Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den ehemaligen Hamburger Justizsenator Roger Kusch wegen Totschlags (§ 212 StGB) erhoben. Kusch ist Vorsitzender des Vereins „Sterbehilfe Deutschland“ und setzt sich seit Jahren für die Sterbehilfe in Deutschland ein.
Die Staatsanwaltschaft wirft Kusch und einem Mediziner des Vereins vor, dass sie zwei Patientinnen nicht umfassend aufgeklärt und beraten hätten. Zwei ältere Frauen, 81 und 85 Jahre alt, sollen sich 2012 mit dem Wunsch zu sterben an den Verein gewandt haben.
Ist die Beihilfe zur Selbsttötung straffrei, ist es erst recht die fahrlässige Tötung eines Suizidwilligen durch Unterlassen.
Der Geschädigte ließ sich selbst in der Klinik für forensische Psychiatrie einweisen. Im Aufnahmegespräch teilte er der beschuldigten Ärztin mit, dass er sich nicht umbringen wolle, jedoch befürchte, dies zu jedoch zu tun. Daraufhin wurde der Patient stationär aufgenommen, jedoch nicht als suizidgefährdet eingestuft. Aus diesem Grund wurde sowohl auf sedierende Medikamente als auch auf die Wegnahme von Gegenständen verzichtet. Am nächsten Morgen wurde der Patient tot in seinem Zimmer aufgefunden. Er hatte sich mit seinem Gürtel erhängt.
Das Amtsgericht Gießen hat die Anklage wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen nicht zugelassen. Dagegen richtete sich die Staatsanwaltschaft mit der sofortigen Beschwerde. Die Beschwerde hat vor dem Landgericht Gießen jedoch keinen Erfolg.
Das Landgericht stellt fest, dass die Beihilfe zur Selbsttötung nicht strafbar ist. Daher muss erst recht die fahrlässige Tötung durch Unterlassen straffrei sein.
„So kann derjenige, der mit Gehilfenvorsatz den Tod eines Selbstmörders mit verursacht, nicht bestraft werden. Schon dies verbietet es aus Gründen der Gerechtigkeit, denjenigen zu bestrafen, der nur fahrlässig eine Ursache für den Tod eines Selbstmörders setzt. Er ist sich – bei bewusster Fahrlässigkeit – wie der Gehilfe der möglichen Todesfolge bewusst, nimmt sie aber anders als jener nicht billigend in Kauf.“
Prägnant stellt das Landgericht am Ende fest:
„Aus der Straflosigkeit von Anstiftung und Beihilfe zur Selbsttötung folgt zwingend, dass der Garant, der nichts zur Verhinderung des freiverantwortlichen Suizids unternimmt, ebenfalls straffrei bleiben muss (Leipziger Kommentar/Jähnke, a. a. O., Rn. 24).“
Denn hätte die Ärztin dem Patienten den Gürtel aktiv für die Selbsttötung gereicht, wäre dies eine Beihilfe zu einer straffreien Selbsttötung gewesen. Dies hätte dann auch nicht bestraft werden können.
Daran ändert auch eine mögliche Unfreiwilligkeit der Selbsttötung nichts. So bestehen zwar Zweifel daran, wie frei eine eigenverantwortliche Willensbildung noch möglich war, jedoch zählt auch hier „im Zweifel für den Angeklagten“:
„Zweifel an der Eigenverantwortlichkeit können jedoch keine Strafbarkeit begründen, sondern wirken, wie stets, zugunsten des Angeklagten (Leipziger Kommentar/Jähnke, a. a. O., Rn. 27, m. w. N., Rn. 31).“
Damit hatte die Beschwerde der Staatsanwaltschaft keinen Erfolg.
LG Gießen, Beschluss vom 28.06.2012, Az.: 7 Qs 63/12
Kaum ein Bereich im Strafrecht ist so umstritten wie die Sterbehilfe. Während die Beihilfe zur Selbsttötung grundsätzlich straffrei möglich ist, begibt man sich als Unterstützer immer dann in die Gefahr der Strafverfolgung bezüglich eines Tötungsdeliktes, wenn die suizidwillige Person die Selbsttötung nicht mehr vollständig selbstständig ausführen kann. Aber bereits das Verschaffen von tödlichen Medikamenten kann strafrechtliche Sanktionen nach dem Arzneimittelgesetz nach sich ziehen.
Trotz des DNA-Fundes an Kleidungsstücken von Uwe Barschel werden die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Lübeck nicht erneut gestartet. Somit bleiben die Akte Uwe Barschel und die Frage, ob der frühere Ministerpräsident von Schleswig-Holstein einen Selbstmord unternahm oder ermordet wurde, weiterhin offen und ungeklärt.
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Vor rund 1 Woche sorgte der schreckliche Vorfall in Ilsede bundesweit für Aufsehen und tiefe Erschütterung in dem kleinen niedersächsischen Ort. Nach ersten Erkenntnissen soll ein 36-jähriger Familienvater aufgrund von Eheproblemen und aus Angst, seine Kinder nach einer möglichen Trennung von der Frau zu verlieren, die 4 Kinder getötet und anschließend sich selbst zu töten versucht haben. Die Polizei fand den Mann schwer verletzt neben den vier Kinderleichen in der Wohnung und konnte ihn in ein Krankenhaus bringen. Bei den vier Kindern kam jede Rettung zu spät.
Unterlassene Hilfeleistung: Der BGH bestätigt in der folgenden Entscheidung die Verurteilung des Angeklagten wegen Nichtverhinderns des Todes einer Studentin.
Der Angeklagte traf auf die junge Frau, die sich offenbar zuvor per Einnahme eines Drogenersatzstoffes das Leben zu nehmen versuchte, und verließ nach einiger Zeit die Wohnung, ohne Hilfsmaßnahmen einzuleiten. Er wurde zu sieben Jahre Haft verurteilt.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht -
Strafverteidiger Dr. jur. Sascha Böttner