1997 – 3 StR 189/97, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 26 mwN); psychische Ausnahmezustände können auch unterhalb der Schwelle des § 21 StGB der Annahme des Bewusstseins des Ausnutzens entgegenstehen (BGH, Urteil vom 13. Februar 2007  – 5 StR 508/06, NStZ 2007, 330).“

    Daher hängt nach Ansicht des BGH auch hier das Ausnutzen von der Annahme der Schuldfähigkeit ab.
    Das Landgericht ist unter Heranziehung eines Sachverständigen von einem Zustand affektiver Erregung ausgegangen. Allerdings wurde die Schuldunfähigkeit ausgeschlossen, da der Umfang des Affekts nicht ausreichend sei. Insbesondere bezieht sich das Gericht dabei auf das Nachtatverhalten des Angeklagten. Dieser habe das Tatmesser vollständig gereinigt und sich deshalb in einem „klaren Zustand“ befunden.

    Dies sei laut BGH nicht nachvollziehbar. Die Reinigung der Tatwaffe spricht nicht gegen die Schuldunfähigkeit. Vielmehr bedarf das Geschehen erneuter tatrichterlicher Prüfung. Aufgrund der erfolgreichen Revision hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf und verwies dieses zur neuen Verhandlung an eine andere Kammer des Landgerichts Kiel zurück.


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner

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